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Wenn Eltern ihre Kleinen in einen Leichtathletikverein bringen wollten – Von Lothar Pöhlitz
© Lothar Pöhlitz* – Das Bewegungsverhalten von den Kindern die Sport noch lieben zeigt, dass sie sich beim Spielen eher intensiv-kurz, als anaerob-lang belasten, wir wissen aber auch dass sich die Belastbarkeit (Spieldauer) durch „Training“ verbessert und trainierte, „öfter bewegte“, sogar länger mit anaeroben Energiebereitstellungssystemen umgehen können als Untrainierte und durch Training besser werden.
Und die Körperproportionen bleiben auch im wünschenswerten Normalmaß. Dies wird besonders in Sportarten deutlich die schon, im Gegensatz zur Leichtathletik, in der frühen Kindheit leistungs-orientiert trainieren wie Schwimmen, Turnen oder sogar „Kampfsport“.
Für einen Weg nicht nur zu besseren Läufern, sondern auch zu einer besseren frühkindlichen Bildung, zu der ja auch der Schulsport gehört, werden begabte mit Bewegungsdrang und am besten auch Siegeswillen gebraucht die Spaß daran haben besser zu werden. Sie findet man hin und wieder an der Spitze von Bambini-Läufen. Aber auch den anderen, den „molligen“, nicht so begabten tut Bewegung möglichst früh, im Kindesalter zwischen 6-10 Jahren, gut, ihre Belastbarkeit und auch das Selbstvertrauen würden steigen.
Wenn sie besser oder vielleicht sogar dünner werden sollen müssen sie früher bewegt werden. Sport mit Freunden im Verein wäre die beste Lösung. Dabei sollen das Alter und die Belastbarkeit im Vordergrund stehen und die Gesundheit vorgehen.
Für die Zukunft nicht nur des deutschen Spitzensports wäre ein Neuanfang mit mehr „Kinderabteilungen 6-10“ – nicht nur in der Leichtathletik – dringend.
Dafür werden mehr als je zuvor auch die Eltern gebraucht
Wissen Sie übrigens, daß unsere tollen Handballer schon früh als Kinder im Verein mit Handball begannen: Andreas Wolf und Fabian Wiede mit 5 Jahren und Uwe Gensheimer mit 8 Jahren
Es klingt schon nach einem großen Hilferuf, wenn viele Sportarten, die Handballer, die Schwimmer, Eishockey und auch die Leichtathleten den vernachlässigten Kinder- und Schulsport beklagen.
„Wir sind in der Verantwortung, in die Schulen und in die Vereine zu gehen und die Kids einfach zu begeistern“, sagte Handball-Vize Hanning nach der WM.
Aber auch ARD / ZDF und die regionalen Dritten entziehen sich „Fußball-lastig“ mit ihren Sportredaktionen ihrer Verantwortung auch für den Kinder- und Nachwuchssport
Wenn nun aber Eltern ihre Kleinen in einen Leichtathletikverein bringen wollen
Das Kindertraining im Alter von 6-10 Jahren wäre – nach den vielfältigen Warnungen von Ärzten und den Erfahrungen von Trainern – über den Gesundheitszustand unserer Jüngsten – die beste Lösung. Nachdem mit dem Stillstand im Schulsport aus dieser Richtung keine Hilfe zu erwarten ist, bleibt der Vereinssport. Dabei geht es um alle, keineswegs nur um Talente. Vielseitige Bewegung tut der Gesundheit aller gut, hilft nicht nur Beine, Bauch und Oberkörper fitter zu machen, sondern baut auch das Verhältnis von Belastung und Erholung für das zukünftige Leben, die Beweglichkeit der Nervenprozesse, vielleicht sogar die individuelle Intelligenz und die Belastbarkeit in der Schule, auf.
Eigentlich ist es unangenehm, fast peinlich, beschämend das man in Deutschland solche Probleme, diese nicht neuen Sorgen um die Fitness, um Deutschlands Zukunft erneut anstoßen muß. Seit Jahren reagiert „Keiner“ aus der Regierung, dem Bundestag, der Bildungsminister der Länder, aus dem DOSB oder den Landesverbänden der Sportarten auf die Sorgen der Eltern, die Hilferufe der Ärzte, der Sportarten, der Gesundheitsverantwortlichen um die Probleme des Kinder- und Jugendsports. Da auch der Schulsport ziemlich weit von den ehemals guten Zeiten entfernt ist wäre eine nun große konzertierte Aktion überfällig und wünschenswert.
