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03
07
2020

Ganz allein? - © Bild: Dr. Vera Abeln @ Antarktis

Sport in der Isolation – Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider – Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft – SPORT BERLIN

By GRR 0

Seit knapp 15 Jahren beschäftige ich mich mit der Auswirkung von Sport und Bewegung auf die mentale Leistungsfähigkeit.

Im Generellen, bei Kindern in der betrieblichen Gesundheitsförderung, in der Demenzprävention, aber auch dort, wo Menschen isoliert sind, z.B. auf der Internationalen Weltraumstation (ISS) oder in der Antarktis.

Während wir unter den extremen Bedingungen in der Antarktis und simulierten Raumflügen (MARS500) häufig nicht mehr als 10 Personen beraten und begleiten, ist das Nischenthema „Sport und Isolation“ auf einmal für wirklich viele Menschen von Relevanz.

Sind doch weltweit derzeit ca. 2 Milliarden Menschen aufgefordert sich zu isolieren. Und Sport in der Isolation, das zeigen unsere Studien, hat eine positive Auswirkung auf die emotionale Stabilität ebenso wie die kognitive Leistungsfähigkeit.

Es gilt grundsätzlich zwei Phänomene der Isolation zu unterscheiden. Zum einen bedeutet Isolation: Einsamkeit, Monotonie und Langeweile – das sehen wir bei Menschen, die in der Antarktis überwintern.

Diejenigen, die regelmäßig Sport treiben, das zeigen unsere Studien, bleiben emotional stabil.

Zum anderen bedeutet Isolation Stress und damit eine mögliche Überforderung, weil Rückzugsräume fehlen. Einsamkeit ist ein Bild, das häufig mit Weltraumreisen assoziiert wird, aber häufig ist genau das Gegenteil der Fall: Eng getaktete Tagesabläufe und immer im Team. Oftmals fehlt der persönliche Rückzugsraum. Und genau den kann Sport bieten.

Wenn einem alles über den Kopf wächst, ist es gut mal abzuschalten um den Kopf frei zu bekommen. Zum Beispiel mit einem intensiven Workout. Wie das gestrickt ist, das zeigen unsere Forschungsarbeiten, ist egal. Wichtig ist, dass es Spaß macht, man sich gehen lassen kann, in den Flow kommt. Auch unser Gehirn reagiert positiv auf Sport. Neuronale Aktivität im vom Stress geplagten Frontalkortex (dort wo u.a. Entscheidungen getroffen werden) nimmt ab und lässt uns wieder klar denken.

Auch lange Phasen der Monotonie führen zu Stress. Jeder, der Kinder hat und einen verregneten Sonntag zu Hause verbringen musste, weiß das. Auch hier hilft Bewegung. Der Stress, der sich aufbaut, so hat es uns die Evolution gelehrt, ist recht hilfreich. Die Stresshormone bereiten uns auf einen Kampf oder die Flucht vor und haben unseren Vorfahren das Überleben gesichert. Sport und Bewegung kanalisieren diesen Stress und wirken psychohygienisch. Selten fühlt man sich so gut, wie nach einem Workout.

Für die gegenwärtige Isolation ist das nicht alles so einfach. Für Weltraummissionen und Antarktisüberwinterungen kann man planen, Equipment bereitstellen und Trainingspläne gestalten. Jetzt, aus dem Stehgreif heraus etwas zu organisieren fällt vielen schwer. Aber das Netz bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten.

Und auch viele Turn- und Sportvereine bieten in Zeiten der Coronarkrise Online Kurse an. Eine tolle Sache!

Die große Herausforderung ist es, die Motivation auf zu bringen und den Arsch hoch zu kriegen.

Dabei hilft es, Sport fest in den Tagesablauf zu integrieren. Und sich zu verabreden. Auch virtuell. Wie wäre es mit einem Zirkeltraining mit Ihrem Team, Ihren Sportsfreunden? Jeder bringt eine Übung mit, Sie setzen sich virtuell in den Kreis und dann geht’s los. 60s Belastung – 30s Pause. 5 Übungen, 4 Runden. Vorher und nachher 3 Minuten Seilspringen.

Damit haben Sie ein 30+ Minuten Workout. Wer nicht weiß, was er mitbringen soll: Googeln Sie mal „plank“, „burpees“, oder „crunches“. Im Anschluss ganz wichtig: Das gemeinsame Kaltgetränk und ein kurzer Plausch über die Erlebnisse des Tages.

Und noch eine Anekdote zum Schluss: Der australische Bundesstaat New South Wales hat Ende März eine Ausgangssperre verhängt. Aus der Wohnung raus darf man nur noch in Notfällen. Zum Einkaufen, zum Arzt – und zum Sport. Da hat Politik mal was verstanden!

Wenn Sie Lust haben, unsere Arbeit zu unterstützen, finden Sie unter dem folgenden QR-Code einen Link zu einer aktuellen Umfrage: www.dshs-koeln.de/zip

Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider –
Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft
Deutsche Sporthochschule Köln

Quelle: SPORT BERLIN – 3/2020

 Antarktis Studie:

 

author: GRR