Blog
18
02
2020

Symbolfoto - Eisschnellläufer Silhouette - Auf dem Dach eines Einfamilienhauses in Rättvik am Siljan-See in der Provinz Dalarna – die schwedischste Provinz in Schweden, aufgenommen im Juni 2011 - Nicht weit weg von dort ist der Zielort vom Vasa-Lauf - Mora - , der am übernächsten Sonntag, 01.03.2020, zum 96. mal stattfindet - Foto: Hans-Jürgen Blisch

Niederländische Träume, oder: Wenn Wintersport zur Farce gerät – Von KLAUS BLUME

By GRR 0
Die so genannte Wintersport-Nation Holland rüstet auf – für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Dort – endlich – will man auf den vierten, vielleicht ja sogar auf den dritten Platz der Nationenwertung vorpreschen.
Weit, weit vor Deutschland.
Holland? Ja, Sie haben richtig gelesen. Alpinen Skisport gibt es im Land der Grachten und Tulpen zwar nur in Hallen, Skilanglauf gar nicht, auch Bob- und Rodelbahnen sucht man vergeblich – aber dennoch. Denn die Holländer setzen stattdessen auf ihren traditionellen Volkssport, den Eisschnelllauf. Und dort vor allem auf ihre ausdauernden Mittel- und Langstreckler. 
Denn ausgerechnet diese hatten den Holländern bei den  Winterspielen 2018, im südkoreanischen Pyeonchang, den Aufstieg von Rang fünf auf Platz vier vermasselt, weil sie im 10 000-Meter-Eisschnelllauf gegen den Kanadier Ted-Jan Bloemen den Kürzeren gezogen hatten. Ausgerechnet gegen Bloemen, der vor 34 Jahren in den Niederland geboren wurde, später zu den schnellsten Schlittschuhläufern des Landes gehörte, dann aber mit den Granden des allmächtigen Verbandes in Streit geriet und obdessen kurzerhand nach Kanada auswanderte.
Am letzten Wochenende nun verlor dieser Kanadier ausgerechnet auf der superschnellen Hochgebirgsbahn von Calgary über 5000 Meter gegen den 24-jährigen Holländer Patrick Roest. Er gehörte einem 32-köpfigem niederländischen Team an, das zu den Weltcup-Rennen in die kanadische Olympiastadt gereist waren. Die übrigen 32 Wettkämpfer kamen übrigens aus dem Rest der Eisschnelllauf-Welt.
Hintergedanke: AN DIESEM Wochenende folgen die Einzelstrecken-Weltmeisterschaften auf dem „schnellsten Eis der Welt“ (Eigenwerbung der amerikanischen Olympiastadt Salt Lake City) – und dort wollen die Holländer die gesamte Sportwelt WIEDER mal richtig nachhaltig einschüchtern.
Allen voran der 24-jährige Patrick Roest, der – befreundet mit Gunda Stirnemanns talentierter Tochter Victoria – übrigens auch gern im thüringischen Erfurt trainiert. Die dortige Halle, dem norwegischen Eislauf-Tempel in Hamar nachempfunden, bietet jedoch nicht annähernd so schnelles Eis, wie die Bahnen in Calgary, Salt Lake City oder Heerenveen in den Niederlanden. Dort wird das Eis durch ein ausgeklügeltes System von Kälte- und Wärmeleitungen reguliert, nachdem dessen Zusammensetzung zuvor in für Fremde nur schwer zugänglichen Laboren ausgetüftelt worden ist. 
Denn die schnellsten Bahnen der Welt fechten seit Jahren einen gnadenlosen Kampf gegeneinander aus – um die Rangfolge der schnellsten Eislauf-Ringe der Welt. Alle derzeitigen Weltrekorde, bei Männern und Frauen, sind übrigens in Salt Lake City erzielt worden; mithin gebührt den Amerikanern zwangsläufig Rang eins, vor Calgary. An dritter Stelle folgt die legendäre Thialf-Halle im niederländischen Heerenveen. Erstaunlich, weil sie – im Gegensatz zu den nordamerikanischen Hochgebirgs-Hallen – sechs Meter unterhalb des Meeresspiegels gebaut worden ist.
Ard Schenk, der auf Schlittschuhen einst 18 (!) Weltrekorde aufgestellt hat, und inzwischen 76 Jahre alt ist, hält diese Entwicklung für überaus bedenklich. Mit allen diesen Eis-Tempeln, ob in Norwegen oder Nordamerika, in Erfurt oder Holland, habe sich der Eisschnelllauf von seinen Ursprüngen in eine völlig falsche Richtung bewegt.
Deshalb ruft der Amsterdamer alle über 60-jährigen Ex-Weltmeister und Olympiasieger auf, mit ihm gemeinsam auf einer vom Winde gepeitschten Freiluft-Bahn hochdroben in der Finnmark anzutreten.

Alles andere sei doch pillepalle und kein Eisschnelllauf.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
22085 Hamburg
Tel: +49 (0) 40 229 7048
 klausblume@t-online.de

author: GRR