Früher beginnen - es ist ein langer Weg bis in die Spitze - Foto: Lothar Pöhlitz
Zum Nachwuchsleistungstraining von Talenten im Straßenlauf – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
Lothar Pöhlitz – 26. Juni 2018 – Es gibt sie immer schon die Jungen und Mädchen die früh gern länger schnell laufen und man hat das Gefühl es werden wieder mehr. Auch weil seit 2013 germanroadraces.de diese Aufgabe unterstützt.
Vielleicht haben wir wieder welche vorn dabei, 2032 bei den Olympischen Spielen. Heute sind sie um die 10 Jahre alt. Man findet sie in der Regel im Vorderfeld von Straßenrennen. Zu selten werden sie aber beachtet, noch weniger aufgefangen, wo gibt es schon noch leistungsorientierte Kindertrainingsgruppen. Scheinbar wachsen sie nicht schnell genug im Schatten der Bahnläufer auf und erst mit 16-17-18 Jahren wird ihre besondere Begabung für längeres aerob-anaerob schnelles laufen, für den Lang-strecken-Straßenlauf, erkannt.
German Road Races (GRR) e.V. ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) auf der Suche nach Langstrecken-Lauftalenten im Alter zwischen 16 und 22 Jahren. (GRR – Nachwuchs-Cup). Das 2013 begonnene Projekt wird auch in dieser Laufsaison fortgesetzt – die Distanz zur Talentsichtung beträgt 10 Kilometer.
Unterdistanzen, der Fettstoffwechsel und das Höhentraining für U23
Dem Training im Altersbereich zwischen 17-23 Jahren kommt aber eine besondere Bedeutung zu, wenn unser großer Abstand der Aktiven zu den Weltbesten schneller verringert werden soll. Es ist die Etappe des Übergangs und weiteren Belastungsaufbaues nach dem frühen Jugendtraining, in der die jungen Kenianer und Äthiopier schon länger in Höhen um 2400 – 3000 m immer wieder Teilstrecken neben den Großen „für sie schnell“ mitlaufen. In dieser Zeit entscheidet sich, wer für „lang“ talentiert ist und auch über die notwendigen Willensqualitäten verfügt, immer länger schnell laufen zu wollen um in den nächsten Jahren einmal bei EM, WM oder sogar bei Olympischen Spielen als Marathoni dabei zu sein und es dort unter die Besten zu schaffen.
Um Minuten aufzuholen sind in der Ausbildung von Straßenläufern die Entwicklung der komplexen Leistungsfähigkeit über 5000 m / 10000 m und parallel dazu die Fettstoffwechselentwicklung wichtig. Schon auffällige Erfolge in diesem Altersbereich sind das Ergebnis eines komplexen Trainings d.h. nicht nur die Weiterentwicklung der aeroben Schwelle um vL-3, sondern auch der vielseitige Umgang mit Trainings-Geschwindigkeiten auch oberhalb des aerob-anaeroben Übergangs – also oberhalb 3 bis 7 mmol/l Laktat – und der Ausbildung der Füße und des „Zentrums“.
Es gab ihn schon einmal einen Nachwuchskader Langstrecke / Straßen-lauf im DLV, in den 90iger Jahren, mit einer Kaderstruktur und einer Deutschen Meisterschaft über die Strecken 7,5 km / 15 km/ Kader / 21,1 km für die B-Jgd. / A-Jgd. und Junioren. Leider wurde um das Jahr 2000 dieser Nachwuchsleistungsbereich vom DLV aus der Förderung, warum auch immer, eliminiert. Die Kaderrichtwerte für 15 km betrugen damals 50:00 Minuten für Jungen und 58:00 Minuten für Mädchen.
Eine wichtige Orientierung für die Ausbildung können noch heute die damaligen Laktatmessungen sein. Beim DM Straßenlauf 1997 über 7,5 km der B-Jgd. zwischen 6,0 – 13,5 mmol/l, über 15 km der A-Jgd. zwischen 4,5 – 12,0 mmol/l und über 21,1 km der Junioren/innen mit 4.7 – 9,2 mmol/l.
Diese Ergebnisse machen deutlich das eine längerfristige Vorbereitung auf den Halbmarathon oder Marathon innerhalb eines komplexen Langstreckentrainings zusammen mit der Leistungsentwicklung auch über 3000 m / 5000 m / 10000 m erfolgen muß.
Auch dem DL-2 muß in diesem Prozeß eine größere Bedeutung zukommen als bisher in diesem Altersbereich. Zu oft werden DL-1 zu langsam und damit weniger effektiv realisiert. Eine 15 km Standard-Strecke als regelmäßige Kontrolle zur Verfolgung des Leistungsfortschritts wäre ideal.
