Die siegreichen U23-Frauen mit v.l. Anna Gehring, Miriam Dattke, Svenja Pingpank, Lea Meyer und Lisa Tertsch. - Foto: Jens Priedemuth
SPAR European Cross Country Championships Tilburg 2018 – Fünf EM-Medaillen für die deutschen Crossläufer in Tilburg – U23-Frauen holen Gold – Wilfried Raatz berichtet
Anna Gehring und Samuel Fitwi U23-Vizeeuropameister – Schlammschlacht und heftige Regenfälle bei den 25. Titelkämpfen in den Niederlanden
Überzeugende Vorstellungen der deutschen Nachwuchsläufer zum Auftakt der 25. SPAR European Cross Country Championships – so lassen sich die Wettbewerbe der U20- und U23-Konkurrenzen umschreiben, komplettiert durch couragiertes Auftreten der Männer und Frauen.
Fünf Medaillen, Team-Gold der U23-Girls, jeweils Silber in den U23-Läufen durch Samuel Fitwi und Anna Gehring sowie Bronze der U20-Jungen und der Frauen, sind eine überzeugende Bilanz über die augenblickliche Leistungsstärke beim Deutschen Leichtathletik-Verband.
Ganzstück war natürlich um die Mittagzeit der Auftritt der U23-Juniorinnen. Mit viel Mut zum Risiko lief dabei Anna Gehring stets in der ersten Reihe der zunächst noch großen Führungsgruppe. „Ich liebe es, meinen Schritt zu laufen – und das kann ich natürlich an der Spitze!“ freute sich die Neu-Kölnerin über ihren gelungenen Auftritt. Mit zunehmender Streckenlänge wurde es deutlich: Anna läuft um Gold!
Alleine die Dänin Anna Emilie Moller rückte in der Schlussrunde auf – und es ging lange Zeit gleichauf in Richtung Ziel. Mit letztlich dem besseren Ende für die Dänin. „Ich habe schon geglaubt, dass ich es nach Hause bringen könnte! Aber ich bin super zufrieden!“ Etwas frustriert stand dagegen Miriam Dattke daneben – mit einem Spikeschuh an den Füßen. „Den habe ich schon in der zweiten Runde verloren. Dafür bin ich aber noch gut durchgekommen!“ gestand die letztjährige U20-Dritte mit Blick auf ihren sechsten Platz, der gewiss unter diesen Umständen ausgezeichnet ist.
Und dann der Jubel im Team, denn mit 22 Punkten holte sich das DLV-Team die Goldmedaille vor Spanien (25) und Großbritannien (33). Mit dabei zudem noch Lisa Tertsch und Lea Meyer als Vierzehnte und Fünfzehnte.
Jimmy Gressier gegen Samuel Fitwi, das war praktisch über Zweidrittel der 8.300 m-Distanz das Duell. Am Ende hatte der französische Titelverteidiger das stärkere Ende für sich, aber der gebürtige Eritreer im DLV-Trikot war überglücklich über seine Silbermedaille. „Das hat Spaß gemacht, der Franzose war aber einfach stärker, deshalb habe ich mich auf den zweiten Platz konzentriert!“ Mit 23:45 lag der seit Januar 2018 mit einem deutschen Pass ausgestattete Samuel acht Sekunden hinter dem Titelverteidiger, knappe drei Sekunden vor dem mitfavorisierten Vorjahreszweiten Hugo Hay.
Mit einem starken Marcus Görger („Nach einem Sturz konnte ich mich schnell wieder aufrappeln und bin für mein erstes U23-Jahr sehr zufrieden!“) auf Rang 13 und Aaron Bienenfeld (33) verpasste das DLV-Aufgebot mit 48 Punkten eine weitere Medaille hinter Frankreich (11), Großbritannien (30) und Spanien (42) knapp.
Neun Jahre in Folge holten die U20-Läuferinnen bei Cross-Europameisterschaften stets zumindest eine Medaille, diese Serie riss nun auf dem schlammigen Parcours im Safaripark Beeksen Bergen. Auf der 4300 m langen Strecke hatte die zweifache Europameisterin Lisa Oed einen schwachen Start und fand sich anfangs nur im Bereich um Rang 50 wieder. „Ich konnte einfach nicht schneller. Mehr als Rang 23 war am Ende nicht drin, ich bin ganz schön kaputt“, kommentierte die Hanauerin ihr gewiss wenig zufriedenstellendes Resultat. „Ich glaube nicht, dass die Magen-Darm-Geschichte nach dem Darmstadt-Cross entscheidend war, wenngleich die Vorbereitung nicht optimal war!“
Wie bei Lisa Oed realisierten sich die vagen Hoffnungen auf eine Einzelmedaille auch nicht bei der einheimischen Jasmijn Lau oder der Irin Sarah Healy auf den Rängen vier und neun, dafür triumphierte die Schweizerin Delia Sclabin als Zweiter hinter der Überraschungs-Siegerin aus Italien Nadia Battogletti. Das deutsche Team landete auf Rang acht mit 98 Punkten, Europameister wurde Großbritannien mit 23 Punkten vor den Niederlanden (28), der Türkei (39) und der Schweiz (40).
