Eliud Kipchoge - Photo: Virgin Money London Marathon
Und nun das Wetter: Bei nur fünf Grad bricht Kipchoge ein und der Weltmeister verliert auf dem Zielstrich – Von KLAUS BLUME
Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall. Sagen sie im Norden. Also: In den Ardennen stieg gestern das Thermometer nicht über fünf Grad. Dazu regnete es und der kalte Wind kam ständig von vorne.
Das rechte Schietwetter beim ältesten Radrennen der Welt (seit 1876) – zu fahren von Lüttich nach Bastogne und zurück. Und so richtig gefiel das nach 258 Kilometern dem slowenischen Überflieger Primoz Roglic, der im Sprint den französischen Weltmeister Julien Alaphilippe schlug.
Fünf Grad, Nieselregen und Seitenwind – das mochte beim London Marathon im abgesperrten St.- James-Park niemand. Und am wenigsten der kenianische Weltrekordler Eliud Kipchoge, der als Achter völlig einbrach. Am ehesten kam der 24jährige Äthiopier Shura Kitata durch dieses Wetter, der 24jährige Sieger.
Der Rad-Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich und der London Marathon kollidierten sonst immer im Frühjahr miteinander.
Wie schon vor 20 Jahren, als der italienische Weltmeister Paolo Bettini auf der Straße nach Bastogne mit 65 Sachen in den ersten Berg hinein bretterte und hinterher behauptete, er sei nie so schnell mit dem Fahrrad einen Berg hinauf gefahren. Es war just an jenem Tag, an dem sich Tegla Loroupe vorgenommen hatte, in London den Marathon-Weltrekord zu brechen.
Also rief ich sie nach ihrem Rennen von Lüttich aus in London an. Wollte ihr zum Sieg gratulieren und sie gleichsam trösten, weil es mit dem Rekord nicht geklappt hatte. Doch die sonst eher zurück haltende Tegla war auf Zinne! Und ich ihr erster Blitzableiter. „Three seconds under the time“ sei sie unterwegs gewesen; doch eine Windböe habe sie förmlich von der Straße getragen, übertrieb sie dann in kenianischer Manier. Ich versuchte, sie zu bremsen und riet: Bestell‘ dir doch erst mal einen heißen Tee! Tee? Tee könnten diese Engländer auch nicht kochen, höhnte sie am anderen Ende. „Die nehmen dafür Wasser, statt Milch. Wer macht denn so was?“
Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall.
Bernard Hinault war 1980 schon weltberühmt – auch für seinen bretonischen Dickkopf. Er hatte zweimal die Tour de France gewonnen, doch die Ardennen-Klassiker immer gemieden. Wenn ich behauptete, das seien die schwersten Rennen der Welt, dort müsse man sich beweisen, tat er meinen Einwand mit der Ansicht – oder Ausrede? – ab: „Alles nur Zirkus-Veranstaltungen.“ 1980 kam er dann doch mit, wollte aber gleich wieder nach Hause, als er das Wetter in den Ardennen beäugte.
Er ist aber doch geblieben und durch einen andauernden Schneeregen auch gleich zum Sieg gefahren. Wie, habe ich deshalb nicht mitgekriegt, weil bei dem Schietwetter das Radio im extra gestellten Auto der Organisation streikte. Es war in der Tat haarsträubend, was sich damals alles dort zutrug; und 1988 hat Laurent Fignon dann die belgischen Veranstalter sogar verklagt. Nun tragen die Tour-Organisatoren den Ardennen-Wahnsinn aus.
Lüttich und London – diese beiden Veranstaltungen, diese klassischen Treffen für Ausdauersportler miteinander zu vergleichen, war stets eine besondere Herausforderung. Auch diesmal.
Es wirkte geradezu gespenstisch, am Sonntag sechs Ostafrikaner durch den verregneten St.James-Park huschen zu sehen – vor allem aber, als der große Eliud Kipchoge am Ende dieses merkwürdigen Rennens einfach den Kontakt zur Spitze abreißen ließ und zum ersten Mal nach sieben Jahren einen Marathon verlor.
Dass es nur am Wetter gelegen habe, wird er uns nicht weismachen können.
Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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klausblume@t-online.de
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