Julia Bleasdale bei ihrem Start-Ziel-Sieg bei der T88-Premiere. - Foto: Wilfried Raatz/ wus-media
Tradition und Moderne – Der legendäre Swissalpine geht am Samstag in die 34. Auflage mit Starts in St. Moritz und Davos – Wilfried Raatz berichtet
Wachablösung von Andrea Tuffli zu Gian Gilli zeichnet sich für 2020 ab
„Es ist für uns eine Verpflichtung, dem hohen Anspruch Jahr für Jahr gerecht zu werden“, so das Credo von Mr. Swissalpine, Andrea Tuffli. Der Blick des Erfinders und Nach-wie-vor-OK-Präsident geht in erster Linie voraus, aber auch immer wieder reflektierend zurück.
Stets ist Andrea Tuffli bestrebt, die Streckenführung im Sinne der Teilnehmer zu optimieren und gleichzeitig die Attraktivität zu steigern. Und bekennt sich zu Davos: „Dieser Zieleinlauf ist der schönste in der Berglaufszene weltweit!“
Andrea Tuffli wäre nicht Andrea Tuffli, wenn er sich mit dem Status quo zufriedengeben würde. 2017 hatte seine Event-Agentur die Herkulesaufgabe zu stemmen, denn die beiden bislang (mit unterschiedlichem Erfolg durchgeführten) eigenständigen Veranstaltungen Swissalpine und Swiss Irontrail wurden zusammengefügt – zu einem Laufspektakel unter der Dachmarke Swissalpine.
Andrea Tuffli – Foto: Wilfried Raatz – wus-media
Mountain Running meets Trailrunning, so könnte man das neue Programm Ende Juli bezeichnen. „Das Beste aus zwei Welten!“ nennt es Andrea Tuffli, der 1986 das Hochgebirgsspektakel in der Landschaft Davos kreierte und die nur eingefleischten Hochgebirgstouristen bekannten Kulminationspunkte Sertigpass und Keschhütte zu weltweit bekannten Begriffen machte.
T88 und K43 im Mittelpunkt
Nach 32 Jahren kappten die Macher der Agentur Tuffli Events die legendäre Königsdistanz K78 und schufen mit dem T88 eine neue Herausforderung mit Start in St. Moritz und Ziel in Davos. Knapp 300 Ultraläufer nahmen im Vorjahr diese neue Königsdistanz unter ihre Füße, der Premierensieger war dabei nicht zufällig der letzte K78-Sieger Tofol Castanyer aus Spanien. Dem Triumpf der siebenmaligen Swissalpine-Siegerin Jasmin Nunige stand allerdings die Deutsch-Britin Julia Bleasdale im Wege, die in beeindruckender Weise einen Start-Ziel-Sieg landete.
Wem die T88-Distanz zu lang ist, der wird im K43, dem klassischen Bergmarathon von Davos durch das Dischmatal, dem Scalettapass und dem Sertigpass und zurück zum Ausgangspunkt, die ideale Laufstrecke finden, die längst auch vom rührigen Organisationsteam auch als Mainevent in den Fokus gerückt wurde.
Gian Gilli wird 2020 in die Fußstapfen von Andrea Tuffli steigen
Für 2020 steht übrigens eine Wachablösung an. Gian Gilli übernimmt nächstes Jahr die Führung der größten Sommer-Laufveranstaltung Graubündens. Andrea Tuffli verbleibt im neuen fünfköpfigen Vorstand. Damit werden hinter den Kulissen der Großveranstaltung im strategischen Bereich die Weichen für die nächsten Jahre mit der Nachfolge von Andrea Tuffli geregelt.
Gian Gilli ist in der Schweizer Sportszene eine Größe. Derzeit bereitet der 61jährige die nächstjährigen Eishockey-A-Weltmeisterschaft vor, die im Mai 2020 in der Schweiz mit den Spielorten Zürich und Lausanne ausgetragen wird. Deshalb wurde zwischen Gilli und dem Verein Swissalpine vereinbart, dass er erst ab Sommer 2020 als Präsident zur Verfügung stehen wird. Zuvor war Gian Gilli Langlauf-Cheftrainer und später als Chef Leistungssport bei Swiss Ski, als Missionschef sowie Headcoach leitete er die Schweizer Delegationen an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver, 2012 in London und 2014 in Sotschi.