Dafür sprangen die U20-Jungen mit Bravour in die Bresche. Mit 38 Punkten durften sich die DLV-Läufer Mohamed Mohumed, Nick Jäger und Dominik Müller als Dritter hinter Norwegen (28) und Großbritannien (30) feiern lassen. „Geil, bei meinem ersten internationalen Einsatz gleich eine Medaille“, freute sich der Dominik als ein Shootingstar der Saison, der bislang alleine als deutscher U20-Berglaufmeister aufgefallen war und nun als 23. zum wertvollen Teamläufer wurde.
Dagegen haderte Mohamed Mohumed etwas mit seinem missglückten Start: „Ich musste mich erst allmählich herankämpfen, das ist mir aber gut gelungen!“ Als letztlich Sechster hatte der Dortmunder lange Zeit sogar Anschluss an die Spitzengruppe gefunden, fiel aber auf dem Schlußkilometer dem Tempodiktat des europäischen Überfliegers Jakob Ingebrigtsen zum Opfer, der mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit den 6.300 m langen Wettbewerb in 18:00 Minuten und neun Sekunden vor dem Spanier Quassim Oumaiz und dem Serben Elzan Bibic gewinnen konnte. Ein nicht minder bravouröses Rennen lief auf Rang neun der Penzberger Hindernisspezialist Nick Jäger. „Das war meine Strecke, es lief einfach super gut!“
Glücklich fielen sich Elena Burhard, Fabienne Amrhein, Caterina Granz und Debbie Schöneborn in die Arme als feststand, dass die DLV-Frauen mit 50 Zählern hinter Gastgeber Niederlande (20) und Großbritannien (24) die Bronzemedaille gewonnen hatte. „Die Medaille ist das, was wir uns natürlich erhofft haben“, freute sich Fabienne Amrhein, die noch Mitte der Woche an einer Erkältung laborierte, als 19. im starken Frauenfeld letztlich ihre persönliche Zielstellung erreichte. „Mir liegen einfach diese Strecken“, freute sie sich verschmitzt. Das gilt natürlich auch für eine Elena Burkard, die allerdings in einer extrem starken Spitzengruppe früh den Anschluss verlor und weite Teile des Rennens alleine laufen musste. „Es war natürlich schwierig, viel alleine laufen zu müssen“, so die Nordschwarzwälderin. „aber die mögliche Team-Medaille hat mich gestärkt!“ Als Sechste musste sie sich lange Zeit gegen die stark aufkommenden Verfolgerinnen wehren, was ihr mit einem starken Finish auch gelang.
An der Spitze des über 8300 m führenden Rennens duellierten sich die zweifache Cross-Europameisterin Yasemin Can mit der überaus stark auftrumpfenden Schweizerin Fabienne Schlumpf, das mit einem weiteren, allerdings hauchdünnen Erfolg für die Türkei startende Äthiopierin endete. „Ich bin happy“, freute sich Fabienne Schlumpf, „denn das ist meine zweite internationale Medaille!“ Nur eine weitere Sekunde zurück folgte auf Rang drei die Norwegerin Karoline Bjerkeli Grövdal, gefolgt unter dem Jubel der vielen Zuschauer von zwei einheimischen Läuferinnen, Susann Krumins und Jip Vastenburg.
Einen überaus schweren Stand hatten zum Abschluss der 25. Cross-Titelkämpfe die Männer auf den zum Teil stark aufgeweichten 10.300 m. Wie auf einer Perlenschnur aufgereiht liefen die 90 Starter lange Zeit, da das Tempo nicht zu stark forciert wurde. Die aus Kenia stammenden türkischen Favoriten Aras Kaya, Kaan Kigen Özbilen und Polan Kipkemboi Arikan mussten sich allerdings im weiteren Verlauf mit den Attacken des Spaniers Adel Mechaal und Napoleon Solomon erwehren – ehe im letzten Streckenabschnitt mit Filip Ingebrigtsen der vielleicht spurtstärkste aus der Spitzengruppe das Heft des Handelns übernahm und letztlich zum sicheren Sieg vor dem früheren U23-Cross-Europameister Isaak Kimeli und Aras Kaya kam.
Die Teamwertung ging „natürlich“ an die Türkei (14) vor Großbritannien (34) und Italien (37), für das deutsche Team gab es mit 121 Punkten Rang elf, umrahmt von so erfolgreichen Crossnationen wie Frankreich (10.) und Portugal (12.). „Die Stimmung an der Strecke war der Hammer“, gestand Florian Orth, der als 23. das gesteckte Ziel der Top 20 zwar knapp verpasste, aber sichtliche Freude am persönlichen Duell mit Henrik Ingebrigtsen hatte. „Ich habe ihm unterwegs beim Überholen einmal einen Klaps gegeben, schließlich kennen wir uns schon viele Jahre!“
Und sein Regensburger Clubkollege Simon Boch (42.) ergänzte: „Ich habe alles aus mir herausgeholt, mehr ging heute nicht. An Flo wäre ich gerne drangeblieben, aber der war wieder einmal richtig stark!“
Wilfried Raatz
Euro Cross Stats – By K Ken Nakamura