Wer Talent und Interesse hat und Langstreckenlauf kann, muß sich damit identifizieren, dass das Niveau der aeroben Ausdauer, also die Qualität über positive Wettkampfergebnisse entscheidet und die aerobe Leistungsfähigkeit gleichzeitig zu ihrer Entwicklung ein zeitaufwendiges, mit Geduld verbundenes Training erfordert. In der Regel setzen sich Individualisten mit dem notwendigen Ziel- und Anspruchsniveau, mit der erforderlichen Motivation und Willensqualitäten für langes Laufen durch. Das kleine Team „Athlet – Trainer – Arzt / Physiotherapeut“ macht im Endeffekt die Leistung, der Trainer braucht nicht jeden Kilometer zu überwachen, muß nicht täglich an der Strecke stehen, aber ein Auto oder Fahrrad zur Begleitung wichtiger langer TE wären notwendig.
Mit 16-17 schon öfter länger auf der Straße und im Gelände
Die Vorbereitung von ausdauertalentierten Jungen und Mädchen mit den notwendigen Willensqualitäten für die Langstrecken Richtung sportliche Höchstleistungen erfolgt, auch für die Langstreckendisziplinen, nach einem 3-4jährigen Grundlagentraining in 2 Etappen eines Nachwuchsleistungstrainings. In einer 1.Etappe zwischen 16-19 Jahren und einer 2.Etappe zwischen 20-23 Jahren. Ob am Übergang zum Hochleistungs-training der Langstreckler auf der Bahn oder der erfolgreiche Straßenläufer das Ergebnis der Arbeit ist, sollte für die Nachwuchsausbildung zunächst unerheblich sein, weil sich die Ausbildungsinhalte kaum unterscheiden. Wichtig ist das eine breite Leistungsamplitude von 1500 m – 21,1 km im Jahres- und Mehrjahresaufbau ange-strebt wird, weil das Leistungsprofil der Weltbesten Marathonläufer zeigt das ihr Weg immer über eine hohe Unterdistanzleistungsfähigkeit führte.
„UMO“ – Ganzkörperkraft nicht länger unterschätzen
In der „Lehrzeit“ mit der Vermittlung von Wissen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten soll die ständige Verbesserung des Trainings im Mittelpunkt stehen. Dabei kommt dem „UMO“-Ganzkörper – Voraussetzungstraining eine besondere Rolle zu, wenn eines Tages ein hoher Laufumfang auf gesunden, starken Füßen und einem starken „Zentrum“ möglich sein soll. Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen bestehen zwar in der Geschwindigkeit des Lauftrainings und den biologischen Besonderheiten der Frau, aber nicht im trainingsmethodischen Vorgehen.
Langstrecken- / Straßenlauftraining ist überall möglich, erfordert keine Anlagen und wird durch die Einbeziehung anderer Ausdauersportarten wie Skilanglauf, Skiroller, Ergometer, Schwimmen, Aquatraining oder Ausdauerspiele abwechslungsreich. In diesem Rahmen kommt der „immer längeren Ausdauer-Trainingseinheit zur Fettstoffwechsel- und Herzvolumenentwicklung“ im Gelände mit immer längeren Asphaltteilstücken mit optimalen Schuhwerk eine wichtige Bedeutung zu. Sicher wäre gut über die Trainerbegleitung solch außerordentlich wichtiger Trainingseinheiten noch einmal nachzudenken.
Glykogen- und Fettstoffwechsel komplex entwickeln
Die Theorie und Praxis des Marathontrainings von gestern wurde besonders im letzten Jahrzehnt „modernisiert“. Vor allem durch „Spezialisten-Partnertraining“ in 2000 – 3000 m Höhen intensiviert, schneller durch Trainingsformen die ausreichend Glykogen und / oder Fette zur Verfügung stellen, wenn es darauf ankommt. Außerdem mit einer schlanken kräftigen Muskulatur, einer z.T. tollen ökonomische Lauftechnik und einen Lebensabschnitt unter einfachsten Bedingungen und Ernährung (Rift Valley) oder unter modernster Ausstattung im TEAM (Oregon-Projekt), um wie die Großen der Welt oder ihres Landes berühmt und auf der Straße reich zu werden. So etwas wäre bestimmt auch in Deutschlands machbar, wenn man es wollte.
Bei länger andauernder Muskelarbeit wird der Muskel durch den Abbau von Glucose und Fettsäuren mit Energie versorgt. Dabei wird zur Verstoffwechslung der Glucose aus dem Blut (aerobe Glycolyse) und Energiebereitstellung viel Sauerstoff benötigt. Wenn die Glykogenspeicher durch das Lauftempo und langandauernde Belastungen erschöpft sind, steigt der Körper mit seinen Systemen anteilig auf die Fettreserven um. Dabei wird Fett (Triglyceride) aus den Speichern zur Energielieferung freigesetzt, braucht aber Zeit und viel Sauerstoff, der nicht selten – nicht ausreichend vorbereitend aufgebaut – durch die Atmung, durch das Herz-Minuten-Volumen und eine zu geringe Lungenkapazität begrenzt ist. Dazu sind anspruchsvolle Einwirkungen von etwa 45 – 90 Minuten Dauer im aerob-anaeroben Übergang vorbereitend wichtig.
