Tom Gröschel gewann in Düsseldorf mit einer persönlichen Bestzeit und einer deutschen Jahresbestzeit. Foto: David Young / rhein-marathon Düsseldorf GmbH
Tom Gröschel im Rennen um einen Olympia-Marathon-Startplatz in Tokio 2020
Erst dreimal ist Tom Gröschel über die 42,195-km-Distanz gelaufen. Dreimal waren es Meisterschafts-Rennen – und jedes Mal war der 27-jährige Läufer des TC Fiko Rostock der beste deutsche Läufer.
Am Sonntag hatte er den Metro Düsseldorf-Marathon mit einer Steigerung auf 2:13:49 Stunden gewonnen. Das Top-Starterfeld war in Düsseldorf zwar deutlich schwächer besetzt als in der Vergangenheit, doch der Sieg von Tom Gröschel dürfte der erste eines deutschen Läufers bei einem derartigen, international besetzten Rennen seit 15 Jahren gewesen sein. 2004 hatte Carsten Eich ebenfalls in Düsseldorf gewonnen, 2001 siegte Stephan Freigang in Lissabon, nachdem er zwei Jahr zuvor auch in Hannover als Sieger ins Ziel gelaufen war.
Nach dem Sieg in Düsseldorf ist Tom Gröschel damit im Rennen um einen von maximal drei deutschen Startplätzen beim Olympia-Marathon in Tokio im Sommer 2020. Das neue und komplizierte internationale Qualifikationssystem für die Spiele basiert auf einer Punkteregelung aus der sich die neue Weltrangliste ergibt und auf einer Normzeit von 2:11:30 Stunden. Die vom internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) avisierte Starterzahl für den Olympia-Marathon wurde dabei auf nur noch 80 Athleten festgelegt.
Der direkteste Weg nach Tokio würde für die deutschen Marathonläufer wohl über die Zeit führen. Wer die 2:11:30 Stunden unterbietet, für den sollte es reichen für eine Olympia-Nominierung. Von den derzeitigen nationalen Topläufern schaffte es in den letzten Jahren jedoch nur einer, schneller als 2:11:30 zu rennen: Der deutsche Marathon-Rekordler Arne Gabius (2:08:33).
Tom Gröschel war in den letzten zwölf Monaten der konstanteste deutsche Marathonläufer und hat sich als Nummer zwei hinter Arne Gabius etabliert: Vor einem Jahr lief er sein Marathondebüt in Düsseldorf in guten 2:15:20, wurde damit Dritter und Deutscher Meister. Bei der EM war er dann in einem Hitzerennen als bester Deutscher Elfter in 2:15:48. Damit zeigte er in Berlin, dass er auch in einem schwierigen Meisterschaftsrennen – ohne Tempomacher, mit stärkerer Konkurrenz und bei ganz anderen Wetterbedingungen – sein Leistungsvermögen umsetzen kann. Das gelingt längst nicht jedem. Von der Vereinigung der deutschen Laufsportveranstalter German Road Races wurde er 2018 auch zum „Strassenläufer des Jahres“ ernannt!
Nun folgte die nationale Titelverteidigung in Düsseldorf mit einer Steigerung auf 2:13:49.
2016 startete Tom Gröschel erstmals bei einem Marathon – als Tempomacher für Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid) in Düsseldorf. Pfeiffer qualifizierte sich damals mit 2:13:11 sensationell für die Olympischen Spiele, konnte dann aber verletzungsbedingt in Rio nicht starten. Um ständig mit Hendrik Pfeiffer und den anderen Läufern der Trainingsgruppe von Tono Kirschbaum trainieren zu können, zog Tom Gröschel Ende des Jahres 2016 aus Rostock nach Bochum.
Doch 2017 hatte Tom Gröschel, der zur Sportfördergruppe der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern gehört, Pech. Ein Längsriss der Achillessehne stoppte ihn. Anfang April 2018 meldete er sich mit einem vierten Platz bei den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Hannover zurück. Kurzfristig entschied er sich dann, sein Marathondebüt in Düsseldorf zu laufen. „Ich sagte mir damals: im Marathon habe ich die beste Chance“, erzählte Tom Gröschel, der auf den kürzeren Distanzen mit Bestzeiten von 29:34 (10 km) und 64:52 (Halbmarathon) noch Nachholbedarf hat.
Der starke Lauf bei der EM und der Sieg in Düsseldorf deuten darauf hin, dass weiteres Potenzial für Verbesserungen vorhanden ist. Bezüglich der 2:11:30-Olympia-Norm, die er innerhalb der nächsten rund zwölf Monate laufen müsste, ist Tom Gröschel jedoch skeptisch.
„Ich halte eine solche Zeit schon noch für eine etwas zu krasse Steigerung. Da muss ich mich Stück für Stück heranarbeiten“, sagte der 27-Jährige und fügte hinzu: „Aber es gibt ja auch die andere Möglichkeit über die Weltrangliste. Dieser Weg scheint für mich eher machbar zu sein.“
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