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29
03
2019

Harald-Mellerowicz-Sporthalle - Foto: LSB Berlin

Zum Gedenken an Prof. Dr. med. Harald Mellerowicz – Der Berliner Sportmediziner wäre 100 Jahre alt geworden

By GRR 0

Der renommierte Berliner Sportmediziner Prof. Dr. med. Harald Mellerowicz wäre am kommenden Sonntag, dem 31. März, 100 Jahre alt geworden.

Der in Weinberg (Niederschlesien, Polen) geborene Mellerowicz gilt als einer der Pioniere der Sportmedizin in Deutschland mit hoher internationaler Anerkennung. Der studierte Mediziner starb am 13. April 1996 im Alter von 77 Jahren in Berlin, wo er seit seiner Jugend lebte und wirkte.

Harald Mellerowicz war selbst ein sehr erfolgreicher Leichtathlet auf den Sprintstrecken; er gewann zwischen 1938 und 1942 mehrere Titel als Deutscher Meister über 100m und 200m sowie u.a. in der Staffel mit seinem Verein OSC Berlin. Im Jahre 1939 war er sogar mit der deutschen 4×100-Staffel Universitäts-Weltmeister.

Seine Bestzeiten von 10,4 und 21,0 Sek. über 100 bzw. 200m sind auch heute noch in den Listen „Die besten 100 aus über 100 Jahren Leichtathletik in Berlin“ weit vorn verzeichnet.

Foto: Mellerowicz führt ergometrische und spirometrische Leistungsmessungen bei einem Sportler durch.

  • CC BY-SA 3.0 de
  • File:Bundesarchiv B 145 Bild-P103765, Berlin, Institut für Leistungsmedizin, Prof. Mellerowicz.jpg
  • Erstellt: 1. Januar 1950

Bereits in seiner Berliner Habilitationsschrift auf dem Gebiet der Inneren Medizin aus dem Jahre 1956 lieferte „Melle“, wie er von Freunden gern genannt wurde, den Nachweis für die immense Bedeutung regelmäßiger körperlicher Aktivität und wohl dosiertem Sport für die Gesunderhaltung und die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems.

Harald Mellerowicz wurde Lehrstuhlinhaber für Sportmedizin und Leiter des Instituts für Leibeserziehung an der Freien Universität Berlin (das um die Jahrtausendwende als längst umbenanntes Institut für Sportwissenschaft jedoch ersatzlos vom Senat von Berlin geschlossen wurde), bevor er im Jahre 1963 das privatwirtschaftliche „Institut für Leistungsmedizin, präventive und rehabilitative Sportmedizin“ im Berliner Stadtteil Wilmersdorf an der Forckenbeckstraße 21 gründete und selbst leitete.

Diese einzigartige Einrichtung wurde spätestens seit den 1970er Jahren als Landesinstitut für Sportmedizin zu einer wichtigen Untersuchungs- und Sportstätte für tausende von Spitzenathleten und Nachwuchssportlern aus (West-) Berlin und dem Bundesgebiet.

Schon im Jahre 1960 hatte „Melle“ die „Forschungsgemeinschaft für Arbeits- und Sportmedizin Berlin e.V.“ gegründet, später kam die „Arbeitsgemeinschaft für kardiologische Prävention und Rehabilitation“ hinzu, nachdem er trotz Bedenken aus dem klinischen Umfeld im Jahre 1965 mit der Gründung einer der ersten ambulanten Herzsportgruppen in Berlin wegweisende Pionierarbeit für die sportbezogene Rehabilitation von Patienten geleistet hatte. Zu seinen bekanntesten Publikationen, die wichtige Standardwerke seiner Zeit wurden, gehören „Gesundheit und Leistung“ sowie „Training“ (beide zuletzt 1985 bzw. 1980 aufgelegt im Springer-Medizin-Verlag in Heidelberg).

Harald Mellerowicz war im Ehrenamt über viele Jahre Vorsitzender des Berliner Sportärztebundes und engagierte sich auch in bundesweiten Funktionen bzw. Gremien; hier z.B. im Deutschen Leichtathletik-Verband, wo er dem Leistungsrat als Vorsitzender angehörte: „Harald Mellerowicz war ein hoch angesehener Sportarzt. Er gehörte als Sportler mit seinen exzellenten Leistungen im Sprint leider zu den Kriegsverlierern, zumal er nie bei Olympischen Spielen starten konnte. Ich denke jedoch mit großer Freude an viele Begegnungen mit ihm zurück – allen voran der Ländervergleich unseres Zehnkampf-Teams im vorolympischen Jahr 1967 u.a. mit Kurt Bendlin und dem inzwischen leider verstorbenen Hans-Joachium Walde in Los Angeles, wo wir gegen die US-Amerikaner gewinnen konnten. Hier waren Harald Mellerowicz als Mannschaftsarzt und ich als Mannschaftsleiter dabei“, erinnert sich der jetzt 90-jährige Prof. Walther Tröger, langjähriges IOC-Mitglied und NOK-Ehrenpräsident.

Harald Mellerowicz, der auch als strikter Doping-Gegner immer wieder Position bezog, hat zu Lebzeiten mehrere Auszeichnungen entgegennehmen dürften: u.a. im Jahre 1974 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und später den Philip-Noel-Baker-Preis der UNESCO, benannt nach dem gleichnamigen Philip Noel-Baker (1889-1982), dem bislang einzigen (Friedens-) Nobelpreisträger mit einer Olympia-Medaille (Silber über 1.500m in Antwerpen 1920).

Im Jahre 2009 wurde auf den Namen Harald Mellerowicz eine Sporthalle an der Forckenbeckstraße in Berlin-Wilmersdorf benannt, wo einst „sein“ Institut für Leistungsmedizin beheimatet war: „Er hat erkannt und deutlich gemacht, dass die degenerativen Bewegungsmangelkrankheiten in unserer technischen Zivilisation vermeidbare volkswirtschaftliche Milliarden-Verluste verursachen, die mit den herkömmlichen Mitteln der kurativen Medizin nicht zu bewältigen sind, sondern nur vorbeugend mit richtig gestaltetem körperlichen Training und Sport“, schrieb einst Dr. Herbert Dürrwächter, der inzwischen verstorbene letzte Verwaltungsleiter des Instituts für Leistungsmedizin(1988 Gründer des Sport-Gesundheitsparks Berlin e.V.) anlässlich des Todes von Harald Mellerowicz.

An dieser Einschätzung hat sich auch am 100. Geburtstag von „Melle“ nichts geändert.

Prof. Detlef Kuhlmann

 

author: GRR