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17
04
2021

Symbilbild - Foto: Horst Milde

Wie ein Marathonläufer den Rad-Profis in den Sattel hilft – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Unglaublich – aber wahr: Sie können – mitten in der Pandemie- Tag für Tag in irgendeinem Fernsehsender ein internationales Radrennen erleben. Live – und stets mit Welt-Stars der Szene besetzt.

Der Bamberger Doping-Experte Professor Fritz Sörgel vermutet, die derzeitige Corona-Krise, in der wenig getestet wird, werde vom Radsport bewußt zum Doping ausgenutzt. Deshalb diese Verdichtung der Veranstaltungen.

Am Sonntag wird, im Gegensatz zum Vorjahr, trotz Corona sogar der niederländische Eintags-Klassiker „Amstel Gold Race“ zelebriert – selbstverständlich mit dem derzeit stärksten Team der Welt, der Equipe Jumbo Vismar, als besonderer Lockvogel. Lizenziert ist diese Mannschaft – wo sonst?  – in den Niederlanden. An der Spitze dieser Equipe steht mit Wout van Aert zwar ein Belgier, jedoch einer der ganz besonderen Art. Ein Rennfahrer, der das Peloton sowohl im Flachen wie in den Bergen zerlegt, im Zeitfahren ebenso wie im knallharten Sprint Mann gegen Mann.

Der Internationale Radsport-Verband (UCI) beobachtet die Mannschaft um Wout van Aert und den früheren slowenischen Skispringer Primoz Roglic  aber nicht nur deswegen mit Argusaugen, sondern vor allem wegen des Marathonläufers Asker Jeukendrup. Der niederländische Professor von der englischen Universität Birmingham berät nämlich nicht nur den britischen Fußball-Klub FC Chelsea; er zeichnet auch verantwortlich für die Rad-Profis von Jumbo Vismar – und zwar als deren Ernährungsexperte.

Nicht nur, weil er individuelle Menüs für diese Rennfahrer zusammen stellen lässt, sondern auch, weil er verstärkt auf das Nahrungsergänzungsmittel Ketone setzt. Ketone gelten zwar aktuell nicht als Doping, werden aber von der „Bewegung für einen sauberen Radsport (MPCC)“ dennoch vehement abgelehnt. Im Grund sind Ketone körpereigene Energiereserven, die auf Fett basieren und sowohl vom Gehirn wie auch von den Muskeln genutzt werden können. Sie gelten als vierte Art der Energieversorgung und werden deshalb in synthetischer Form im Leistungssport, vor allem in Ausdauersportarten, erfolgreich eingesetzt. Seit 2012 verstärkt im Profi-Radsport, wo sie die Leistung nachweislich bis zu 15 Prozent anheben können.

Bei Jumbo Vismar gelten sie längst als tägliches Brot, und werden ähnlich wie Vitamine geschluckt.

Das alles wird von der UCI mit großer Besorgnis beobachtet, zumal diese Mannschaft seit ihres Bestehens im Jahre 1984 immer wieder durch Doping-Affären, und das mehr als jede andere Crew, aufgefallen ist. So auch durch die Enthüllungen seines ehemaligen dänischen Stars Michael Rasmussen, er habe von 1998 bis 2010 ohne Unterlass und mit fachlicher Unterstützung der Teamleitung Dopingmittel gespritzt und geschluckt.

Auch der gebürtige Hannoveraner Grischa Niermann, einst dreizehn Jahre lang für diese Mannschaft im Rennsattel und nun einer ihrer führenden sportlichen Leiter, gestand schon vor Jahren, zu den Gedopten im Peloton zu gehören.

Jetzt berät er allem den Slowenen Primos Rogic, und zwar mit dem Ziel, im Juli endlich mit ihm die Tour de France zu gewinnen. Am Sonntag will Niermann aber erst einmal demonstrieren, wie man mit dem 55. Amstel Gold Race auch ein klassisches Eintagsrennen beherrscht.

Und zwar ohne Wenn und Aber.

 

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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