Blog
05
12
2019

Die Cross-EM-Sechste 2018 Elena Burkard bei ihrem Sieg beim Darmstadt-Cross. - Foto: Tomas Ortiz-Fernandez

Um Crosstitel in Lissabon 2019 – Miriam Dattke mit Medaillenchancen im U23-Wettbewerb – Von Wilfried Raatz

By GRR 0

Nach fünf Medaillen im Vorjahr gehen die deutschen Läufer mit einer großen Hypothek in die sieben Wettbewerbe – Der DLV ist mit 26 Athleten am Start (die Briten allerdings mit 40 Athleten/-innen!)– Über 600 Athleten aus 40 Nationen werden in der portugiesischen Hauptstadt erwartet

Über 600 Athleten aus 40 Nationen werden am Sonntag (8. Dezember) bei den 26. SPAR European Cross Country Championships in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon erwartet, darunter auch einige russische Läufer unter neutraler Flagge (Authorised Neutral Athletes).

Portugal ist damit zum dritten Mal nach Oeiras (1997) und Albufeira (2010) Ausrichter der Cross-Europameisterschaften und verfügt über eine lange Tradition im Querfeldeinlaufen, die sich auch mit über 50 Medaillen (darunter 19 Goldmedaillen) in der Tradition der kontinentalen Cross-Meisterschaften niederschlugen.

Die sieben Wettbewerbe werden im Parque de Bela Vista um 10.00 Uhr mit dem Rennen der männlichen U20-Läufer gestartet, zu dem mit 115 Nennungen aus 29 Nationen das größte Teilnehmerfeld ins Rennen über 6.225 m geschickt werden. Den Abschluss bilden die Männer (über 12.225 m) und der Frauen (über 8.225 m), bevor en bloc die Siegerehrungen ab 14.00 Uhr durchgeführt werden.

Bei den letztjährigen Titelkämpfen in Tilburg (Niederlande) gab es für die Mannschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) mit fünf Medaillen mit Gold für die U23-Juniorinnen, Silber für Anna Gehring und Samuel Fitwi und Bronze für die Frauen und U20-Junioren, mit Platz 5 der Nationenwertung eine herausragende Bilanz, die in Lissabon nur schwer zu erreichen sein dürfte. Für die nach den EM-Qualifikationen beim Darmstadt-Cross und in Pforzheim nominierten 26 Athleten des DLV gewiss eine schwere Hypothek. In Tilburg dominierte in der Nationenwertung mit Einzel- und Mannschaftswertung sowie der Mixedstaffel Norwegen dank des „Familienunternehmens Ingebrigtsen“ zur Freude des norwegischen EA-Präsidenten Svein Arne Hansen mit dreimal Gold und einmal Silber vor Frankreich, Türkei, Groß-Britannien – und Deutschland.

Wie stark sind die Brüder Filip und Jakob Ingebrigtsen nach einer kräftezehrenden Saison mit der spät terminierten WM in Doha und Anfang Oktober im Wiener Prater folgenden „Promo-Auftritt“ beim „Sub 2“-Unternehmen von Eliud Kipchoge in Wien? Fakt ist jedenfalls, dass beide als Titelverteidiger der Männer und U20-Junioren an der Startlinie stehen werden. Filip erwies sich im Tilburger Schlamm als spurtstärkster Langstreckler vor dem früheren U23-Cross-Europameister Isaak Kimeli und dem aus Kenia stammenden Türken Aras Kaya. Beide sind übrigens wiederum als Mitfavoriten im Feld der 102 Starter aus 29 Nationen anzusehen, wie übrigens auch der einen Großteil des Jahres im kenianischen Höhencamp Iten lebende Schweizer Julien Wanders, der gebürtige Äthiopier Napoleon Solomon im schwedischen Dress oder der kampfstarke Brite Andrew Butchart.

Für die drei DLV-Starter Simon Boch, Johannes Motschmann und der letztjährige U23-Cross-EM-Zweite Samuel Fitwi hängen die Trauben freilich recht hoch, aber letztlich geht es darum, mit Mut und Kampf eine achtbare Platzierung zu erreichen, die im Verbund besser als Rang elf des Vorjahres bedeutet. Gespannt darf man auf jeden Fall auf Samuel Fitwi sein, der in seinem ersten Männerjahr eine Topplatzierung anzustreben scheint, wie er beim Darmstadt-Cross unmissverständlich andeutete.

Jakob Ingebrigtsen könnte hingegen Historisches schaffen, nämlich zum vierten Mal in Folge den U20-Crosstitel zu gewinnen. Auf der 6.225 m langen Strecke ist im größten Starterfeld der Titelkämpfe gewiss vieles möglich, doch scheint vieles für Jakob schon alleine wegen seiner läuferischen Klasse zu sprechen. Von den Titelträgern der (Bahn-)Meisterschaften in Boras (Schweden) sind alleine Nuno Pereira (1500 m/ Portugal) und Elias Schreml (3000 m) am Start, der übrigens vor Wochenfrist den GRR-Nachwuchs-Förderpreis in Tübingen erhielt.

