Sport verbessert Lebensqualität bei Brustkrebs - Foto: Kassel Marathon
Sport verbessert Lebensqualität bei Brustkrebs
Eine moderne Strahlentherapie bei einer Brustkrebserkrankung verstärkt häufig die Symptome des typischen onkologischen Fatigue-Syndroms.
Mittlerweile sind moderne Bestrahlungstechniken viel schonender und schwere Strahlenschäden sind seltener geworden. Dennoch treten typische Nebenwirkungen wie das Fatigue-Syndrom auf. Das ist die Hauptursache einer reduzierten Lebensqualität, gerade auch bei kurativ-behandelten Tumorpatienten.
Das heißt, die Patienten leiden unter einer allumfassenden Erschöpfung, Kraft- und Antriebs-losigkeit, sowie ständiger Müdigkeit, die sich durch Schlaf nicht bessert. Konzentrationsschwä-che, Angst, Depressivität und andere Symptome können hinzukommen. Insgesamt leidet die Mehrheit aller Krebspatienten, bis 90 Prozent, zumindest zeitweilig, darunter. Längerfristig sind schätzungsweise 20 bis 50 Prozent betroffen.
„Gerade bei Fatigue hilft kein Medikament so gut wie der frühzeitige Beginn sportlicher Aktivität“, so Professor Martin Halle vom Zentrum für Prävention und Sportmedizin der Technischen Uni-versität München. Für die Patientinnen bedeutet Fatigue meist eine geringere Lebensqualität. Brustkrebs gehört zu den Krebsarten, bei denen diese Beschwerden auftreten.
„Obwohl nach aktuellem Wissen auch Störungen in hormonellen und Stoffwechselvorgängen beteiligt sind, so gibt es keine Medikamente, die nachweislich ein Fatigue-Syndrom heilen kön-nen“, meint Professor Halle und fügt hinzu: „Es gibt aber effektive Möglichkeiten, es zu bessern und aufzuhalten – und das sind körperliche Aktivität bzw. sportliche Betätigung.“
Jede achte Frau ist von Brustkrebs betroffen. Diagnose und Therapie führen zu einer deutlich reduzierten körperlichen Aktivität. So sollte nach dem Klinikaufenthalt wenn möglich die Alltags-aktivitäten beibehalten werden. „Dies ist ein erster Schritt in die Richtung Aktivität. Im Idealfall wird eine vorher schon ausgeübte Sportart direkt weitergeführt“, sagt Halle. Und die weltweite Datenlage zeigt, dass Sport eine wirksame Therapie bei Brustkrebserkrankungen ist. Positive Effekte sind neben der verbesserten Lebensqualität auch eine verbesserte Situation in Bezug auf Überleben und Rückfall.
„Die Patientinnen müssen keinen Hochleistungssport betreiben, aber jede Patientin sollte individuell auf dem aktuellen Leistungsstand trainieren. Das kann für eine ältere Patientin mit fortgeschrittenem Tumorstadium bedeuten, täglich zehn Minuten spazieren zu gehen, für eine jüngere, fitte Patientin trotz aktueller Chemotherapie kann das jedoch auch bedeuten dreimal die Woche 45 Minuten joggen zu gehen“, erklärt Professor Halle. „Jeder Patient sollte individuell auf seinem Level belastet werden, wobei Umfang und Intensität des Trainings im Verlauf gesteigert werden sollen. Grundsätzlich ist eine Kombination aus Ausdauer- und allgemeinem Krafttraining zu empfehlen. Hierdurch wird die Fitness und Belastbarkeit wieder gesteigert und die Muskulatur gestärkt.“
Professor Stephanie Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonko-logie ergänzt: „Wenn irgendwie möglich sollten auch zuvor sportlich inaktive Frauen die Erkrankung als Beginn eines sportlich aktiven Lebens nehmen. Wichtig ist, dass man eine individuell geeignete Sportart findet und sich anfangs nicht überfordert, aber das Level allmählich steigert.“
Sport als Hilfe für Parkinson-Erkrankte
Die Sporttherapie wird bei Parkinson-Erkrankungen eingesetzt, zumeist um die motorischen Symptome zu behandeln. Aber Sport ist auch für die Therapie kognitiver Symptome wichtig. Zu diesem Ergebnis kam ein deutsch-australisches Wissenschaftlerteam der Deutschen Sporthochschule Köln (Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft) und der University of the Sunhine Coast (VasoActive Research Group) mit einer systematischen Literaturanalyse.
Dabei sollte überprüft werden, welche Effekte spezifische Sportformen (Ausdauer-, Koordinations- und Krafttraining) auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Parkinson-Betroffenen haben.
„Das Potenzial von körperlichem Training, körperliche und nicht-körperliche Symptome zu verbessern, ist vielversprechend. Sport scheint die Progression der Parkinson-Erkrankung verlang-samen zu können“, bilanziert der leitende Forscher der Studie, Tim Stuckenschneider von der Deutschen Sporthochschule Köln. Er fügt hinzu: „Die Sporttherapie muss – und ist bereits vielerorts – ein essentieller Bestandteil der Behandlung der Parkinson-Erkrankung sein. Allerdings wird die Sporttherapie weitestgehend empfohlen, um Motorsymptome zu behandeln. Im Sinne einer ganzheitlichen Therapie sollten auch die Effekte des Sports auf die nicht-motorischen Bereiche wie die Kognition anerkannt werden.“ Wichtig sei nun, dass Wissenschaftler die effektivsten Sportformen wiederfinden.
