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26
07
2019

Symbolbild - Foto: Hannover Marathon - eichels Event

TOUR DE FRANCE: Der Triumph der Kolumbianer Bernal: „Ich liebe das Adrenalin. Angst habe ich nicht.“ – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Gerät die 106. Frankreich-Rundfahrt am Ende zu einer der Tour der Kolumbianer?

Am Freitag,  hinauf nach Tignes in den Hochalpen, befanden sich unter den zehn Besten im Gesamtklassement ein Engländer, ein Niederländer, ein Deutscher, jeweils zwei Franzosen und zwei Spanier – aber gleich drei Kolumbianer: Egan Bernal (Team Ineos, Großbritannien), Nairo Quintana (Movista, Spanien) und Rigoberto Uran (Education First, USA).

Als dann die Etappe nach Tignes wegen eines schlimmen Hagelschauers vorzeitig abgebrochen und auf dem 2770 Meter hohem Col de l‘Iseran – dem Dach der Tour  – gewertet wurde, übernahm Egan Bernal das Gelbe Trikot des Gesamtführenden. Gibt es nun auch in Paris einen südamerikanischen Triumph? Schon den dreiwöchigen Giro d‘Italia hatte mit Richard Carapaz aus Ecuador ein Rennfahrer aus Lateinamerika gewonnen. 

Daheim erinnert der 22jährige Bernal – der jüngste Tour-Teilnehmer – bereits an die Legende Nairo Quintana. Der 29jährige hatte am Donnerstag in beeindruckender Manier die erste Alpen-Etappe der diesjährigen Tour gewonnen – im Alleingang und nach lautstarken Auseinandersetzungen in seiner spanischen Equipe Movistar. Dort hatte ihm Kapitän Alejandro Valverde, als aktueller Weltmeister eine Respektsperson, vorgeworfen, seiner Mannschaft wissentlich verschwiegen zu haben, dass es ihm nicht gut gehe. Kleinlaut gab Quintana zu: „Ja, am Tourmalet habe ich sogar nur noch gesehen, irgendwie hoch zu kommen.“ 

Nun wird Quintana, zuvor zweimal Tour-Zweiter, der sowohl den Giro d‘Italia wie auch die dreiwöchige sauschwere Spanien-Rundfahrt gewinnen konnte, nacht acht Jahren (!) und Knall auf All die Equipe Movistar verlassen und höchstwahrscheinlich bei dem bretonischen Zweitdivisionär Arkea Samsic in Rennes anheuern – für ein Jahressalär von rund 2,5 Millionen Euro, ohne Werbe-Nebengeräusche. Und das alles angeblich für drei Jahre.

Seinen Lebenstraum, endlich auch die Tour zu gewinnen, wird er sich mit dieser zweitklassigen bretonischen Truppe jedoch kaum erfüllen können. Das könnte hingegen – als erstem Kolumbianer – aber Egan Bernal gelingen, der mit 22 Jahren bereits über außergewöhnliche Führungsqualitäten verfügt. Bernal hat trotz seiner Jugend durch schlimme Stürze und entsprechende Operationen schon mehr Rückschläge erlitten als andere Profis in einer langjährigen Karriere.

Doch unverzagt sagte er der Neuen Zürcher Zeitung: „Ich liebe das Adrenalin. Angst habe ich nicht.“

Quintana ist in 2800 Meter Höhe aufgewachsen, Bernals Heimatort liegt 2650 Meter hoch – naturgemäß fühlt er sich auf den Tour-Etappen in den Hoch-Alpen ganz besonders wohl. Die jungen Fahrer in seinem britischen Team Ineos himmeln ihn schon jetzt geradezu an.

Der Brite Tao Georghegan Hart: „Es fühlt sich mit ihm an, wie mit einem großen Champion. Allein schon, wie er sich um alles kümmert.“ Teamchef Sir David Brailsford hat Bernal bereits mit einem Fünfjahres-Kontrakt ausgestattet, was bei einem so jungen Fahrer völlig ungewöhnlich ist. Brailsfords Begründung: „Er hat das Potenzial, in den nächstenJahren die wichtigsten Rennen der Welt zu gewinnen.“

Und Bernal? Er studierte daheim Journalismus, fuhr als Amateur Radrennen, auch auf dem Mountainbike. Als 2017 sein Landsmann Rigoberto Uran Tour-Zweiter geworden war, brach er sein Studium ab und setzte alles auf die Karte Radsport. Heute lebt er in Andorra – nicht des Geldes, sondern des Trainings wegen.

Andere Kolumbianer – wie Rigoberto Uran – leben im baskischen Pamplona. Wiederum andere in Nord-Italien. Aber meistens zusammen in Gruppen. Denn von ihren europäischen Kollegen fühlen sich mißtrauisch beäugt. Mitunter sogar verächtlich. 

Der nur 1,67 Meter große Quintana hat deshalb mal gesagt, man dürfe sich trotzdem nicht kleiner machen, als man ohnehin schon sei.

Und auf seine Worte hört man. Fast mehr, als auf die eines kolumbianischen Politikers. Auch Bernals Worte haben bereits Gewicht – wenngleich er erst 22 Jahre alt ist.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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