Ziele und Aufgaben im Nachwuchsleistungstraining „Langstrecke / Straße“Wie auch in anderen Laufdisziplinen orientiert sich die Wirksamkeit des Trainings auf
* Stärken verstärken und Schwächen minimieren
* Die ständige Weiterentwicklung der Grundvoraussetzungen für schnelles Laufen – wie umfassende Konditionierung, aerobe LF, der Beweglichkeit, einer optimalen Lauftechnik, einer guten Bewegungstechnik in allen Trainingsübungen, der Motorik / Schnelligkeit, der Schnellkraft und allgemeinen Kraftausdauer
* Der Entwicklung einer hohen Belastbarkeit und einer umfassenden athletischen Ganz-Körperausbildung
* Entwicklung spezieller Leistungsvoraussetzungen wie spezielle Schnellkraft, spezielle Kraftausdauer, Aufbau langer Strecken, Entwicklung der Laktat-toleranz für die Unterdistanzen bis 10000 m
* Sammlung von Wettkampferfahrungen, Trinkgewohnheiten beim Rennen und Taktikausbildung
* Entwicklung allgemeiner- und disziplinspezifischer Willensqualitäten
Die Ausbildung von Langstrecklern / Straßenläufern sollte auf der Grundlage der komplexen Anforderungen der Leistungsstruktur und Wettkampfanforderungen – zunehmend von 5 km – 10 km – 15 km – 21,1 km – erfolgen. Dabei steht die Qualität des Ausdauertrainings im Mittelpunkt. Eine Annäherung ans Marathon-Weltniveau setzt größere Voraussetzung-Fortschritte in diesen Unterdistanzbereichen voraus.
Schwerpunkte sind u.a.:
- Die aerobe Leistungsfähigkeit / Maßstab individuelle aerobe vL-3 Schwelle bzw. der 15 km – Leistung
- Aufbau „Long run“ und der Willensqualitäten für immer länger
- Erarbeitung des Tempogefühls für lange Strecken
- Das Training der Dauer der jeweiligen Zielstrecke
- Die Ausbildung der Unterdistanzleistungsfähigkeit und V02maxSogenannte „Umfangs-Gipfelwochen“ (in Ferien oder Trainingslagern) sind für den Aufbau auch der mentalen Stärke eines zukünftigen Langstrecklers von großer Bedeutung.Leistungsstruktur Langstrecke / Straßenlauf
Sogenannte „Umfangs-Gipfelwochen“ (in Ferien oder Trainingslagern) sind für den Aufbau auch der mentalen Stärke eines zukünftigen Langstrecklers von großer Bedeutung.
Meßgrößen LZA I LZA II LZA III
5 / 10 km 21,1 km 42,2 km
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VO2max % 88-96 85-90 75-85
HF 180-195 175-190 165-180
Laktat mmol/l 8 – 14 8-12 1,5 – 3
Energiegewinnung 75-80 85-90 97
Aerob/anaerob 20-25 10-15 1-3 © G.Neumann 2011
Im Bereich des Anschlusstrainings entscheidet sich letztendlich, ob und wie schnell diese Laufdisziplinen Anschluss an die Weltspitze finden. Im Nachwuchs-Straßenlauf sind auf Grund des großen Rückstandes im Marathonlauf zur Weltspitze besondere Anstrengungen erforderlich. Auch weil erst im Jugend-Aufbautraining Talente als gut befunden bzw. ausgewählt werden können und die volle Belastbarkeit aller Funktionssysteme des Organismus noch in der Entwicklung sind. An dieser Schnittstelle zum Anschlusstraining liegen die Schlüssel für längerfristige Erfolge oder auch Misserfolge. Einer davon liegt im schnelleren Training. Diese Phase des Jugendalters ist die Komplizierteste und erfordert vordergründig den Willen zum Anschluss an die Besten im Lande und eine fachgerechte Begleitung.
