Inklusionssport © Foto: Andreas Geist, BRSNW Bild vergrößern
„Wir haben einiges erreicht und können stolz darauf sein“ – Deutscher Behindertensportverband
„Wir haben einiges erreicht und können stolz darauf sein, aber es gibt auch noch viel zu tun“, sagt Fridhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) zum Jubiläum der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).
Am 26. März 2019 jährte sich das Inkrafttreten der UN-BRK in Deutschland zum zehnten Mal. Das Übereinkommen konkretisiert die bislang existierenden Menschenrechtsabkommen aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung. Die UN-BRK stellt die Pflichten der Staaten heraus, die bestehenden Menschenrechte für alle Menschen vollumfänglich zu gewährleisten. Rechte auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und volle gleichberechtigte Teilhabe sollen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens geltend gemacht und damit der Inklusionsgedanke auch in allen Handlungsfeldern des Sports eingeführt und umgesetzt werden.
Inklusionssport © Foto: Andreas Geist, BRSNW
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Der DBS stellt zum Jubiläum fest, dass die inhaltliche Arbeit sowohl beim Bundesverband als auch in den Landes- und Fachverbänden Früchte trägt. Vielfältige Maßnahmen wie der „Index für Inklusion im und durch Sport“, das „Handbuch Teilhabe und Vielfalt – Qualifikationsinitiative“ oder auch das Projekt „MIA – Mehr Inklusion für Alle“ sind angestoßen oder bereits mit Erfolg umgesetzt. Die Maßnahmen selbst sind dabei so bunt wie das Thema Inklusion und haben verschiedene Ansätze. So zielt MIA auf den Ausbau von zehn inklusiv-wirkenden Netzwerken und Kooperationen zwischen örtlichen Strukturen, damit inklusive Sportlandschaften entstehen.
Menschen mit Behinderung sollen den Sozialraum aktiv mitgestalten und ihr Wunsch- und Wahlrecht bei Sportangeboten ausleben. Die Grundlage hierfür bildet der „Index für Inklusion im und durch Sport”, der sich als Wegweiser an alle Akteure aus Sportverbänden und -vereinen richtet, die ihre Kulturen, Strukturen und Praktiken inklusiv gestalten wollen, um die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderung im Sport zu verbessern.
„Schon vor dem Inkrafttreten der UN-BRK hat sich der DBS für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Sport eingesetzt und schon immer die besonderen Möglichkeiten von Inklusion im und durch Sport betont. Deshalb haben wir uns bei der Umsetzung der UN-BRK als Bundesverband unter anderem intensiv in die Diskussion um das Bundesteilhabegesetz eingebracht, während unsere Landes- und Fachverbände in ihrer täglichen Arbeit wie auch mit einer Vielzahl an Projekten dafür sorgen, dass Inklusion für die Sportlerinnen und Sportler in unseren Vereinen real erlebbar wird“, sagt DBS-Vizepräsidentin Breiten-, Präventions- und Rehabilitationssport, Katrin Kunert.
Auch der Spitzensport trägt mit den Austragungen der Paralympischen Spiele und der internationalen Events wie zuletzt der Rollstuhl-Basketball-WM in Hamburg und der Para Leichtathletik-EM in Berlin zu einer nationalen Bewusstseinsbildung bei. Die Athletinnen und Athleten werden zu Vorbildern in der gesamten Gesellschaft und inspirieren die Menschen mit ihrem Tun und ihren Geschichten. Sportliche Wettkämpfe transportieren gesellschaftliche Themen. Der Para Sport vereint Höchstleistungen und menschliche Botschaften und hat damit auch die Kraft, den Finger in die Wunde zu legen, wenn es beispielsweise um die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum geht.
„Sport überwindet Grenzen und bietet Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft.
Zweifelsfrei hat sich seit dem Inkrafttreten vor zehn Jahren einiges getan. Dennoch muss sich noch vieles mehr ändern, damit eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft Wirklichkeit wird. Unüberwindbare Hürden sind in der Praxis viel zu häufig noch Sportstätten, die nicht barrierefrei sind und somit das wohnortnahe Sporttreiben für Menschen mit Behinderung einschränken. Diese Barrieren müssen abgebaut werden: Im öffentlichen Raum, in Sportstätten – und auch in den Köpfen. Darüber dürfen wir nicht nur reden, sondern müssen handeln und Änderungen einfordern“, sagt DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und verweist auch auf die Entwicklungen in der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ). „Zur selben Zeit, am gleichen Ort, in getrennter Wertung findet Inklusion bei den Bundesfinals von Jugend trainiert für Olympia und Paralympics seit nunmehr sieben Jahren statt“, betont Lars Pickardt, Vorsitzender der DBSJ. Diese gelebte gleichberechtigte Teilhabe wird ganz aktuell nochmals durch die Entwicklung und Nutzung eines neuen, gemeinsamen Logos unterstrichen.
Trotz des intensiven Engagements des DBS und weiterer Sportverbände im Rahmen der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes wurde den Forderungen des organisierten Sports nicht ausreichend entsprochen. Kritikwürdig bleibt beispielsweise der geschlossene Bildungskatalog, der Leistungen zur Erwachsenenbildung und insbesondere außerschulische Bildung weiterhin außen vorlässt. Somit fehlt für Menschen mit Behinderung nach der ersten Berufsausbildung die dringend notwendige Unterstützung, um weitere Bildungsangebote wie die Ausbildung zum Übungsleiter wahrnehmen zu können. Die Übernahme eines Ehrenamts im Sport bleibt auch dadurch erschwert, da das Gesetz darauf verweist, dass Unterstützungsleistungen vorrangig durch Nachbarn oder Freunde erbracht werden sollen. Diese gesetzlich erzeugten Abhängigkeiten stehen einer gleichberechtigten Teilhabe nicht nur im Sport derzeit noch entgegen.
Maßstab für ein Bundesteilhabegesetz muss jedoch die UN-Behindertenrechtskonvention sein, um eine gleichberechtigte und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen zu gewährleisten. „Menschen mit Behinderung haben nicht nur das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am aktiven Sporttreiben, sondern auch an der Tätigkeit in Vorstandsämtern und als Übungsleitende. Qualifizierung ist ein Schlüsselaspekt von Inklusion, weshalb der DBS seine Übungsleiterausbildung auf das System des Blended Learning umstellen wird, um Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe an der Aus- und Fortbildung im Behindertensport zu erleichtern“, so DBS-Vizepräsidentin Bildung und Lehre, Dr. Vera Jaron.
„Es bleibt eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft und insbesondere für die deutsche Sportlandschaft, mehr Menschen mit Behinderung zum Sport zu bringen. Wenn 46 Prozent der Menschen mit Behinderung angeben, nie Sport zu treiben, dann liegt ganz klar noch viel Arbeit vor uns“, motiviert Friedhelm Julius Beucher den gesamten Deutschen Behindertensportverband mit all seinen Mitgliedern zum Jubiläum der UN-BRK.
Anlässlich dieses Jubiläums nimmt der DBS an dem Freundschaftsspiel des Inklusionsteams des DOSB gegen den FC Bundestag am 2. April in Berlin teil und setzt das Thema als Schwerpunkt für den Parlamentarischen Abend am 3. April in der Hauptstadtrepräsentanz der Allianz.
Quelle: Deutscher Behindertensportverband