Die Sportvereine hätten aber sicher ein Problem, weil sie auf einen Ansturm nicht vorbreitet wären, es fehlt an Kinder-Trainern. Der DOSB und die Landessportbünde mit ihrem eigentlich auch dafür zuständigen großen Personalpotential, hat diese Aufgabe in der Vergangenheit offensichtlich übersehen, sich vielleicht unter dem Motto „der Fußball wird es schon richten“, nicht für zuständig gehalten. Man könnte auch auf den Gedanken kommen das – obwohl diese Probleme lange schon öffentlich sind – im „Staatssäckel“ kein Geld für die Kleinen übrig ist. Neben den oft nicht ausreichend ausgestatteten, geeigneten Sportanlagen, fehlenden modernen Schul-Sporthallen, der fehlenden Organisationsstruktur, fehlt es vor allem an Kinder-Trainern die diese außerordentlich wichtige Aufgabe auch fach- und kindgerecht, aber nicht länger kostenfrei, erledigen sollten.
In einem Beitrag in der LCA vom 18.12.2018 schrieb Lothar Pöhlitz dazu, „Es ist Zeit unsere Kinder endlich in die erste Reihe zu stellen und sie umfassend, anders, besser auf das Leben vorzubereiten“.
Kinder–Trainer wären die Voraussetzung
Es fehlt an Nachwuchs- und Kindertrainern in den Vereinen, die sich selbstlos dem U10- und U12 – Kindersport widmen. Aber man darf nicht länger erwarten das sie diese wichtige Aufgabe als ein Ehrenamt ausführen müssen. Und es fehlt eine Neukonzeption für den Schulsport aller 16 Länder.
Leider unterschätzen auch viele Eltern ihre Verantwortung für die Gesundheit, für die Persönlichkeitsentwicklung, für die Fitness, die soziale und auch die natürliche Intelligenz ihrer Kinder. Deshalb gilt dieser Aufruf auch der regelmäßigen sportlichen Betätigung ihrer Kinder, mehr Bewegung und dem Barfußlaufen schon vor und nach dem Kindergarten und „mehr Sport“ sofort mit Beginn der Schulzeit, am besten in der Schule und in einem Verein.
Auch wenn wir es inzwischen normal finden das Medaillen, Erfolge bei DM und Spitzenplätze für Sponsoren und öffentliche Geldgeber die Anreize für „Spenden“ sind, wäre es jetzt an der Zeit auch Geld im Kindersport der Vereine „gewinnbringend anzulegen“
Mehr Bewegung in Schulen und Vereinen würde Millionen helfen
Durch eine Studie des Robert-Koch-Instituts wurde öffentlich das mindestens jedes 7. deutsche Kind übergewichtig bis fettleibig ist und dass sich Jungen und Mädchen mehr bewegen müssen. Dazu hat die AOK analysiert das sich inzwischen nur noch 10 % ausreichend bewegen. Da würde vor allem mehr Sport helfen. Die WHO empfiehlt Kindern mindestens eine Stunde aktive Bewegung pro Tag.
H.J. Kahl, der Sprecher der deutschen Kinder- und Jugendärzte mahnte: „da sind auch die Schulen, Kitas und die Eltern in der Pflicht“ und forderte „ein härteres Eingreifen auch der Politik“.
Unsere Kinder sind also zu oft übergewichtig, träge, haben mangelhaft entwickelte Muskeln und leiden unter Bewegungsmangel, und mit dem Smartphone geht es weiter sichtbar bergab. Damit Kinder ein gesundes Leben und förderlichen Lebensstil erlangen, später im Beruf belastbar sind, gesund das Rentenalter erreichen, brauchen sie zuerst qualifizierte Trainer und Betreuer mit spezieller Fachkompetenz in der Arbeit mit Kindern, jetzt.
In unserem Sozialsystem darf aber nicht länger erwartet werden das solche Fachkräfte, Kinder-Trainer, ohne Finanzierung weiterhin „umsonst“, nur für die Ehre, arbeiten. Deutschland braucht endlich eine Wende im Kinder- und Schulsport der 6-10jährigen
Deshalb sollen an dieser Stelle einmal die Eltern aufgerufen werden in ihrer Region, in der Stadt oder der Gemeinde die Stadt-, Kreis- oder Landessportbünde, aber auch die Direktoren in den Schulen „energisch zu bedrängen“ sich dieser großen, zu lange vernachlässigten Aufgabe anzunehmen und Abhilfe in den Vereinen und Schulen zu schaffen, nicht nur zum Wohle ihrer Kinder, sondern auch der Zukunft unseres Landes.
Vielleicht liest auch der Bundesinnenminister einmal über unsere Sorgen.
Lothar Pöhlitz
*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 1971- 1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums Lauf / Gehen beim DVfL / DLV-Bundes-trainer 1980 – 1998 i. R. / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule – seit 2006 LeichtathletikCoaching-Academy