Nur wer sich die Bedingungen für mehr Umfang und längere Strecken und die Unterstützung eines „Fach-Coaches“ organisiert kann Spitzenleistun-gen erreichen
Das Training zwischen 17-23 Jahren ist als Nachwuchs-Leistungstraining mit dem Ziel zu betrachten sich für die deutsche Spitze oder die U 23 – EM bzw. WM zu qualifizieren. Für den Straßenlauf geht es darum die Grundlage weiterer Basis-voraussetzungen für das erforderliche hochspezielle Training der nächsten Jahre zu schaffen und die aerobe Grundleistung schneller als in den letzten Jahren zu entwickeln. Dies setzt Kilometer auch auf der Straße voraus, 2-3 x wöchentlich auch schnell zu trainieren und die Kraftvoraussetzungen für ein stabiles Chassis zu schaffen, damit eine optimale Lauftechnik über die Dauer von Straßenlaufwettkämpfen aufrechterhalten werden kann. Diese Aufgaben sind nur zu lösen, wenn für eine bestimmte Zeit eine Orientierung auf eine vordergründige leistungsorientierte Karriere (evtl. mit Hilfe der Sportfördergruppen von Bundeswehr, Zoll oder Polizei, durch private Sponsoren, eines Studiums, sowie neue Überlegungen zur Organisation des individuellen Zeitbudgets oder Ausbildungszeitstreckungen) erfolgt. Wer im Durch-schnitt eines Jahres 140-160 km / Woche realisieren will braucht dafür Zeit und 2-3 x wöchentlich den „before brackfast crescendo-run“ über 1 Std. Und bei langen Strecken jenseits der 20 km auf den Straßen den Schutz und Begleitung durch den Coach.
Dabei ist auch zu beachten, dass sich das Entwicklungstempo des Nachwuchses und die Leistungsdichte in der Weltspitze im letzten Jahrzehnt deutlich erhöht haben. Wir müssen auch bedenken das die Jugend im Rift Valley früher, länger und schneller mit den Großen trainieren. Deshalb erfordert aufholen eine steigende Trainingsbelastung die eine Entwicklungsbeschleunigung durch Höhentrainingsketten einschließt.
„In der Gesamtbelastung benötigen Läufer mit 6000 – 8000 km/Jahr oder 150-250 km/Woche – wie die Weltbesten – rund 20 Stunden reine Trainings-zeit“ (G.Neumann 2011) plus 10-15 Stunden Zeit für Athletik, aktive Regeneration, Physiotherapie und andere Sportarten. In einem länger-fristigen Aufstieg zu diesen Umfängen ist es auch sinnvoll an schon längere schnelle Strecken (wie z.B. 15-20 km) noch 5-10 langsame Kilometer anzuschließen.
Wer also Talent und Spaß für die langen Strecken „schneller“ hat muß sich damit identifizieren, dass das Niveau der aeroben Ausdauer und Kraftausdauer über positive Wettkampfergebnisse entscheidet und die aerobe Leistungsfähigkeit gleichzeitig zu ihrer Entwicklung ein zeitauf-wendiges, mit Geduld verbundenes Langstrecken-Training erfordert. Da ist es schon hilfreich hin und wieder einmal sehr früh aufzustehen.
Belastungsentwicklung im Nachwuchsleistungstraining Straßenlauf
Die Geschwindigkeit im Trainingsumfang ist ein wichtiger Leistungsfaktor
Alter Wo/Jahr TE/Jahr km/Woche Ges.- km / Jahr
15 48 5 / 240 40 – 50 1920
16 48 6 / 288 50 – 60 2400
17 48 7 / 336 60 – 70 2900
18 50 8-9 / 425 80 – 90 4000
19 50 9-10 / 475 100 5000
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20 50 10-12/550 125 6000
21 50 10-12/550 140 6500
22 50 10-12/550 150 7000
© L.Pöhlitz 1997
*Das Trainingsjahr ist möglichst voll (48-50 Wochen) und die Ferien für Gipfelbelastun-gen zu nutzen. Bereits nach 14 Tagen ohne Training geht die erarbeitete aerobe Aus-dauer zurück.
Trainingsumfangsaufbau (UWV) für einen Halbmarathon – Höhepunkt
Stufen im langfristigen Trainingsaufbau
Ansteigende Geschwindigkeit im Trainingsumfang
In einer langen „Lehrzeit“ im Nachwuchsleistungstraining müssen Wissen, Erfahrun-gen, Fähigkeiten und Fertigkeiten den Athleten vermittelt werden. Das Wissen um den aktuellen Zustand entscheidet ob die notwendige Belastbarkeit des Stütz- und Bewegungssystems nachzuholen oder die Techniken aller demnächst einzusetzenden Trainingsübungen zuerst auszubilden sind. Insgesamt muss ein deutlicher Entwicklungsschub in der Belastung und in den weiter steigenden Trainingsreizen erfolgen. Das Ziel muss darin bestehen schrittweise z.B. im Langstreckenlauf einen Umfangsaufbau in die Bereiche zunächst um 6000–7500 km Gesamtumfang mit den erforderlichen Qualitätsanteilen zu schaffen, aber auch parallel dazu die notwendigen Grundlagen für die steigende Trainingsbelastung der nächsten Jahre (z.B. durch Kraft- und Geschwindigkeitstraining und zunehmend längere DL-Strecken) zu legen.
