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29
05
2018

Dusche beim Berlin-Marathon - Foto. Victah Sailer

Sommer, Sonne … laufen? Fit trotz Hitze – Hohe Temperaturen beeinträchtigen das Laufvermögen: Die Herzfrequenz steigt, die Leistungsfähigkeit lässt nach.

By GRR 0

Wir sagen Ihnen, warum das so ist und wie Sie im Sommer dennoch bei Training und Wettkampf bestens abschneiden – Martin Grüning in RUNNERS WORLD

Hitze beeinträchtigt die Ausdauerleistungsfähigkeit stark. Im Vergleich zu Normalbedingungen führt sie zu einer stärkeren Erhöhung der Körperkerntemperatur, einem schnelleren Verlust an Körperflüssigkeit (Dehydration), einem höheren Energieverbrauch und einer Verschlechterung der Laufökonomie.

Indirekt bewirkt dies einen deutlicheren Anstieg von Herzfrequenz, Laktat– und Stresshormonwerten, und auch bei Parametern des Immunsystems ist eine ausgeprägte Reaktion zu erkennen. Dies führt nicht nur zu einer geringeren Leistung in Training und Wettkampf, sondern erfordert auch eine längere Erholungsphase. Bereits ein Flüssigkeitsverlust von mehr als zwei Prozent des Körpergewichts verringert die Ausdauerleistung. Ein noch stärkerer Flüssigkeitsverlust im Training stellt dann auch den gewünschten Erfolg desselben in Frage.

Darum steigt Die Herzfrequenz

Beim Laufen produziert der Körper rund zehnmal mehr Wärme als im Ruhezustand. An kühlen Tagen wird die Extrawärme über den Schweiß abgegeben, doch bei Hitze funktioniert der Kühlungsprozess bei weitem nicht so gut, vor allem dann, wenn auch noch hohe Luftfeuchtigkeit dazukommt. Unter solchen Bedingungen geraten Haut und Beinmuskulatur in einen Wettstreit um die optimale Blutversorgung. Die Muskeln fordern vom Herzen Blut an, um sich mit dem notwendigen Sauerstoff zu versorgen, und die Haut benötigt Blut zur Kühlung: Das Blut transportiert die von den Muskeln produzierte Wärme an die Hautoberfläche.

Damit wird verhindert, dass wir überhitzen wie ein Automotor an einem Gebirgspass. Um den erhöhten Bedarf zu decken, muss das Herz mehr arbeiten als bei kühlem Wetter. Die Folge: Die Herzfrequenz steigt.
Es gibt noch einen weiteren Grund, warum sich das Herz mit der Sommerhitze nicht so schnell anfreunden kann: Durch starkes Schwitzen sinkt das Blutvolumen, das Blut wird dicker. Das bedeutet: Das Herz hat weniger Blut zur Verfügung und wird stärker belastet.

Glücklicherweise passt sich der Organismus mit der Zeit den hohen Temperaturen an – etwa dadurch, dass weniger Flüssigkeit als sonst über den Urin abgegeben wird. Oder dadurch, dass das Blutvolumen von Tag zu Tag ansteigt und zugleich effektiver geschwitzt wird, was wiederum dafür sorgt, dass die Haut kühler bleibt und weniger Blut benötigt wird.

So weit kann sich der Körper an die Hitze anpassen

Der menschliche Körper ist durchaus in der Lage, sich an hohe Außentemperaturen zu gewöhnen. Die Akklimatisierung dauert ungefähr fünf bis zehn Tage, dann sind etwa 90 Prozent der maximal möglichen Hitzetoleranz erreicht. Der Anpassungsprozess umfasst eine ganze Reihe von Körperfunktio-nen: Die Schweißproduktion setzt schneller ein und ist stärker. Gleichzeitig enthält der Schweiß weniger Elektrolyte, was seine Verdunstung auf der Haut begünstigt. Obendrein wird die Haut stärker durchblutet.