Im fünfköpfigen Vorstand sitzen zudem Jasmin Nunige als Mrs. Swissalpine und Vertreterin der Davoser Sportkommission, Roberto Rivola als Kommunikationsfachmann und begeisterter Trailläufer, Christian Biland als früherer Chef des Swissalpine-Sponsors Migros Ostschweiz und Andrea Tuffli.
„Ich finde Trail-Running eine tolle Sache“, sagt Gilli. „Es motiviert mich, wieder etwas mit einem starken Team umzusetzen, das in Graubünden stattfindet. Mit Davos und dem Engadin ergibt sich beim Swissalpine eine spezielle Kombination. Dieser Großanlaß läuft in einer der schönsten Regionen der Alpen ab. Wir brauchen Bewegung in den Bergen. Das hat einen sportlichen, einen touristischen und einen erlebnisreichen Hintergrund.“
Mit dem Fanzug der Rhaetischen Bahn laufen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ueber den Wiesner Viadukt – Foto: Swiss image – Andy Mettler
Wer Gilli kennt, weiß, dass er auch seine neue Aufgabe ambitioniert anpacken wird. „Wenn ich etwas mache, möchte ich etwas weiterentwickeln“, so der 61-jährige Engadiner. „Der Swissalpine hat Potenzial. Er ist ein Produkt, mit dem wir unsere Stärken in Graubünden ideal positionieren können. Wir müssen uns gerade auch im Sommer um gute Produkte im Kanton bemühen, die eine große Ausstrahlung haben und mit denen unsere Stärken wirklich zum Vorschein kommen“.
Der sportliche Relaunch des Swissalpine wird nächstes Jahr laut Tuffli „mit einem 100 Miler auf der schönsten Trailstrecke der Welt abgeschlossen.“ Mittelfristig denkt man allerdings in Davos schon über eine Durchführung der Trail-Weltmeisterschaft nach.
Die 34. Auflage des Swissalpine wurde mit dem Prolog am 20. Juli im Oberengadin eröffnet, die Hauptevents finden am 27. Juli mit Schwergewicht in Davos statt. Erstmals wird der Laufschuh-Hersteller On als zweiter Hauptsponsor neben der Migros auftreten. Das Wettkampfprogramm wurde übrigens kompakter und übersichtlicher gestaltet.
270 Läuferinnen und Läufer bestritten dabei den Prolog. Im T43 über 43,5 Kilometer mit Start und Ziel in Samedan setzte sich dabei Bernhard Eggenschwiler souverän durch und wiederholte dabei seinen Vorjahressieg. Nur fünf Männer bewältigten den anspruchsvollen Parcours mit 2574 Höhenmetern vor Stefanie Schmidt, der schnellsten Frau. Über drei verschiedene Distanzen erhielten die Teilnehmer am Prolog bei idealen Wettkampfbedingungen die Möglichkeit, sich für den Hauptevent des Swissalpine Irontrail am kommenden Samstag (27.) einzustimmen bzw. warmzulaufen.
Der T43 führte von Samedan über die Alp Muntatsch, St. Moritz, Lej dals Chöds, Pontresina, Muottas Muragl über 2574 Höhenmeter zurück zum Ausgangspunkt. Der 34jährige Aargauer verbesserte dabei seine Bestzeit aus dem Vorjahr um gut zwölf Minuten auf 4:32:30,9 Stunden, obgleich er zweimal von der offiziellen Strecke abkam. „So bin ich wohl etwa einen halben Kilometer zu viel gelaufen“, meinte Eggenschwiler im Ziel.
„Bergauf ist meine Stärke“. Sieben Minuten zurück folgte Gabriele Sboarina, der drittplatzierte Jan Staubli lag bereits fünfzig (!) Minuten hinter Bernhard Eggenschwiler zurück, der nun am kommenden Samstag beim T88 über 84,9 Kilometer und 3642 Metern Steigung und 3933 Metern Abstieg mit Start in St. Moritz und Ziel in Davos unter neun Stunden Laufzeit bleiben möchte.
Nur gerade fünf Männer bewältigten den T43 schneller als die in Chur lebende Stefanie Schmidt. Sie erreichte das Ziel in 5:48:12,9 Stunden. „Es lief ausgezeichnet – trotz einem Sturz bei einer Bachpassage“, schilderte die Deutsche ihr Rennen. Eine starke Leistung zeigte auch Lea Hufschmid, die als Zweite die 6-Stunden-Marke nur um 42 Sekunden verpasste.
Wilfried Raatz