Der Belastungs- und Leistungsanschluss zum Hochleistungstraining muss gewollt werden. In einem solchen Rahmen kommt auch den verstärkten Regenerations- Entspannungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (sowohl speziell als auch durch aktive Prophylaxe, Physiotherapie, spezielle Gymnastik, Wasserarbeit u.a.) eine große Bedeutung zu. Parallel zur erhöhten und zunehmend spezielleren Ausrichtung des Trainings und der Wettkämpfe müssen ganzjährig mehrmals wöchentlich begleitende Maßnahmen speziell zum Schutz der Beine (Füße – Senk-, Knick- und Spreizfüße, Fußgewölbe, Pronation. Supination -, Achillessehne mit Faszien-/Sehnengleitgewebe und Fersen- und Muskelansatz, Wadenmuskulatur, Schienbeinmuskulatur, Knie-sehnenkräftigung, Adduktoren usw. – individuelle Schwachstellen) organisiert und kontrolliert werden.
Was aerobe Qualität im Nachwuchsleistungstraining bedeutet
Die Basis für jede Langstreckenleistung stellt die absolvierte DL – Km – Summe im Geschwindigkeitsbereich zwischen 4,2 – 4,6 m/s (3:58 – 3:38 Min) für männl. Jgd. / Junioren und 3,9 – 4,35 m/s (4:15 – 3:50 Min.) für weibl. Jgd / Juniorinnen – bei Spitzenläufern bzw. Läufern 4,5 – 4,9 / 4,3 – 4,6 m/s – dar. Die Geschwindig-keiten steigen mit der Form im Verlaufe der Vorbereitungsperiode, bei Streckenlängen zwischen 12 und 20 km, systematisch an. Sind solche Anforderungen von jungen Läufern noch nicht zu realisieren sind ersatzweise aerobe Qualitätseinheiten von 2 x 20 – 30 Minuten mit ~ 4 – 5 Minuten Laufpausen zu empfehlen.
Die Erhöhung der allgemeinen und speziellen Belastbarkeit – wesentliche Ausbildungsaufgaben in der LehrzeitBelastungssteigerung um 15 – 30 % jährlich (TE / Ges.-Trainingszeit / TU Gesamtbelastung / Inhalte), bei gleichzeitiger Sicherung der notwendigen Regenerationsmaßnahmen bzw. –zeiträume
Die Geschwindigkeit wird im Training immer mehr zur Führungsgröße. Nur wenn in der für das Leistungsziel erforderlichen Geschwindigkeit ein entsprechender Trainingsumfang und Streckenlängen realisiert werde ist der gewünschte Leistungsfortschritt möglich. Die Qualität der Übungsausführung bleibt auch in diesem Altersbereich ein wichtiges Belastungskriterium.
Die Entwicklung der Kraftfähigkeiten, der Motorik, der Beweglichkeit sowie die Arbeit an der Lauftechnik behalten auch für Langstreckler immer die gleiche hohe Bedeutung
Das spezielle Kraftausdauertraining (Berganläufe / Hügeltraining / ZWL etc.) ist auf die Anforderungen der Wettkampf – Ziele – Strecken (KA) auszurichten.
Im Jahresverlauf müssen die Belastungsreize ansteigen / wechseln. Die höchste Gesamtbelastung soll etwa 3 Wochen vor dem individuellen Jahres-wettkampf – Höhepunkt enden. Die letzten 10 – 14 Tage dienen der Leistungs-ausprägung, für die Gestaltung der letzten 3 Tage gelten individuell – gesam- melte „Erfolgs-Erfahrungen“
Die Wettkampfhäufigkeit ist ausbildungsabhängig zu gestalten. und in Trainingswettkämpfe und wichtige Wettkämpfe zu differenzieren, dabei sollen auch Auseinandersetzungen mit möglichst gleichstarken Gegnern – im Sinne wettkampfnaher Belastungen – Ziel sein.
Unterdistanzwettkämpfe gewöhnen an höhere Wettkampfgeschwindigkeiten, sie sind für die Wettkampferfahrung und die Ausprägung der Kampfkraft nicht unbedeutend. Sowohl Rennen mit eigener Tempogestaltung (d.h. nicht nur „vorn weglaufen“, sondern das geplante Tempo auch zu machen), als auch Spurtrennen sind Mittel zur Erarbeitung eines höheren Selbstvertrauens.
Trainingsprogramme mit denen die Laktattoleranz ausgebildet wird sind wichtige Bestandteile der Langstreckenausbildung. Dazu sind TE erforderlich in denen in einer Laktatakkumulation > 4 – 7 mmol/l über längere Zeit gearbeitet wird.
