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Spezielle Kraft – Schnelligkeit und Pyramidentraining – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
Weniger Wiederholungen – mehr Gewicht und Rasendiagonalen danach
© Lothar Pöhlitz* – 12. März 2019 – Viele Jahre dominierten auch für Spitzenläufer die „Zirkel“. Dabei erfordert reizwirksames spezielles Krafttraining ohne Muskelhypertrophie weniger schnelle Wiederholungen mit größeren Lasten.
Zum Beispiel 10 – 8 – 6 – 3 technisch saubere Qualitäts-Wiederholungen, bei dem immer die letzten 2 schwer gehen sollen. Im nächsten Schritt erhöht man das Gewicht und senkt die Zahl der Wiederholungen weiter, bevor man wieder den Unterbau verstärkt. Nach dem Wintertraining soll man sich nun, in der Vorbereitungsperiode II, an der Kraftpyramide in der Abbildung unten orientieren. Dafür braucht man maximal 2 x 30-40 Minuten wöchentlich, auch nach DL-1.
Was bin ich – 800 m-, 1500 m- Läufer oder Langstreckler?
Es ist noch gar nicht so lange her als Männer, die 3:45, und Frauen, die 4:15 Minuten über 1500 m liefen, selbstverständlich zu den Mittelstrecklern gehörten. Inzwischen schaffen die besten Langstreckler diese Geschwindigkeiten mehr als dreimal so lange, die Weltrekorde über 5000 m stehen bei 12:37,35 bzw. 14:11,15 Minuten. Das sollte auch unseren 5000 m – Nachwuchs und ihre Coaches zu effektiven Methoden „verführen“ und die Mittelstreckler zu schnellerem Training. Trotzdem bleibt es bei der Unterdistanz + Spezialstrecke + Überdistanz – Kombination.
Die Qualität bestimmt in der VP II die Inhalte
Mittelstreckler wissen, dass man einen möglichst hohen Anteil „ererbter“ schnell kontrahierender FT-Muskelfasern für schnelles Laufen braucht und für deren optimale Funktionsfähigkeit Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer kombiniert trainieren muss. Die im letzten Jahrzehnt weitere internationale Leistungsdichteentwicklung im Laufen fordert
Sprintbegleitung immer – auch im Höhentraining – Foto: Ayadi
deshalb dazu heraus noch einmal über das Geschwindigkeitstraining, über Leistungsprofile, über Unter- und Überdistanzleistungsvoraussetzungen für Spitzenleistungen auch in den Langstrecken nachzudenken. Die Besten kennen ihre Stärken. Das Training der „kurzen Langstreckler“ (5000 m / 3000 m Hindernis) muss sich dem früherer Mittelstreckenausbildung annähern und die VO2max-Entwicklung stärker beachten. Da darf es nicht länger heißen Umfang oder Intensität, sondern es muss mehr Qualität, also mehr Geschwindigkeit im Trainingsumfang in den Mittelpunkt.
Spezielle Kraft und Schnelligkeit auch im Nachwuchsleistungstraining
Dem sollten auch die Trainer von Langstrecklern im Nachwuchsleistungstraining folgen, 2x wöchentlich Kraft und Motorik / Schnelligkeit / Schnelligkeitsausdauer bestmöglich einfügen und gleich in den ersten Wochen der VP II – und wenn neu, allmählich damit beginnen.
Effiziente Laufstile setzen ein starkes Zentrum, mehr Fuß-/ Beinkraft, Flexibilität und eine höhere Effektivität der Oberkörper-Muskelarbeit voraus. Da helfen schon 6 Wochen Gewichtarbeit / Hanteltraining, Bergansprints, kurzes Schlittentraining, Gleichgewichtsübungen, Medizinballarbeit, Schnellkraft-Sprünge und Qualitätsübungen aus dem Lauf-ABC.
Dem Wissen über das Training von Lydiard und Coe hat Alberto Salazar vom USA – Oregon-Projekt neues hinzugefügt. Mit seiner Kunde, dass er nach einem Krafttrainer auch „einen Sprinttrainer für seine Langstreckler angestellt hat“, hat er sicher schon eine Wende im trainingsmethodischen Denken einiger europäischer Läufer geschaffen. Wenn „ältere Langstreckler aus der Weltspitze überzeugt sind durch Kraft- und Sprinttraining“ weitere Leistungsfortschritte erzielen zu können müsste dies doch auch zu neuem Handeln im Nachwuchslauftraining führen. Das erfordert nicht nur beim Laufstil von den Besten abzukupfern, sondern daraus Veränderungen für die eigene Ausbildung abzuleiten.
