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03
01
2021

Tour de Ski: Miese Stimmung – Norwegen boykottiert, Russland demonstriert Stärke – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Eigentlich müsste Jelena aelbe nur noch jubeln. Denn so überlegen, wie auf der 15. Tour de Ski, präsentierte sich ihre russische Männer-Mannschaft noch nie.

Doch die Präsidentin des Moskauer Ski-Verbandes ist außer sich: „ Dass die Norweger das, neben den Weltmeisterschaften, wichtigste Ereignis boykottieren, ist respektlos gegenüber Kollegen, gegenüber dem internationalen Verband, und damit gegenüber der großen Ski-Familie.“

Miese Stimmung also zwischen den Loipen in der Schweiz und Italien. Ausgerechnet verursacht von der Ski-Nation Norwegen, die in allen anderen Disziplinen an den Start geht und dort auch die Weltcup-Führung innehat: Im Skispringen(Halvor Granerud), in der Nordischen Kombination (Jarl Magnus Riber), im alpinen Rennsport (Alexander Kilde) und im Biathlon (Johannes Tinques Boe und Marle Olsbu Roiseland). 

Aber im Langlauf? Johannes Klaebo, der erfolgreichste Langläufer der letzten Jahre, meidet seit Monaten jedweden Kontakt, geht kaum außer Haus – aus Angst. von einem Corona-Virus angesteckt zu werden. Er werde deshalb keineswegs nach Mitteleuropa reisen. Und mit dieser Angst hat Klaebo alle anderen norwegischen Langläufer infiziert.

Was deshalb viel Ärger in der internationalen Szene verursacht, weil ausgerechnet ein Norweger die Tour de Ski mit erfunden hat: Vegard Ulvang, 1992 in Albertville dreimaliger Olympiasieger.  

Ulvans Idee von einem Etappenrennen der Skilangläufer setzte dieser vor fünfzehnJahren gemeinsam mit dem Schweizer FIS-Funktionär Jürg Capol in die Tat um. Und daheim in Norwegen feierten sie Ulvang auch deshalb. Jenes Flugzeug, das seinerzeit die ersten betuchten Osloer in der Adventszeit zum weihnachtlichen Shopping nach London brachte, wurde – selbstredend – auf den Namen „Vegard“ getauft.

Und nun der Boykott der Tour de Ski!

Eine Schande, einen Affront“, schimpft Elena Vaelbe. Schließlich ist die dreimalige Olympiasiegerin dafür bekannt, noch nie ein Blatt vor den Mund genommen zu haben. Schon bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 1997 in Trondheim, als wir zum ersten Male miteinander sprachen, erweckte sie aufsehen, als sie sich öffentlich für den Dopingfall ihrer damaligen Mannschaftskollegin Jegerowa entschuldigte und sich gleichzeitig von den Dopingvorkommnissen in Russland distanzierte. 

Dass jetzt auf der 15. Tour de Ski ihre überragenden Langläufer erneut des Dopings verdächtigt werden, kontert sie mit einer Einladung zu den Trainingslagern ihrer Mannschaft: Jeder, der kommen wolle, sei herzlich willkommen. Gemeldet hat sich bisher niemand.

Die Russen unter Dopingverdacht, die Norweger im Verdacht, die Angst vor Corona eventuell nur vorgeschoben zu haben – das sorgt in der internationalen Langlauf-Szene für schlechte Stimmung. Natürlich sei Corona gefährlich, gibt auch Elena Vaelbe zu, „doch man muss auch einmal ein Risiko eingehen.“

Ende dieses Monats wollen die Norweger aber endgültig in die Weltcup-Saison 202/21 einstiegen – im finnischen Ski-Mekka in Lathi. Auch zur Vorbereitung auf die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im Februar in Oberstdorf im Allgäu. Wirklich?

Sie sei davon überzeugt, sagt Elena Vaelbe, „denn die Aussicht auf diese Medaillensammlung läßt man sich in Oslo doch nicht entgehen.“

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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