Martin Ehlers, Markus Friedrich, Helga Holz und Lothar Wieser (Hg.): Tagungsdokumentation Kunst – Sport – Literatur - Foto: Arete Verlag, Hildesheim
Sport als Kultur: Facetten der bildenden Kunst und der Literatur Band mit Beiträgen zum Jubiläums-Symposium erschienen
Offizielle Vorstellung mit Ausstellungseröffnung am 18. Februar beim DOSB
Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen e.V. (DAGS) feierte ihr 15-jähriges Bestehen, das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg gleichzeitig ihr 25-jähriges Jubiläum.
Beide Geburtstage waren im Oktober 2018 Anlass genug, gemeinsam alle „Kulturschaffenden im Sport“ zu einem Jubiläums-Symposium in das „UNESCO-Weltkulturerbe“ Kloster Maulbronn (Enzkreis in Baden-Württemberg) einzuladen – nicht nur, weil hier an der evangelischen Klosterschule einst Friedrich Hölderlin (1770-1843) und Hermann Hesse (1877-1962) Pennäler waren, sondern auch, weil hier bereits 1824 einer der ersten Turnplätze der Welt angelegt worden war.
Jetzt ist der Tagungsband mit allen Beiträgen des Symposiums erschienen und lädt zum Nachlesen bzw. zum nachträglichen Betrachten der in den Beiträgen vorgestellten sportiven Objekte (Karikaturen, Turnerfahnen, Postkarten etc.) ein.
Der Band enthält insgesamt 18 wissenschaftliche Tagungsbeiträge. Dazu kommen zwei Rahmentexte (Geleitwort, Grußwort) vorn und das Verzeichnis mit biografischen Daten der sechs Autorinnen und 16 Autoren ganz am Ende des 224-seitigen Buches. In seinem Grußwort unterstreicht Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), einmal mehr die wichtige Aufgabe aller sporthistorischen Einrichtungen in Deutschland, sich im Verbund mit dem organisierten Sport für „die Erhaltung und Vernetzung von Sport als Kulturgut“ einzusetzen. Dabei mahnt er auch aktuell die bekannten Defizite in der akademischen Ausbildung von Studierenden über Sportgeschichte an den deutschen Universitäten an, weil hier „leider viel zu wenig über Sportgeschichte gelehrt wird“.
In seinem Einführungsvortrag (Titel: „Kunst – Sport – Literatur“) skizziert der Münsteraner Sportwissenschaftler und Sporthistoriker Prof. Dr. Michael Krüger, der amtierende DAGS-Vorsitzende mit (berufs-)biografischen Wurzeln in Baden-Württemberg, mit Bezug auf Prof. Dr. Ommo Grupe (1930-2015), dem Nestor der deutschen Sportwissenschaft, Sport als Teil der Kultur und damit als eine Aufgabe zu begreifen, an der alle seine Akteure mitwirken müssen, „und dies mit dem Ziel, einen ‚besseren Sport‘, eine anspruchsvollere Sportkultur zu erreichen“.
Der Tagungsband kann dabei als jüngster Referenztext gelten und gliedert sich in sechs sog. Sektionen mit jeweils thematisch zugeordneten Beiträgen. Diese Sektionen lauten der Reihe nach: Olympische Spiele (1), (Un)kritische Grafiken (2), Malerei und Fotografie (3), Literatur (4), Architektur und Symbole (5) sowie Festvortrag und Epilog (6). Die speziellen Themen kreisen dabei z.B. um „Kunst als Marketinginstrument des Sports – Das Beispiel der Olympischen Spiele 1936“ (Beitrag von Karin Rose) und „Mehr als ein Jubelbild – Sportfotografie wird Sportkunst“ (von Bernhard Kunz), ferner geht es um „Historische Sportstätten und Sportarchitektur – Sportstättenbau und Stadtentwicklung“ sowie schließlich um die „Selbstdarstellung der Turnbewegung in ihren Fahnen“ (im Beitrag von Ulla Gohl-Völker und Annette R. Hofmann).
In der Sektion Literatur mit drei Beiträgen wird der Bogen gespannt über die Frage „Wie Friedrich Ludwig Jahn und Heinrich Heine einander beobachteten“ (Beitrag von Thomas Schmidt) bis hin zum „Sport im modernen deutschen Roman“, wo Hansgeorg Kling, pensionierter Studiendirektor (u.a. für Deutsch) und langjähriger Präsident der Friedrich-Ludwig-Jahn-Gesellschaft e.V., „das Beispiel Juli Zeh“ (Teil des Beitragstitels) aufgreift. In ihrem Roman „Nullzeit“ geht es um den Tauchsport, aber genauso um eine spannende Dreiecksbeziehung, wobei „Nullzeit“ jene Zeitspanne bezeichnet, die ein Mensch in einer Tiefe tauchen kann, ohne dabei ein Gesundheitsrisiko einzugehen.
Kling versteht seinen Beitrag als Beispiel für die Widerlegung der uralten und eigentlich längst überholten These, wonach der Sport ungeeignet bzw. uninteressant für die Literatur sei, und führt neben dem sorgfältig inspizierten Roman von Juli Zeh noch weitere Beispiele bzw. namhafte Autoren (u.a. mit Siegfried Lenz, Uwe Johnson und Ror Wolf als Klassiker) an. In seinem wenig später als „Festvortrag“ angekündigten Beitrag („Der bewegte Mensch in der Literatur“) rudert Johannes Schweikle jedoch wieder zurück und stellt erneut die Frage: „Warum schreiben ernsthafte Autoren so selten über Sport?“ Ganz abgesehen davon, dass die Zuschreibung „ernsthafte Autoren“ schon (im Ernst!) an sich erklärungsbedürftig ist, stellt sich die grundsätzliche Frage, wie denn überhaupt gemessen werden kann, dass Schriftsteller der Gegenwart angeblich so wenig oder nur selten über Sport schreiben? Vielleicht kommt es am Ende auf den ernsthaften, weil empirischen Selbstversuch an: Man muss nur lange genug bzw. an- und ausdauernd lesen, um über Sport in der Literatur fündig zu werden. Die DAGS sollte das Thema in jedem Fall weiter verfolgen … das nächste Symposium kann kommen!
Der aufwendig erstellte Band mit festem Einband auf hochwertigem Glanzpapier ist erschienen als 8. Band der als DAGS-Magazin einst eröffneten Reihe, die nun als Band drei der neuen Schriftenreihe im renommierten Arete Verlag in Hildesheim weitergeführt wird. Als Herausgeber fungieren die beiden Veranstalter der Tagung von Maulbronn; personell verantwortlich für den Band sind Helga Holz als Herausgeberin und Martin Ehlers, Markus Friedrich und Lothar Weiser als Herausgeber. Und noch ein aktueller Hinweis:
Der druckfrische Tagungsband wird am Dienstag, dem 18. Februar um 13 Uhr, im Beisein des Herausgeberteams und Christian Becker als Verleger von Arete im Haus des Sports beim DOSB in Frankfurt offiziell vorgestellt. Gleichzeitig wird auch die Wanderausstellung „Olympische Spiele. Architektur und Gestaltung – Berlin-München-Stuttgart“ dort gezeigt, die schon anlässlich des Symposiums in Maulbronn zu sehen war.
Martin Ehlers, Markus Friedrich, Helga Holz und Lothar Wieser (Hg.): Tagungsdokumentation Kunst – Sport – Literatur. Vorträge des gleichnamigen Jubiläums-Symposiums am 18. und 19. Oktober 2018 im Kloster Maulbronn. Hildesheim 2019: Arete. 224. S.; 24,50 €
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann