(v.li.): Moses Tanui – Yobes Ondieki – Moses Kiptanui - Foto: Jürg Wirz
Vor 25 Jahren – 1993 lief Yobes Ondieki mit 26:58,38 10000 m–Weltrekord – Lothar Pöhlitz
© Lothar Pöhlitz* – Nun ist es schon 26 Jahre her, seit der damals 32jährige Kenianer Yobes Ondieki im Sommer 1993 in Oslo mit 26:58,38 die 10000 m als Erster unter 27 Minuten schaffte.
Bis Ende 2018 wurde diese Marke von Läufern bereits 101 x unterboten. Der deutsche 10000 m Rekord von 27:21,5 wurde am 5.4.1997 von Dieter Baumann aufgestellt.
So schnelllebig wie die Zeit ist, wird sich unser Läufernachwuchs kaum noch an diesen großen Namen erinnern. Ich traf ihn damals in Mexico beim Höhentraining in den Bergen um Toluca zusammen mit seiner damaligen Frau, der Australierin Lisa Martin–Ondieki, die 1988 in Osaka mit 2:23:51 eine Top-Marathonzeit erreichte, die bei den „Olympics“ in Seoul hinter Rosa Mota Silber gewann und 1992 in Helsinki auch über 10000 m mit 31:11,72 in die Weltspitze lief.
Natürlich profitierte sie von dieser Partnerschaft, äußerte später aber auch einmal, dass die Härte des Yobes auch zu manchen Fehlern führte. In der Tat, er war damals schon für harte, anspruchsvolle Trainingseinheiten, für ein Training auf hohem Niveau bekannt. Er wollte es wissen, schrieb Sportgeschichte und fand viele Nachahmer. Später wurde er Trainer in seinem eigenen Trainingszentrum in der Höhenlage um Iten.
Seit er 1987 bei 13:35,5 angekommen war verfolgte er ganzjährig seine Ziele durch mehr Quantität im Qualitätstraining. Schon zwei Jahre später waren 13:04,24 der Lohn. 1991 wurde er in Tokio mit Bestzeit 13:01,82 Weltmeister über 5000 m. 1992 lief er in Köln Bestzeit über 3000 m: 7:34,18 – Weltrekord verfehlt. 1994 Halb-marathon in 1:01:41.
Auch bei den Olympischen Spielen in Barcelona konnte er seine Goldträume über 5000 m nicht erfüllen. Dieter Baumann stahl ihm die Show, im Spurt wurde Ondieki nur fünfter. Das führte dazu, dass er sich neue Ziele vornahm, die 10000 m. Bereits im folgenden Winter war klar, Weltrekord über 10000 m war das neue Ziel. Und schon im Sommer stieg er aufs Denkmal:
Erster Mensch unter 27 Minuten nach 13:28 bei 5000 m, folgten 13:30 – Weltrekord: 26:58,38.
Höhentraining, Arbeit und Trainingsqualität waren die Geheimnisse
Und seine Geheimnisse? Nix Geheimnisse, immer waren welche in der Nähe, in den Höhen des Rift Valley rund um Eldoret (KEN), im Höhentraining in Mexico (bis 3000 m), Flagstaff (USA) und in St.Moritz wo er seine unmittelbare Vorbereitung auf diesen alles entscheidenden 10er absolvierte. Ondieki und Lisa waren öffentliche Personen und ließen auch schon einmal einen Blick hinter die Kulissen zu, vielleicht auch in der Überzeugung, dass es „Nachahmern“ schwer fallen würde eine solche Trainingsqualität zu erreichen.
Beispielprogramme aus der „Arbeit der Ondiekis“
Trotzdem ist es immer sinnvoll der jungen und aktuellen Langstrecken Generation, den 10000 m – Spezialisten aus meinem umfangreichen Archiv einmal 8 bekannt gewordene anspruchsvolle Beispielprogramme aus „der Arbeit der Ondiekis“ von vor etwa 25 Jahren zu präsentieren.
In der Phase der Weltrekordvorbereitung bestand das Ziel darin, immer wieder Tempolaufprogramme zu absolvieren, die im Umfang und in der geplanten Zielgeschwindigkeit (27:05) den Wettkampfanforderungen nahe waren. Dabei soll vorausgeschickt werden, dass ein großer Teil dieser Belastungen im Höhentraining zwischen 1800 – 3000 m absolviert wurde und solche Programme erst nach einem etwa 10jährigen Trainingsaufbau möglich waren.
Es wäre toll, wenn sie bei dem einem oder der anderen wenigstens eine vorbildhafte Wirkung im Sinne einer individuellen Umfangs – und Intensitätssteigerung auf dem Wege zu neuen Ufern auslösen würden.
- Trainingsumfang um 200 km / Woche, bei in der Regel 2 TE täglich
- „Long Jogs“ um 2 Stunden – Lisa Ondieki: DL um 38 km
- 10 – 16 km DL – „hart“
- 20 – 30 km in ~ 3:40-50 min./km
Ganzjährig waren Tempoläufe / Berganläufe 2 – 3 x wöchentlich im Programm
- 25 – 30 x 400 m (~ 65“), Tp: 45-60“ (Zielgeschwindigkeit 10000 m)
- 6 – 8 x 1 Meile (~ 4:30 entspricht 2:48 über 1000 m), Tp: 2´
- 6 – 10 x 1000 m (~ 2:45), Tp: 400 m / 2´
- 2 – 3 x 10 x 200 m Tp: 30“ – Lisa Ondieki bis 40 x 200 m
Lothar Pöhlitz
—————————————————————————————————————- *Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport/Sportwissenschaftler/1971- 1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums Lauf / Gehen beim DVfL / DLV-Bundestrainer 1980 – 1998 i. R. / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule – seit 2006 Leichtathletik Coaching-Academy