Wie stark ist das DLV-Team mit zudem Florian Bremm, Dominik Müller, Marius Abele, Paul Specht und Paul Feuerer? Im Vorjahr holten die U20-Junioren hinter Norwegen und Groß-Britannien die Bronzemedaille, nachdem mit Mohamed Mohumed und Nick Jäger zwei deutsche Nachwuchsläufer unter die Top 10 liefen.

Mit einem starken Aufgebot startet der DLV im Wettbewerb der weiblichen U20-Klasse (4.225 m), zu dem 100 Läuferinnen aus 27 Nationen gemeldet sind. Dabei kommt es zu einem Showdown der Europameisterinnen mit Delia Sclabas (1500 m/ Schweiz), Zofia Dudek (3000 m/ Polen), Klara Lukan (Slowenien/ 5000 m) und Paula Schneiders (3000 m Hindernis/ Deutschland). Mit zudem Josina Papenfuß, Antje Pfüller, Anneke Vortmeier, Blanka Dörfel und Olivia Gürth möchte der DLV an die Medaillen-Vielzahl der vergangenen neun (!) Jahre anknüpfen, nachdem im Vorjahr das DLV-Team lediglich auf Platz acht einkam.

Ohne den in Darmstadt so überzeugenden gebürtigen Somalier Ilyas Osman, der bislang noch keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und bereits zu den besten Europäern der Saison zählt, hoffen die deutschen U23-Junioren dennoch auf gute Resultate. In die Fußstapfen des letztjährigen Crosszweiten Samuel Fitwi könnte der Dortmunder Mohamed Mohumed treten, der in Darmstadt schon einmal über die halbe Langstreckendistanz mit Mut für ein hohes Tempo sorgte. Als Favorit geht freilich der EM-Titelverteidiger Jimmy Gressier (Frankreich) ins Rennen, der bei den U23-Europameisterschaften in Gävle (Schweden) sowohl die 5000 m als auch die 10.000 m gewinnen konnte. In den Kampf um die Medaillen bewerben sich zahlreiche Spitzenläufer wie der Franzose Hugo Hay, die beiden Spanier Ignacio Fontes und Abdessamad Oukhelfen oder aber die weiteren Deutschen wie Markus Görger, Aaron Bienenfeld und Nils Voigt, die durchaus auch mit Medaillenchancen in der Mannschaftswertung ins Rennen gehen werden.

Führt bei den U23-Juniorinnen die Titelvergabe auf der 6.225 m langen Crossdistanz nur über die dänische Titelverteidigerin Anna Emilie Moller, die auch bei den Bahn-Titelkämpfen als Europameisterin über 5000 m und 3000 m Hindernis für Furore sorgte?

Miriam Dattke, im Vorjahr mit viel Pech (und einem Spikeschuh) unterwegs und dennoch als achtbare Sechste eine der Garanten für das Mannschaftsgold in dieser Altersklasse, zählt gewiss zu den Medaillenanwärterinnen. Ihre schärfsten Konkurrentinnen dürften Célia Antón (Spanien) und Jasemijn Lau (Niederlande) sein. Im DLV-Aufgebot stehen zudem die beim Darmstadt-Cross qualifizierten Lea Meyer, Lisa Tertsch, Leah Hanle und Sarah Kistner.

Zu einem erneuten Zweikampf zwischen Yasemin Can (Türkei) und der Schweizerin Fabienne Schlumpf sollte es bei den Frauen (8.225 m) in Lissabon kommen, nachdem sich in Tilburg die Türkin mit äthiopischen Wurzeln knapp gegen die Hindernisspezialistin durchsetzen konnte. In den weiteren Medaillenkampf könnten gleich vier Läuferinnen mit Sophie Duarte (Frankreich), Jessica Judd (Groß-Britannien), der zum 16. Mal (!) bei einer Cross-EM startenden Fionnuala McCormack (Irland) und vor allem Karoline Bjerkeli Grovdal (Norwegen), die mit vier Bronzemedaillen ein Abonnement auf Bronze zu haben scheint, eingreifen.

Mit einem überzeugenden Auftritt beim Darmstadt-Cross ist allerdings auch mit der Vorjahressechsten Elena Burkard zu rechnen, die sich nach einem Saisonabbruch und einem kompletten Neuaufbau für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren möchte.

Gespannt darf man allerdings auch auf das Abschneiden der DLV-Mannschaft sein, die zudem mit Domenika Mayer und Deborah Schöneborn antreten wird.   

 Wilfried Raatz 

Die European Cross Country Championships Statistik – By K Ken Nakamura/Japan:

2019 Statistical Reference file for 2019 European Cross Country Championships

 

author: GRR