Basis der Studie war die Erkenntnis, dass Sport die kognitive Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen verbessert beziehungsweise aufrechterhält. Ob dies auch für die chronische, neuro-degenerative Parkinson-Erkrankung gilt, war unklar. Losgelöst von der Parkinson-Erkrankung steigen weltweit kognitive Einschränkungen an.
Eine leichte kognitive Einschränkung wurde bei 57 Prozent der Patienten festgestellt, nach zehn Jahren leidet eine Mehrheit an Demenz. Das Wissenschaftsteam stufte elf vor März 2018 veröf-fentlichte Studien als qualitativ ausreichend ein. Darin wurde bei über 500 Parkinson-Patienten die Effektivität verschiedener Sportarten untersucht.
Das Ergebnis: Sport hat keinen negativen Einfluß auf die Kranken, er bewirkt das Gegenteil. Bei vier Studien zeigten sich signifikante Verbesserungen spezifischer kognitive Symptome. Aber auch eine allgemeine Linderung der Symptome wurde festgestellt.
Die Forscher zogen dann folgende Schlüsse:
- Sport führt grundsätzlich zu einer Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei Parkinson-Erkrankten.
- Zum derzeitigen Zeitpunkt kann keine eindeutige Empfehlung gegeben werden, welche Sportform (z.B. Koordinations-, Ausdauer-, Krafttraining) am besten zur Verbesserung der Kognitionsleistung führt.
- Ausdauertraining scheint besonders geeignet zu sein, um das Gedächtnis positiv zu beeinflussen. Aber die Ergebnisse der durchgeführten Literaturanalyse zeigten hier auch kontroverse Studienresultate.
- Aufgrund der derzeit noch dünnen Studienlage empfiehlt das Wissenschaftlerteam daher, Sportformen direkt miteinander zu vergleichen.
„Unsere Arbeit zeigt, dass Sport als Medizin wirken kann und dementsprechend als Therapie für Betroffene empfohlen werden muss, um die vielfältigen Symptome der Parkinson-Erkrankung zu bekämpfen“, sagt Stuckenschneider.
Verlangsamt Sport Alzheimer-Demenz?
Sport unterstützt die kognitiven Funktionen und beugt bei Demenz vor. Dagegen ist körperliche Inaktivität ein Risikofaktor bei Alzheimer. Anfang des Jahres publizierte eine Forschergruppe einen Mechanismus, der die Wirkung des Sports erklären könnte.
Bei körperlicher Aktivität wird ein bestimmter Botenstoff, Irisin, durch die Spaltung des Trans-membranproteins FNDC5 aus dem Muskel freigesetzt und gelangt über den Blutkreislauf in das Gehirn. Alzheimer-Patienten weisen erniedrigte FNDC5/Irisin-Spiegel im Hippocampus, unserer „Gedächtniszentrale“ im Gehirn, und in der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) auf. Eine Steigerung der FNDC5/Irisin-Konzentration führte in den tierexperimentellen Arbeiten der Forschungsgruppe zu einer Verbesserung der sogenannten synaptischen Plastizität. Darunter versteht man bestimmte Umbauprozesse, die zu Vernetzung von Hirnarealen und Nervenzellen führen und u.a. wichtig für das Lernen und Erinnern sind.
„Noch fehlt der Nachweis durch klinische Studien, aber der FNDC5/Irisin-Spiegel könnte ein phy-siologischer Link zwischen Muskeln und Gehirn sein“, erklärt Professor Richard Dodel von der Universität Duisburg-Essen. Die positive Wirkung von Sport auf Gedächtnisleistungen ist schon in vielen Studien bewiesen worden. Deshalb wird körperliche Aktivität zur Alzheimer-Prävention empfohlen. Nur der dahinter stehende Mechanismus war unbekannt.
Von den 1,6 Millionen Menschen, die in Deutschland an einer Demenz leiden, ist dies bei der Mehrheit die Folge einer Alzheimer-Erkrankung. Die Lebensqualität wird dadurch stark beeinträchtigt, die oft eine selbstständige Lebensführung ausschließt. Die Krankheit führt zu Gedächtnisstörungen, auch anderer Hirnleistungen wie Bewegungsstörungen, Sprachstörungen oder Sinneswahrnehmungsstörungen werden abgebaut.
Die Risikofaktoren der Alzheimer-Erkrankung sind Alter, Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettleibigkeit, erhöhte Blutfettwerte und Bewegungsmangel. Auch Depressionen oder soziale Isolation spielen eine wichtige Rolle. Etwa ein Drittel der Erkrankungsfälle werden von diesen Faktoren ausgelöst. Mangelnde körperliche Aktivität ist der bedeutendste Risikofaktor.
Quelle: DOSB – Heinz Peter Kreuzer