Die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren mindert das Risiko von Infekten um 11 Prozent. - Universität Zürich-UZH - Istock.com/bbbrrn
Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren fördern Gesundheit in Untergruppen von aktiven älteren Menschen
Die DO-HEALTH-Studie unter Leitung der Zürcher Altersmedizinerin Prof. Heike Bischoff-Ferrari untersucht den Effekt von einfachen Massnahmen auf die Gesundheit von gesunden Erwachsenen im Alter von 70+.
Die erste Auswertung zeigt keine signifikante Verbesserung in Bezug auf Knochenbrüche, Bein- und Gedächtnisfunktion durch die Einnahme von Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Krafttraining. Bestimmte Gruppen könnten aber dennoch profitieren.
Im Jahr 2030 wird in Europa einer von drei Menschen über 65 Jahre alt sein. Sie alle wünschen sich, das Leben aktiv bis ins hohe Alter geniessen zu können. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist der Erhalt der körperlichen und geistigen Gesundheit.
Gesucht: Einfache und kostengünstige Prävention
Die im letzten Jahr publizierte VITAL-Studie aus den USA wies darauf hin, dass Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren das Risiko von neuen Krebserkrankungen und grossen Herz-Kreislaufereignissen bei 50-Jährigen nicht reduzieren können. Die grösste europäische Altersstudie DO-HEALTH fokussiert nun auf die Wirkung dieser Supplemente auf den Alterungsprozess. Das von der EU finanzierte Projekt steht unter Leitung von Heike A. Bischoff-Ferrari, Professorin für Geriatrie und Altersforschung der Universität Zürich, Klinikdirektorin des Universitätsspitals Zürich sowie Chefärztin der Universitären Klinik für Akutgeriatrie am Stadtspital Waid und Triemli.
Die nun vom internationalen Studienteam veröffentlichte erste Auswertung der dreijährigen Datenerhebung zeigte keine Effekte bezüglich Bein- und Gedächtnisfunktion sowie Knochenbrüche. In vordefinierten Untergruppen zeigte die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D im Vergleich zur Kontrollgruppe grössere Vorteile bei der Verminderung von Infekten und dem systolischen Blutdruck.
Grösste randomisierte, doppelblinde Altersstudie
Für die Studie rekrutierten die Forschenden 2157 relativ gesunde zu Hause lebende Erwachsene im Alter von 70+, ohne wesentliche Vorerkrankungen. Etwa die Hälfte davon stammte aus der Schweiz, die übrigen aus Österreich, Deutschland, Frankreich und Portugal.
Die Teilnehmenden wurden zufällig in acht Gruppen eingeteilt und erhielten entweder keine, eine, zwei oder alle drei der folgenden Interventionen: Einnahme von einem Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag, Einnahme von 2000 Internationalen Einheiten (IE) Vitamin D3 pro Tag und/oder ein einfaches Krafttraining für zu Hause. Weder den Studienzentren noch den Versuchspersonen war die Gruppenzugehörigkeit bekannt. Die Kontrollgruppen erhielten Präparate ohne Wirkstoffe (Placebos) und führten ein Kontroll-Training für Gelenk-Mobilität durch.
Während drei Jahren erfassten die sieben europäischen Studienzentren in umfassenden Ganz-Tages-Visiten jährlich den gesundheitlichen und funktionellen Zustand der Teilnehmenden. Zusätzlich gab es alle drei Monate ausführliche Telefonbefragungen. Untersucht wurden zum Beispiel Knochen- und Muskeldichte, Blutdruck, das Gedächtnis, Geschwindigkeit beim Gehen sowie wichtige Biomarker. Protokolliert wurden zudem Ereignisse wie neue Erkrankungen, Infekte, Stürze, Arztbesuche und Spitalaufenthalte.
Massgebliche positive Effekte nur in Untergruppen
«Die Resultate legen nahe, dass zusätzliches Vitamin D und Omega 3-Einnahmen bei aktiven über 70-Jährigen ohne Vorerkrankungen keine Vorteile für das Knochenbruchrisiko, die Muskeln und Gedächtnisfunktion bringen. Wir vermuten jedoch einen Zusammenhang mit Infekten, wie es auch Covid-19 einer ist», so Bischoff-Ferrari.
Omega-3-Fettsäuren senkten das Risiko von Infekten total 11 Prozent – besonders im Bereich der oberen Atemwege (10 Prozent) und Harnwege (62 Prozent). Vitamin D senkte den systolischen Blutdruck bei Männern um 2.5 mmHg und das Risiko von jeglicher Infektion bei den jüngeren Teilnehmern (70-74 Jahre) um 16 Prozent. «Angesichts der Sicherheit und Erschwinglichkeit der Supplemente sowie der hohen Sterblichkeit durch Infektionen bei älteren Erwachsenen haben diese Ergebnisse eine Relevanz für die Volksgesundheit», so Bischoff-Ferrari. Auch der geschlechtsspezifische Effekt von Vitamin D auf die Senkung des systolischen Blutdrucks gebühre einer weiteren Untersuchung.
Ergebnisse richtig einordnen
Das Studienteam führt die fehlenden Effekte bezogen auf Knochenbrüche, und Muskelfunktion und Gedächtnisfunktion auf den relativ guten Gesundheitszustand der Teilnehmenden zurück. Die Allermeisten waren regelmässig sportlich aktiv und etwa die Hälfte sogenannte «Healthy Ager» ohne Grunderkrankungen und ohne Vitamin-D-Mangel. Auch durften alle neben der Studienmedikation zusätzlich 800 IE Vitamin D täglich einnehmen. «Daher stellen die Resultate die heutigen Empfehlungen des BAG bezüglich Vitamin-D-Supplementation bei älteren Erwachsenen mit Vitamin-D-Mangel und Sturzrisiko nicht in Frage – ebenso die belegte präventive Wirkung von Trainingsprogrammen», so Bischoff-Ferrari.
Einzigartige Datenbank für die Altersforschung
Das Studienteam erwartet nun als nächstes die Resultate der DO-HEALTH-Interventionen bezogen auf die Prävention von Krebserkrankungen, den Cholesterinspiegel, Herz-Kreislauferkrankungen, Stürze, Gebrechlichkeit und Gesundheitskosten. «Dann können wir die umfängliche Rolle der Supplemente in der präventiven Altersmedizin beurteilen», sagt Bischoff-Ferrari.
Die umfangreichen Daten und Biobank der DO-HEALTH Studie sollen in Zukunft ausserdem dabei helfen, den Alterungsprozess und Krankheitsrisiken für jeden Menschen individuell und frühzeitig abzuschätzen, mit dem Ziel einer personalisierten Prävention. «Letztendlich soll DO-HEALTH mehr Menschen ermöglichen, gesund und aktiv älter zu werden», so Bischoff-Ferrari.
Literatur:
Heike A. Bischoff-Ferrari et all. for the DO-HEALTH Research Group. Effect of Vitamin D Supplementation, Omega-3 Fatty Acid Supplementation, or a Strength-Training Exercise Program on Clinical Outcomes in Older Adults. The DO-HEALTH Randomized Clinical Trial. JAMA, 10. November 2020. Doi: 10.1001/jama.2020.16909
Quelle: Universität Zürich – UZH