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27
10
2018

Mit komplexen Training kann man schneller Laufen – in jedem Alter - Foto: Lothar Pöhlitz

Versäumtes jetzt in 3-4 Monaten aufarbeiten, egal wie alt, egal wie schnell. Von Lothar Pöhlitz

By GRR 0

© Lothar PöhlitzGlücklicherweise hat es sich schon verändert. Zu lange Zeit glaubten Läufer vor allem mit täglichen, am besten nicht so schnellen Dauerlauf immer länger, ihre Grundlagenausdauer oder ihre Schwelle zu verbessern.

Scheinbar folgen sie auch heute noch der van Aaken-Theorie vom langsamen langen Laufen durch den Wald, der selbst gern übersah das seine Besten ihre guten Ergebnisse den heimlichen schnellen Tempoläufen im Wald verdankten. Auch glauben derzeit noch immer zu viele das Krafttraining etwas für Werfer ist.

Nicht nur die älteren gehen gern gemeinsam joggen und glauben nicht das hilfreiches Koordinationstraining, die Gymnastik, Kraft oder auch Rasendiagonalen schneller machen als Leerkilometer.

Spätestens beim nächsten Test oder Wettkampf kann man dann die Enttäuschung erleben, wenn sich die aerobe 3 mmol/l Laktatschwelle oder die V02max nicht oder nur gering verbessert haben und die Kraft für schnellere Beinarbeit fehlte. Auch Trainer glaubten jahrelang das man für den aeroben Fortschritt 3 mmol/l Laktat nicht überschreiten dürfe. Selbst im Leistungstraining wachten sie akribisch darüber, machten Laktatkontrollen und vernachlässigten das Laufen im aerob-anaeroben Übergang bis 6-7 mmol/ Laktat, das schneller ist als „joggen“.

Nicht nur die U18-EM und U20-WM haben gezeigt wie wichtig auch mehr Wettkampferfahrung ist und dass die Dichte von VL – HF und F, die überhöhten Startabschnitte und die Endphasen demnächst in der Ausbildung eine größere Rolle spielen müssen.

Mit komplexen Training kann man schneller Laufen – in jedem Alter

Nicht nur im Lauf-Nachwuchstraining sind die 3 Stoffwechselwege aerob, aerob-anaerob, anaerob-alaktazid in entsprechend notwendigen Intensitäten und Umfängen zur Sicherung der später angestrebten Leistungen auszubilden. Für persönliche Bestleistungen ist es nie zu spät, viele Senioren beweisen das. Schon im Herbst / Winter bestimmt die Zielstrecke das Training, für alle aber ist „Qualität“ auch im Unterdistanz- und Überdistanztraining das Schlüsselwort. Dabei darf es zweimal in der Woche ruhig etwas härter oder richtig hart sein.

Auf den Sommer vorzubereiten – erfordert im Winter zu investieren, in alle an der Leistung beteiligten Systeme des Organismus. Systematisch aufbauend, für Bahnläufer am besten in komplexen Trainingseinheiten in denen für die die nur 6-7x trainieren können, mindestens 2, besser 3 Aufgaben in 3 x 40 Minuten zu trainieren sind. Und zweimal pro Woche, in den wichtigen Trainingseinheiten „härter als bisher“

Jetzt das persönliche Level verbessern, durch Basis-Investitionsmonate G

Oktober – Dezember und noch einmal der März sind die 3-4 wichtigsten Basis- Investitionsmonate des Jahres, wenn neue verbesserte Grundlagen das nachfolgende, zunehmend spezifische Training reizwirksamer machen sollen. Vielleicht sollte der eine oder die andere sogar über mehr als 3 Monate „neues Basistraining“ nachdenken, wenn sie mit den Wettkampf-Ergebnissen nicht zufrieden waren oder längere Verletzungspausen viel Trainingsausfall mit sich brachten. Am besten wäre ein mehr komplexes, aber qualitativ wirksames Training, in dem in den vielleicht öfter 2 Stunden-Trainingseinheiten immer mehrere Aufgaben gelöst werden.