Auch die Vorbereitung auf Bahn-Wettkämpfen, die nur über Vorläufe zum Finale führen soll Bestandteil des Trainings sein. Dies erfordert erfahrungsgemäß eine längerfristige entsprechende Trainingsgestaltung, eine Erhöhung der Dichte entsprechender Belastungen.
Ein erstes Ziel muss die Entwicklung der aerob-anaeroben Schwelle (vL 3) auf das Voraussetzungsniveau für die geplante Langstrecken-Wettkampfleistung sein. Darüber hinaus sind für zukünftige Straßenläufer lange Läufe um 1,5 – 2 mmol/l Laktat (vL 2) Bestandteil der Trainingsgestaltung.
Der Anteil an DL2 – Kilometern sowie regelmäßige kurze DL3 – Belastungen (20 à 30 à 45´ möglichst über der Schwellengeschwindigkeit stehen im Zentrum der Ausdauerentwicklung.
Wenn der Ausbildungsstand in diesem Alter noch keine, im Vergleich zur Wettkampfstreckenlänge längeren DL3 Belastungen in höherer Geschwindig-keit zulässt, wird ein systematischer Aufbau mit zunehmenden Anforderungen mit Fahrtspielen, einem DL-TW oder DL-Teilstreckentraining wie folgt empfohlen:
* 2 – 3 x 4 km DL mit 2 – 4 km Laufpausen um 4:00-4:30 min/km
* 2 – 3 x 5 km DL mit 2 – 5 km Laufpausen
* 2 x 6 km DL-2 mit 3 km (oder mehr) Laufpause
* 8 – 10 – 12 km DL 3 (Ziel > 5,0 m/s)
* 1 x 4 – 6 km grenzwertig mit anschließend längerem DL-1
Ein wichtiges Ziel eines Langstrecklers muß darin bestehen sein aerobe Schwellengeschwindigkeit (vL-3) 45-50 Minuten aufrechterhalten zu können. Diese Fähigkeit kann gut in 15 km Kontrollläufen auf einer Trainings-Standardrunde, im Wettkampf oder auch auf der Bahn überprüft werden.
Extensive langdauernde Belastungen (2 – 3 Std. und mehr, auch in Kombination mit anderen Sportarten) lösen umfassende Ökonomisierungsprozesse aus, stärken Herz und Lunge, entwickeln den Fettstoffwechsel und bilden die Basis für kürzere intensive Belastungen mit höheren Geschwindigkeiten. Im Anschlusstraining der Langstreckler muss deshalb der DL-lang – „Long-run“ (auch Überdistanzläufe) in Schwerpunktphasen der aeroben Entwicklung Bestandteil des Trainings der MIZ sein. Der Fettstoffwechsel wird vor allem dann trainiert, wenn die Geschwindigkeit langsam (Laktat < 2, die HF möglichst < 130 Schl./min) und die Belastungsdauer sehr lang ist !
Die steigenden Anforderungen verlangen auch einen veränderten, gezielten Umgang mit dem Verhältnis von Belastung und Erholung. Dies gilt für die Belastungs-Erholungsdynamik in Mesozyklen, in Mikrozyklen bis hin zur Pausengestaltung in den Trainingseinheiten. Von den Weltbesten ist die Erfahrung zu nutzen, dass mit zunehmender Leistungsfähigkeit und Umfängen im Intervall-Training die Trabpausen schrittweise immer mehr verkürzt wurden.
Durch aktive, gezielte Maßnahmen der Regenration ist zu sichern, dass die nächste reizwirksame TE möglichst bald durchgeführt werden kann.
Ab 17-18 Jahren ist zur schrittweisen Sammlung von individuellen Erfahrungen das Höhentraining (1200 – 2400 m Höhe) aufzubauen. Höhentraining ist für alle Ausdauer-disziplinen als wesentlicher Entwicklungsfaktor zur weiteren Erhöhung des Entwicklungs-tempos systematisch, wenn möglich mehrmals im Jahr (Höhenketten) entwicklungs-unterstützend. Dazu sollte vorbereitend bereits in Höhen um 1000 m im U18–Alter Erfahrungen gesammelt werden. Ziel muß sein die Läufer systematisch zu höhenleistungs-fähigen Langstrecklern aufzubauen. Das bedeutet das eines Tages unter den Bedingungen mittlerer Höhe die gleichen Belastungen absolviert werden wie sie dem Läufer unter NN möglich sind.