Auch deutsche Läufer sollten die „Leichtlauftechnik eines Mittelstreckenschritts auf dem Vorfuß mit einem besseren Kniehub und einer optimalen hinteren Entspannungsphase (Anfersen) auf allen Bahnstrecken von 800 – 10000 m von kenianischen, äthiopischen und USA – Läufern „abkupfern“
Wir Europäer können es doch nicht einfach so hinnehmen das die besten Afrikaner im Vergleich zu uns eine andere „weichere Körperkonstitution“ mitbringen und wir gegen historische aber auch ausbildungsbedingte Nachteile in der Laufökonomie zu wenig tun. Dass sie härter als wir trainieren wissen wir. Durch die Ergebnisse von Galen Rupp (kann 11 Sekunden über 100 m !) und vielen weiteren amerikanischen männlichen und weiblichen Läufern in den letzten Jahren wird es wahrscheinlich was Salazar umtrieb als er nach bereits 5x wöchentlich einer Stunde Kraftarbeit – trotz 190 km von Mo Farah – für den neuen Olympiazyklus nach weiteren Verbesserungen in seinem bereits deutlich abzulesenden komplexen Training suchte.
Offensichtlich ist, dass er das Körper-Gesamtsystem vorbereitend so stark machen wollte, das Verletzungen vermieden werden – damit er/sie eines Tages zu neuen Spitzenleistungen und Siege am Tag X – also bei der nächsten EM / WM oder OS – fähig sind.
Kraft- und Gleichgewichtsdefizite in den Beinen und im „Zentrum“ beeinträchtigen das neuromuskuläre System zwischen Kopf und Körper sowie die Effizienz und Stabilität der Muskelarbeit. Eine schwach ausgeprägte muskuläre Ausbildung, schwache Sehnen, Faszien und Gelenke, eine zu schwache Wirbelsäule können Ursache unterschiedlicher Verletzungen sein und eine stabile Lauftechnik über die Dauer verschieden langer Wettkämpfe verhindern.
Die spezielle Kraft ist eine der am meisten unterschätzten Komponenten in der Ausbildung zum Läufer. Für die von der Fuß- und Beinmuskulatur aufzubringende Vortriebskraft in Geschwindigkeiten beispielsweise von 2:30 – 2:40 min/km bei Männern oder 2:50 – 3:00 min/km oder schneller bei Frauen, schafft das Kraftausdauer – Zirkel-training lediglich die Voraussetzungen für ein hochwirksames spezielles Krafttraining.
Dem Kraftausdauer-Grundlagetraining muss deshalb eine Schnellkraft- und maximal-kraftorientierte Trainingsphase über 2 x 4 – 6 Wochen in den jeweiligen Makrozyklen folgen.
Eine solche Trainingsphase im Herbst hat also eine zweite im Frühjahr vorbereitet, bei der das Ziel sein muss dann höhere Lasten / Widerstände schneller zu bewegen. Damit wird nicht nur die Belastbarkeit für das nachfolgende Tempo-Intensitätstraining erhöht, sondern vor allem die Fuß-/ und Fußgelenkskraft, aus der vor allem die Laufleistung kommt.
Im Lauf – Nachwuchstraining zuerst die Techniken und die Voraussetzungskraft für die Übungen ausbilden
Handhanteln -> Besenstiel -> Eisenstange -> Hantelstange -> freie Hantel Die Technik der wichtigsten Kraftübungen ist im Nachwuchstraining zuerst auszubilden, dabei werden die Anforderungen, die Geschwindigkeit der Bewegungen systematisch erhöht bis mit den Ausbildungs-Hilfsgeräten „sauber“ 8 – 12 Wiederholungen ohne Probleme geschafft werden, dann wird die Schwierigkeit / Gewicht erhöht. Von Läufern ist die Arbeit mit der freien Hantel dem Training an Kraftmaschinen vorzuziehen, weil erfahrungsgemäß die Kraftwirkung / auch auf die tieferliegenden kleinen Muskeln größer ist. |
F A Z I T
Die Wiederholungszahlen, das Hantelgewicht (Prozent zur Maximalkraft 100%) und die Belastungsdauer bis zur Ermüdung (3-5 x 20 x 50-60 % – 3-4 x 10 x 65-70 % – 2-3 x 3-5 x 80-85 %) in Kombination mit nachfolgenden Motoriktraining sind die Parameter für den Muskelaufbau auch für Läufer. Darauf baut die schnelle horizontale und vertikale Sprungarbeit auf.
Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 1971- 1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums Lauf / Gehen beim DVfL / DLV-Bundes-trainer 1980 – 1998 i. R. / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule / seit 2006 Leichtathletik Coaching-Academy