Zuerst wird ein neuer Organisations – Wochenplan erstellt, weil man für mehr Training und bessere Physiotherapie auch mehr Zeit freischaufeln muß. Vielleicht klappt es nun doch mit den 2 zusätzlichen 60 Minuten „before brackfast crescendo-runs“ oder den 2 regelmäßigen 30-45 Minuten abends um die Ganzkörper-Kraftdefizite zu minimieren. Sie wissen schon, die „UMO“-Kraft für stärkere Füße, das „Zentrum“ und den Oberkörper.

Ein Einlaufprogramm mit Gymnastik, Koordination, Kleinen Sprüngen und STL

Wenn möglich 3x wöchentlich wird mehr Gelenk-Beweglichkeit (dynamische Dehn- und Lockerungsprogramme, Gymnastik) und die Verbesserung der Bewegungs-koordination (Lauf-ABC) zum Wohle der Lauftechnik in den 20-30 Minuten in Vorbereitung auf Tempolaufprogramme „richtig trainiert“. Noch 4 Steigerungsläufe (120-100-80-60 m) immer schneller sorgen dafür, dass man sich nicht erst bei den ersten Läufen eines Programms „warmlaufen muß“. Auch mehr Qualität im Einlauf“programm“ verbessert bereits die Grundvoraussetzungen.

Die nachfolgenden zur Auswahl angebotenen Aufgaben sollen nicht mehr Spaß oder Abwechslung ins Training bringen, sondern das Training wirksamer im Sinne eines spürbaren Geschwindigkeitsgewinns zugunsten des nächsten Sommers machen

DL-2 – Mittlerer Dauerlauf und / oder DL-crescendo

Von Beginn an werden in 2 DL-Trainingseinheiten der Woche (vielleicht auf einer Standardrunde auf der man im Frühjahr dann 45 – 50 Minuten oder 15 km in neuer Qualität schafft) zunächst kurze (2-4 km), mit steigenden Leistungsgewinn, immer längere (6-8 km) DL-Abschnitte in mittlerer Intensität eingefügt oder auch im Wechsel mit DL-crescendo, beispielsweise über 12 km (4 km DL-1 + 4 km DL-2 + 4 km ansteigend schneller). Dieser „crescendo auf dem Mittelfuß“ soll im Verlauf der Wochen immer mehr verlängert und in der jeweiligen Endphase schneller gestaltet werden.

Während Schnellkraft-Talente Erfolge auch mit weniger Kilometern und kürzeren, schnelleren DL- bzw. TL-Strecken haben, braucht der Ausdauer-Typ mehr und längere Kilometer für ein hohes aerobes Niveau und die Entwicklung der V02max. Alle brauchen aber mehr spezielle Kraft.

1 x wöchentlich ein Gelände- oder Waldlauf im profilierten Gelände und auf wechselnden Untergründen zur Fuß- und Fußgelenkskräftigung, mit bewussten Schrittlängen-, und Schrittfrequenzwechsel entsprechend örtlicher Gegebenheiten, dabei auch mal den Rücken-  oder Gegenwind nutzen – danach aber das Fußbad oder die Fußmassage nicht vergessen.

50 – 75 Minuten Fahrtspiele im wöchentlichen Wechsel ein Fahrtspiel mit kurzen und langen Teilstrecken schneller (Kurz = 1´- 3´ Minuten mit gleichlanger Laufpause / Lang = 4´-7´mit halber Laufpause) oder auch als „Freies FS“ nach individueller freier Gestaltung.

Rasendiagonalen oder Steigerungsläufe oder 100er mit Tp.

An DL-Tagen mit niedriger bis mittlerer Intensität haben sich anschließende 12-16 Rasendiagonalen oder Steigerungsläufe – auch zur Technikschulung – nach einer 10-15 Minuten Gymnastikpause sehr bewährt. Die Anzahl (2-3-4 x 5-6) wird vom Ausbildungs-Stand, Trainingsalter und Zeitraum der Aufbauphase bestimmt.

Kraft – Bergantraining – Tempotraining

Das Zieltempo für die kurze oder lange Wettkampfzielstrecke bestimmt das wettkampfnahe Tempo bergan, davon hängen natürlich auch die Anforderungen an die Kraft für den Vortrieb, die Abdruckkraft aus den Füssen und Fußgelenken, die Stärke des Kniehubs, die Entspannungsfähigkeit der Unterschenkel, die mögliche Geschwindigkeit der Armunterstützung und die Qualität der Lauftechnik ab. Neben der „UMO-Athletik“ sind Gewichtsarbeit für eine starke, schlanke Ganzkörpermuskulatur, Berganläufe im Renntempo, zunächst Kraftausdauer- später Schnellkraftsprünge technisch sauber und systematisch im Jahr integriert, Mittel zum Zweck.

