Welcher Puls ist gut, welcher normal oder gar gefährlich? Foto: DATASPORT
Welcher Puls ist normal? DATASPORT
Wer sich intensiv bewegt, benötigt mehr Sauerstoff und beschleunigt damit seinen Herzschlag. Doch welcher Puls ist gut, welcher normal oder gar gefährlich?
Quizfrage: Zwei gleich schwere, gleich grosse und gleich alte Frauen mit der gleichen Bestzeit über 10 Kilometer gehen zusammen joggen. Haben sie auch den gleichen Puls, wenn sie zusammen unterwegs sind?
Natürlich nicht, wirst du einwenden – und hast selbstverständlich Recht. Denn der menschliche Herzschlag ist so individuell wie der Träger des Herzens. Entsprechend sagt der Puls eines Menschen noch wenig über seine Leistungsfähigkeit aus. Ausser man vergleicht seine eigenen Werte miteinander.
Doch der Reihe nach.
Zahlenspielereien
Im Ausdauersport geistern immer wieder Zahlenformeln herum zu Pulswerten. Der Maximalpuls sei 220 minus Alter beispielsweise. Tatsächlich ist diese Formel keine schlechte Annäherung an den Maximalpuls, beinhaltet sie doch den Fakt, dass der Maximalpuls mit zunehmendem Alter absinkt. In jungen Jahren kann er leicht bis auf 220 ansteigen, im Alter fällt er aber deutlich ab und bewegt sich bei den meisten irgendwo zwischen 160 und 180.
Dass eine Faustformel immer nur eine Annäherung ist, zeigt das Beispiel, wie sie zustande kommt. Beim Maximalpuls hat man einfach eine bestimmte Zahl von Pulswerten als Referenz genommen, den Durchschnitt ermittelt und nach einer Formel gesucht, die diesem Durchschnitt am nächsten kommt. Wenn also tausend Leute einen Maximalpuls von 190 haben und 1000 einen von 170, dann ist der Mittelwert 180 – und bei allen 2000 zwar recht nah am realen Wert, aber eben doch nicht richtig.
Ganzes Spektrum ausnutzen
Grundsätzlich geht es im Ausdauersport darum, die ganze Bandbreite des menschlichen Herzschlages auszunutzen vom Ruhepuls im Schlaf bis zum Maximalpuls unter starker Belastung. Normalerweise liegt dieses Spektrum bei gut ausdauertrainierten Sportlern zwischen etwa 50 bis wie bereits erwähnt über 200. Ein gesundes Herz kann man willentlich kaum überlasten, es ist daher nicht gefährlich, in einem Wettkampf an seine persönlichen Grenzen zu gehen.
Je öfters das menschliche Herz belastet wird, desto leistungsfähiger wird es und vermag pro Schlag mehr Sauerstoff durch den Körper zu pumpen. Als Folge sinkt der Ruhepuls ab. Entsprechend besitzen sportliche und aktive Menschen einen meist tieferen Ruhepuls als Raucher und inaktive (sowie übergewichtige) Menschen, bei denen der Ruhepuls bis 90 Schläge pro Minute ansteigen kann. Was natürlich auch bedeutet, dass das Herz des Sportlers im Alltag viel weniger arbeiten muss als dasjenige eines inaktiven Menschen. Man rechne: 40 Schläge Unterschied pro Minute bedeuten 2400 Schläge Differenz pro Stunde und sage und schreibe 57600 Schläge mehr pro Tag, die das untrainierte Herz leisten muss! Und selbst wenn der Sportler oder die Sportlerin täglich eine Stunde Sport treibt mit Puls 150 und so rund 9000 Schläge zusätzlich leistet, liegt die tägliche Gesamtzahl rund 50000 Herzschläge unter derjenigen des Nichtsportlers.
Maximalpuls als Richtwert
Das ganze Spektrum des Herzschlags auszunutzen, bedeutet im Sport, mit unterschiedlichen Intensitäten zu trainieren. Trainings im Langzeitbereich (Dauerläufe, Ausfahrten auf dem Rad) ?nden meist im Bereiche von 110 bis 150 Schlägen statt, bei kürzeren und intensiven Einheiten schnellt der Puls entsprechend höher. Als Richtwert zur Bestimmung der einzelnen Intensitäten hat sich in der Praxis der Maximalpuls als guter Anhaltspunkt erwiesen. Ausgehend vom Maximalpuls können verschiedene Leistungsbereiche definiert werden (z. B. 90% vom MaxPuls, 80%, 70% usw.)
Du weisst nicht, wie hoch dein Maximalpuls liegt? Dann versuch folgendes: Erhöhe nach einem zehnminütigen Einlaufen oder Einfahren auf einer leichten und regelmässigen Steigung von rund zwei bis drei Minuten das Tempo derart, dass die letzte Minute maximal schnell ist. Und miss am Ende dieser letzten Minute deinen Puls. Aber Achtung: Beim Ermitteln des Maximalpulses ist bei Untrainierten Vorsicht angebracht. Wenn du über 40 und/oder noch nicht trainiert bist, solltest du zuerst einen ärztlichen Check durchführen lassen.
Beträchtliche Tagesschwankung
Und noch etwas solltest du bezüglich Pulswerten beachten: Dein Puls ist nicht in jeder Situation immer gleich, sondern variiert von Tag zu Tag in einem gewissen Masse. Es ist daher sehr interessant zu beobachten, wie sich der Puls bei einzelnen Tätigkeiten verändert oder wie hoch beispielsweise der Puls jeweils nach dem Aufstehen ist. Erhöhte Pulswerte am Morgen können auf einen möglichen Infekt oder ungenügende Erholung hinweisen ebenso wie ein gegenüber normalen Werten erhöhter Puls bei gleicher Geschwindigkeit. Ein Maximalpuls ist zudem auch davon abhängig, wie stark man sich ans Limit pushen kann und in welcher Sportart man ihn misst. Der gleiche Sportler hat im Schwimmen nicht den gleichen Maximalpuls wie im Laufen oder Radfahren.
Im Wettkampf ist zusätzlich noch einmal alles anders. Aufgrund der Nervosität ist es gut möglich, dass im Wettkampf deine Pulswerte höher liegen als gewohnt. Zudem haben auch Aussentemperatur, Streckentopografie und Tagesform einen Einfluss auf die Herzfrequenz. Pulswerte beziehungsweise Pulslimiten können dem Anfänger zwar helfen, in der Anfangsphase eines Wettkampfes nicht zu schnell loszulaufen. Ebenso sinnvoll kann es aber sein, auf sein Gefühl zu hören und ohne Pulskontrolle zu laufen. Die Daten aufzeichnen kann man ja trotzdem, denn sie bringen wichtige Erkenntnisse und zeigen, ob das Gefühl trügt.
Gut möglich, dass dieses bei unseren beiden eingangs erwähnten Frauen auch gleich ist, wenn sie beim nächsten Wettkampf dieselbe Zeit erreichen. Aber ebenso wahrscheinlich ist, dass die eine dabei mit einem ganz anderen Puls unterwegs ist als die andere.
Quelle: DATASPORT – Dieser Artikel wird präsentiert von
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