Wichtig ist, dass Sportler die Höhen – Hilfe in Anspruch nehmen, zugleich aber wissen das sie zukünftig das Höhentraining für gleiche Effekte immer wieder einsetzen müssen.Eine effektive Arbeit in diesem Leistungsentwicklungsalter wird durch regelmäßige, komplexe Trainingsanalysen, durch leistungsdiagnostikgestützte Trainingssteuerung, durch Laktatsteuerung im Training, durch Wettkampfanalysen und eine sportmedizinische Begleitung wesentlich gestützt.
Belastungsziele in der Ausdauerentwicklung
Innerhalb einer erforderlichen Trainingsumfangserhöhung im Nachwuchsleistungstraining kommt der gleichzeitigen Steigerung der Anteile im gemischt aerob-anaeroben Training eine besondere Bedeutung zu.
Je höher die mögliche Geschwindigkeit im Grenzbereich – bei einer definierten Streckenlänge von zunächst 12-15 km – die einem Leistungs-diagnostik-Test bei 3 Laktat sehr nahekommt – umso näher ist man an der wettkampfspezifischen Leistungsfähigkeit.
Für die Entwicklung der aeroben Schwelle (vL 3) wirken vor allem kombinierte TE
- um 2 mmol/l Laktat über 60-90 Minuten
- um 2.5 – 4 mmol/l Laktat über 40 – 50 Minuten
oder 2 x 20 – 30 Minuten (Tp: 5´)
- bei 5 – 7 mmol/l Laktat über 4 – 6 x 8 – 12 Minuten (Tp: 2´ – 4´)
oder 6 – 8 x 7 Minuten (Tp: 2 – 3´)
Pausen immer kürzer und aktiv vorwärts
Die Pausenlänge und Pausengestaltung sind Langstreckentraining bedeutend. Sie sollen möglichst kurz sein und aktiv gestaltet werden:
„Kurz“ heißt: 30“ – 45“ – 1´- 2´
Laufpausen in der Vorwärtsbewegung (z.B. im DL-TW-Training oder auch bei Fahrtspielen) sind schneller als Trabpausen, in der möglichen Pausengeschwindigkeit vorwärts, bei vorrangiger Sicherung der geplanten Geschwindigkeit in den Programmen und einem dem Laufen näherkommenden Schritt. Trabpausen (bei TL) sind für Langstreckler Pflicht und werden im Hochleistungstraining mit Zeitvorgaben entsprechend zurückzulegenden Strecken verbunden (z.B. Tp: 400 m in 2 Minuten). Zeitweilig können Tempolauf – Programme durch Berganläufe oder Hügeltraining (z.B. in Kraftausdauerphasen) ersetzt werden (Laktat 4 –7 mmol /l). Dabei kommt es darauf an, die Berganstrecken möglichst oft im Bereich von 95-105 % der geplanten Renngeschwindigkeit mit kurzen Trabpausen zu realisieren.
Pausen, Pausenlängen und Pausengestaltung im Langstreckenlauf sollen möglichst geringe Unterbrechungen der Belastungsintervalle und die Beibehaltung eines guten Laufstils bis zum Ende der TE sichern. Sie leisten gleichzeitig einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Laktatverträglichkeit. Dies wird natürlich von der Leistungsfähigkeit des Trainierenden, aber auch von den äußeren witterungs- und klimatischen Bedingungen beeinflusst.
Mit 18 / 19 / 20 Jahren sollte mit dem Hochleistungstraining auch das Höhentraining beginnen
„Die Mehrzahl der weltbesten Läufer macht Höhentraining. Das Hypoxietraining ist aber „nur e i n Baustein innerhalb einer komplexen Vorbereitung von Leistungsläufern“ auf sportliche Höhepunkte bzw. Höchstleistungen. Seine Wirksamkeit ist abhängig von einer guten Gesundheit, einer optimalen Integration in einem trainingsmethodisch beherrschten Gesamtkonzept, einer schon guten aeroben Leistungsfähigkeit, einer guten athletischen Fitness und am besten starken, gesunden Füßen!
Höhentraining mit jungen Läufern muss als längerfristiger Ausbildungsprozess angesehen werden in dessen mehrjährigen Verlauf eines Tages Spitzenbelastungen auch in der Höhe möglich werden. Die sind letztendlich die Voraussetzungen für Höchstleistungen auf Bahn oder Straße. Dazu sind die Sportler immer wieder umfassend auf die in 3 oder mehr Wochen Höhe möglichen, ungewohnten klimatischen Bedingungen gut vorzubereiten. Auch weil ein über Wochen anspruchs-volles Höhentraining selten ohne Blessuren, bei Frauen auch ohne Eisenmangel verläuft. Wer sich über Jahre keine sportmedizinisch-physiotherapeutische Begleitung vor Ort leisten kann wird am Ende nicht so selten erfolglos sein.