Die Beine können nur das tun was das „Zentrum“ ermöglicht

Das spezifische Krafttraining für Läufer hat eine größere Bedeutung als oft beobachtet. Modernes Krafttraining zielt auf Kraftgewinn durch weniger schnellere Wiederholungen bei steigenden Gewichten, eine starke, schlanke Ganzkörper-Muskulatur – für eine schnellere Wettkampf- und Unterdistanzleistungsfähigkeit. Dazu sind 2 x wöchentlich 30-45 Minuten in Kombination mit anderen Trainingsformen, auch im Anschluss an DL-1 sehr hilfreich.

Berganläufe (50-200 m) sollten als wettkampfspezifisches Training schnell, d.h. nahe der Wettkampfgeschwindigkeit mit Trabpausen gestaltet werden. Unterdistanzziele verlangen Geschwindigkeiten um mindestens 10 % schneller als das Renntempo.

Mit Bergantraining bereitet man bis etwa Mitte November das dann folgende Tempolauftraining, schwerpunktmäßig im TL-2 – wochenweise im Wechsel zwischen 1-3 Minuten bzw. 4-7 Minuten mit je ½ Trab-/Laufpausen – vor.

So könnte eine komplexe Woche beispielsweise aussehen:

  Montag        Dienstag       Mittwoch      Donnerstag       Freitag    Samstag      Sonntag

 DL1             S / FS / TL       DL-1/2            DL-2 od.          DL-1            S / FS / TL   DL lang              +   Kraft               BAL                STL                 DL-cresc.         + Kraft          BAL

* Die 2 harten TE am besten Dienstag und Samstag

Ernährung, Schlaf und Regeneration sind für den Erfolg wichtig –  sie verhindern das der Organismus auf Betriebsstörung schaltet

Dem Wissen um Stoffwechsel, Grundumsatz, Regeneration und der Bedeutung  des Schlafs für die Leistungsentwicklung wird zu selten die notwendige Bedeutung beigemessen. Es wird zu wenig beachtet welche Prozesse im Organismus unmittelbar nach Trainings- oder Wettkampfende, in den nächsten 2 Stunden oder nachts für den Muskel- und Knochenaufbau ablaufen, das „die Trainingsreize des Tages auch in der Nacht zum Muskelaufbau verarbeitet werden, motorische Fähigkeiten nachts angelegt werden – vorausgesetzt sie wurden tagsüber erlernt, dass das Wachstumshormon nachts ausgeschüttet wird und die Reparatur von Schäden und „die Müllabfuhr im Gehirn“ auch im Schlaf funktionieren – wenn das Gehirn die notwendigen Stunden dafür offline gestellt wird.“ (Dr. Michael Feld im KStA. vom 29.9.2015).

Fisch, Huhn, rotes Fleisch, Gemüse, Voll-Ei, Molke-Eiweiß, Quark, Käse, Voll-Milch, Kakao, Getreide/Brot, Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Linsen) Nüsse sind u.a. hochwertige Proteinauffüller. (siehe auch LCA vom 7.4.2017)

„Die meisten machen es falsch und sparen am Essen, vor allem frühstücken sie nicht oder schlecht. Der Körper braucht aber morgens Fett und Kohlenhydrate um den Energiehaushalt für den Tag zu stabilisieren, Organe und Gehirn gut zu versorgen. So lässt nicht nur tagsüber, im Nachmittags- oder Abendtraining die Leistungsfähigkeit nach, sondern auch in der Nacht fährt das perfekt ausgeklügelte System des Körpers auf Betriebsstörung.

Nicht nur Hirn und Darm, auch die Muskeln gehören zu den Nachtarbeitern. Sie benötigen aber viel Eiweiß in den Schlafstunden um zerstörtes Bindegewebe zu reparieren und Eiweiß-Strukturen zu nähen die gerissen sind“ (Dr. Ingo Froböse DSHS Köln).

Lothar Pöhlitz

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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler – DLV-Bundes-trainer 1980 – 1998 i. R. / Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährige Lehre an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule

Siehe auch: 

 

 

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