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28
06
2019

Der kolorierte Kupferstich um 1819 von Johann Michael Voltz trägt den Titel "Turner Umtriebe". - Quelle: WWU

Tagung „Generationen in der Sportgeschichte“ in Münster

By GRR 0

Zum 20jährigen Bestehen des Arbeitsbereichs Sportpädagogik & Sportgeschichte (ehemals „Institut für Geistes- und Sozialwissenschaften des Sports“) am Institut für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster fand am Institut für Soziologie (IfS) ein Workshop über „Generationen in der Sportgeschichte“ statt. 

In drei Impulsreferaten von PD Dr. Olaf Stieglitz (Köln), Dr. Daphné Bolz (Université de Rouen) und Sven Güldenpfennig (ehemals Berlin) wurden die Generationen der 1918er, 1933er und 1968er im Sport beleuchtet und anschließend lebhaft diskutiert.

Im Mittelpunkt stand die Frage, ob und wie politische und gesellschaftliche Umbrüche des 20. Jahrhunderts, wie sie mit dem Ende des Ersten Weltkriegs, der „Machtergreifung“ der National-sozialisten oder schließlich der „Protestgeneration“ der 1968er assoziiert werden, mit Erfahrungen dieser Generationen im „Jahrhundert des Sports“ verbunden waren und sind.

Interessant und innovativ an den Impulsvorträgen war dabei die europäische und internationale Perspektive. Aus US-amerikanischer Sicht prägten die Erfahrungen des Weltkriegs die junge Generation in ganz anderer Weise als in Deutschland, wie Olaf Stieglitz ausführte. Während in Deutschland eine Art Militarisierung des Sports zu beobachten war, kann man in den USA eher von einer Sportisierung des Militärs sprechen.

Daphné Bolz spannte den Bogen vom deutschen Faschismus über die faschistischen Bewegungen in Italien und Spanien, um zu zeigen, dass der Faschismus in Europa wesentlich von einer jungen, sportlichen Jugend geprägt war und deren Sportbegeisterung für ihre jeweiligen politischen Ziele nutzte.

Die „1968er“ waren nach den Ausführungen von Sven Güldenpfennig eher sportfern und betont sportkritisch orientiert. Dies zeigte sich nicht zuletzt in olympiakritischen Aktionen im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen von München 1972.

Erfrischend waren die abschließenden Kommentare von Vertretern der jüngeren Generationen X (Kai Reinhart) und Y (Lukas Rehmann), weil sie zeigten, dass und wie anders die heutige und inzwischen auch nicht mehr so junge Jugend die Erfahrungen ihrer Eltern-, Groß- und Urgroßeltern rezipieren. Im Unterschied zu früheren Generationen ist für sie der Sport heute nicht mehr eine Angelegenheit der Jugend.

Der Sport ist älter, und manchmal auch alt geworden. Das Image der Jugendlichkeit hat der Sport gerade für die Jugend heute verloren.

Viele suchen ihre eigenen Wege zu Bewegung, Spiel und Sport und lassen die Alten alleine laufen, in der Hoffnung auf ewige Jugend und Gesundheit. Insofern endete die Generationentagung auch mit einem indirekten Appell an die aktuelle Sportpolitik: „Sport für alle“ darf nicht an der Jugend vorbeigehen, sondern im Gegenteil wieder mehr von und für die Jugend da sein.

Der Sport der Zukunft muss jung bleiben und werden.

Michael Krüger in DOSB-Presse

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