Symbolfoto: Rennradfahrer - ©LSB - NRW - Andrea Bowinkelmann
Tadej Pogacar erster slowenischer Tour-Sieger – „Ein Rennen, wie tägliches Sterben“ – Von KLAUS BLUME
Also doch! Wie schon in der ersten Tour-Woche von German Road Races angekündigt, gewann der 21jährige Slowene Tadej Pogacar vor seinem elf Jahre älteren Landsmann Primoz Roglic am Sonntag in Paris die 107. Frankreich-Rundfahrt.
Den wohl schlimmsten Ausdauer-Wettkampf, den sich Menschen ausgedacht haben! Nach seinem Erfolg im Bergzeitfahren am Samstag sagte Pogacar im slowenischen Fernsehen: „ Ich hatte mir die Strecke angeschaut und danach gewusst, wenn ich einen guten Tag habe, wird es mir passen. Es wird für alle sehr schwierig, Taktiken werden nicht erforderlich sein.“
Wurden es auch nicht, denn es ging ums Kämpfen. Am Ende, auf den fürchterlichen Steigungen hinauf ins Ziel dieses rund 36 Kilometer langen Rennens, nur noch ums „reine Überleben“ (Pogacar). Elf Tage lang hatte zuvor der ehemalige Skispringer Roglic das Gelbe Trikot getragen; ins entscheidende Zeitfahren startete er mit 57 Sekunden Vorsprung – doch Pogacar überholte ihn um eine Minute und 56 Sekunden. Eine Sensation!
Selbst der amerikanische Nachrichtensender CNN, europäischem Sport eher abhold, brachte den ersten slowenischen Tour-Triumph als Aufmacher seiner Sportsendungen.
Was sich auf den 4000 Kilometern in Frankreich ereignete, war zugleich der unaufhaltsame Aufstieg vier junger Männer in die Spitze des Weltradsports: Neben Pogacar, der am Montag seinen 22. Geburtstag feiert und von seinem Arbeitgeber, den Vereinigten Arabischen Emiraten, geradezu fürstlich entlohnt wird, fuhren in Frankreich der 22jährige Schweizer Marc Hirschi, der 26jährige Amerikaner Sepp Kuss und der gebürtige Bremer Leonard Kämna ins Rampenlicht.
Hirschi? Mit zehn Jahren hatte der kleine Marc die Schweizer Rad-Legende Fabian Cancellara bestaunt, „und von da ab war‘s um mich geschehen. Ich wollte so werden, wie er. Und ich wusste obendrein sehr früh, Radrennen werden nicht nur mit den Beinen gewonnen.“ Sondern vor allem mit dem Kopf und mit einer Vielseitigkeit, wie sie derzeit wohl Hirschi am besten ein zu setzen vermag. Auf der ersten Etappe ließ er es auf einen Sprint um den Etappensieg ankommen – und wurde knapp Zweiter. Also entschied er sich auf der 12.Etappe zu einer mutigen Einzelfahrt und erreichte das Ziel in Correze als Erster. Dass er danach in den Alpen bei Tempo 90 aus der Kurve flog, sofort wieder aufs Rad stieg, um seine halsbrecherische Jagd fort zu setzen, ließ sogar jene Beobachter fassungslos zurück, die schon seit Jahrzehnten dabei sind.
Daheim in Bern, in seinem Jugendzimmer, hängt an einer Wand ein gerahmtes WM-Trikot, auf dem Fußboden stehen drei Flaschen Champagner und auf einem Gestell liegen Pokale und Medaillen. Jetzt wird noch die Auszeichnung als kämpferischster Fahrer der Tour de France hinzu kommen. Und es wird so weiter gehen.
„Die Tour – das ist wie täglich Sterben.“
Fazit des 26jährige. Amerikaners Sepp Kuss nach dem 15. Tagesabschnitt. Einer, der den geschlagenen Primoz Roglic über die Pyrenäen und die Alpen geschleppt hat, oft mit jenem Blick, der wohl sagen wollte: „Wo bleibt nur mein Chef?“ Hätte Kuss selbst um den Tour-Sieg fahren können, wenn es die strenge Team-Hierarchie erlaubt hätte? Er zuckt mit den Schultern: „Ich bin noch kein Anwärter auf den Sieg in einer dreiwöchigen Rundfahrt.“ Kann aber bald werden. Deshalb lebt er in Andorra und trainiert oft in Nordspanien, auch schon mal mit Weltstars, wie dem Kolumbianer Nairo Quintana. Trotzdem wisse er noch immer nicht, ob er überhaupt dabei bleibe: „Es gibt doch soviel mehr als nur den Radsport.“ Zum Beispiel den Skilanglauf, den er einst von seinem Vater Dolph lernte. Einer, der sich bestens auskennt, denn Kuss sen. hat bei drei Olympischen Spielen die amerikanischen Kombinierer geleitet – erfolgreich, versteht sich.
Dabei bleiben oder eine Auszeit nehmen – auch bei Lennard Kämna scheint das ähnlich zu sein. „Ich stand nie zu 100 Prozent hinter diesem Sport. Aber irgendwann habe ich mir gesagt: Ich werde alles probieren, alles geben“, erzählte er auf dieser Tour. „Mit seinem famosen Etappensieg in Villard-de-Lans deutete der gerade 24 Jahre alt gewordene Jungstar sein großes Potenzial an“, schrieb die Süddeutsche Zeitung. „Klettern und Zeitfahren“ könne er, betont dessen Teamchef Ralph Denk. Und dann sagt er noch:
„Er hat einen richtigen großen Motor.“
Doch Kämna bleibt dennoch zurückhaltend, wenn es um Prognosen geht: „Roglic und Pogacar sind absolute Ausnahmefahrer. Ihre Leistungen sind aber nicht unerreichbar. Ob ich aber jemals da hinkommen werde, steht in den Sternen.“
RETTET UNSERE LÄUFE – SAVE THE EVENTS – Foto: Victah Sailer
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