Talente auf das Höhentraining vorbereiten
Schon im RTP Lauf-Nachwuchs aus dem Jahre 1992 wurde für das Nachwuchs-training als wichtigste Ausbildungsaufgabe formuliert „die jungen Talente auf das Hochleistungstraining v o r z u b e r e i t e n“. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Allerdings kann man beobachten das an der Schwelle zum Erwachsenenalter – mit 18 / 19 / 20 Jahren – bestimmte Voraussetzungen und die Belastbarkeit für das mehr, oft nicht geschaffen sind um die neuen höheren Anforderungen in Stunden, Kilometern, Qualität und Trainingszeit – auch die Trainingseinheiten um 2 – 2 ½ Stunden – auf der Grundlage einer erfolgreichen Nachwuchsausbildung nun gut zu bewältigen. Zu diesen Voraussetzungen sollte spätestens jetzt auch der Beginn eines mehrjährigen – bitte aber komplexen – Hypoxietrainings in mittleren Höhen gehören. Leider fehlt es derzeit vielfach an den längerfristig vorbereiteten zeitlichen, materiellen und organisatorischen Bedingungen, an der Ganzkörperfitness, starken Füßen – auch Erfahrungen mit Höhenaufenthalten in der Jugend um 1000 m – für solche notwendigen neuen Ausbildungsabschnitte, für den Aufbau eines Hochleistungs-training in Höhen um 2000 m. “ (Lothar Pöhlitz LCA 17.12.2016)
In einem interessanten Interview bei xc-ski.de spricht Trond Nystad, Ex-Nationaltrainer der norwegischen Skilangläufer, über die Ursachen der Erfolge norwegischer Skilangläufer und betont neben dem „mehr Training als andere“ den langfristigen Aufbau des Nachwuchses von 500-600 Stunden im Jahr (würde bei 4 Wochen Jahresurlaub täglich 1 ½ – 2 Stunden Training bedeuten) um später die 1000-1200 Stunden Training im Hochleistungstraining auch qualitativ gut bewältigen zu können. Dabei unterstrich er das das Training eigentlich relativ einfach ist, vorausgesetzt man tut es und hat möglichst vielen Jugendlichen gelehrt oft selbständig nach Plan richtig zu trainieren.
Fazit:
Ein hohes Niveau in den Langstrecken / Straßenlaufdisziplinen setzt die
Erhöhung der Wirksamkeit des Trainings bei Entwicklung vor allem
folgender Schwerpunkte voraus:
* eine hohe aerobe Leistungsfähigkeit (Maßstab: individuelle aerob Schwelle bei Laktat 2 – 4 plus + eine hohe aerobe Kapazität – V02max)
* das Training in den TE orientiert sich ausbildungszeitabhängig an den Anforderungen der jeweiligen Wettkampf – Zielgeschwindigkeit (5000 m – 10000 m – Halbmarathon – Marathon) plus 10 %
Das bedeutet aber auch, dass eine Umfangssteigerung immer gleichzei-tig mit einer Qualitätssteigerung (Geschwindigkeits- / Umfangsbezieh-ung) und der notwendigen Belastbarkeit (Ganzkörperkraft) zu verbinden ist.
* eine parallele Ausbildung der Unterdistanzleistungsfähigkeit
(Maßstab: 1500 / 3000 m / 5000 / 10000 m) und Motorik
* Die erforderlichen Trainingszeiträume zur Weiterentwicklung der individuellen Leistungsfähigkeit müssen ausreichend lang, inhaltlich komplex und möglichst störungsfrei sein.
* Die richtige Ernährung im und außerhalb des Trainings und bei Rennen lehren und bei Läufen ab 90 Minuten im Training sichern
* Teamarbeit / Partnertraining erhöht das Entwicklungstempo
International konkurrenzfähige Langstreckenleistungen sind ohne Höhen-training (jährliche Mehrfach – Aufenthalte in Höhen von 2000 – 3000 m) nur in Ausnahmefällen möglich. Höhenanfänger sollten zunächst Höhen zwischen 1000 – 1600 m nutzen, auch weil sie die notwendigen Geschwindigkeiten ermöglichen.
Höhentraining ermöglicht die Erschließung von Reserven für den Leistungs-fortschritt von Europäern. Höhentrainingslager im „Herbst / Winter“ in schnee-freien Gebieten + 2 Höhen – TL in der VP II mit nur 2-3 Wochen Zwischen-aufenthalt „zu Hause“, evtl. mit WK und / oder Leistungsdiagnostik, haben sich als effektiv erwiesen. Auch mit längeren Winter-Skilanglaufphasen in der Höhe (Athleten früh eine gute Langlauftechnik lehren, bei gleichzeitiger Lösung aller anderen Ausbildungsaufgaben wie Athletik / Kraft / Beweglichkeit) lässt sich eine gute aerobe Basis schaffen.
Lothar Pöhlitz in Leichathletik Coaching-Academy