Auch im Herz-Kreislauf- und Hormonsystem kommt es zu Anpassungsvorgängen, die einen geringeren Anstieg sowohl der Körpertemperatur als auch der Herzfrequenz bewirken und damit eine höhere Laufleistung ermöglichen. Allerdings gibt es unter Ausdauersportlern deutliche Unterschiede hinsichtlich der körperlichen Anpassungsfähigkeit. Insbesondere das Körpergewicht scheint starken Einfluss auf die individuelle Hitzeverträglichkeit zu haben: Kleine, leichte Läufer sind für Belastungen in der Hitze besser geeignet als große, schwere.

Runter mit den Laufumfängen

Wenn man konstante Trainingsparameter realisieren will, muss man logischerweise Intensität und Umfang der Laufbelastungen gegenüber einem anspruchsvollen Training unter Optimalbedingungen reduzieren. Das heißt konkret: Bei Temperaturen über 23 Grad müssen das Lauftempo und eventuell auch die Laufumfänge zurückgenommen werden. Wer nach Herzfrequenzvorgaben trainiert, hält sich weiter an die gewohnten Richtwerte, wird aber feststellen, dass im gleichen Herzfrequenzbereich nur ein viel langsameres Tempo realisiert werden kann.

Und so sieht ein vernünftiges Training unter Hitzebedingungen aus: Wer keine Erfahrung mit der Herzfrequenz hat und sich beim Lauftempo nach Zeitvorgaben richtet, sollte sein Dauerlauftempo jenseits von 23 Grad mit jedem Grad, um das das Thermometer steigt, um zwei Prozent reduzieren. Wollen Sie also am Tag X zehn Kilometer im 5:00-Minuten-Tempo (5 Minuten pro Kilometer) laufen, und es herrschen 27 Grad, reduziert sich die Tempovorgabe auf 5:24 Minuten pro Kilometer.

Sofern Sie zu jenen Läufern gehören, die den Marathon in 3:30 Stunden laufen, können Sie Ihre gewohnten Laufumfänge nahezu beibehalten. Ausnahme: Der lange Lauf wird mit jedem Grad über 23 Grad um fünf Prozent verkürzt. (Beispiel: Aus einem 25-Kilometer-Lauf wird bei 27 Grad einer von etwas mehr als 23 Kilometer Länge.)

Das ist bei Wettkämpfen zu beachten

Eine gut entwickelte Ausdauer wirkt sich auch positiv auf die Hitzetoleranz im Wettkampf aus. Ein solides Grundlagentraining ist daher der erste Schritt zur Verbesserung der Wettkampfleistung unter Hitzebedingungen. Außerdem ist selbstverständlich eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr vor, während und nach dem Wettkampf unerlässlich.

Bei direkter Sonneneinstrahlung empfiehlt es sich, eine Kopfbedeckung zu tragen und unbedeckte Körperpartien mit Sonnenschutzcreme einzuschmieren. Wenn man zu einem Wettkampf in ein Land reist, in dem große Hitze herrscht, sollte man dem Körper ungefähr eine Woche Zeit geben, um sich zu akklimatisieren. Am Wettkampftag sollte man sich vor dem Start möglichst im Kühlen aufhalten. Einzelnen Studien zufolge lässt sich die Aufheizung des Körpers unter Belastung durch eine „Vorkühlung“ etwa mittels einer kalter Dusche hinauszögern. Dies sollte man jedoch unbedingt vorher ausprobieren.

Die neuesten Trinkregeln

Das wichtigste Thema im Zusammenhang mit dem Laufen in der Hitze ist für viele das Trinken. „Was?“ und „Wie viel?“ sind die meistgestellten Fragen unter Läufern.

Jahrelang galt die Regel, man könne im Grunde gar nicht genug trinken. In der Folge hatten viele Läufer unterwegs immer Getränke dabei, deponierten Getränkeflaschen für die langen Läufe am Wegesrand und tranken an den Getränkestationen so viel, wie sie nur konnten. Läufer, die über lange Strecken mit großen Flaschen in der Hand laufen, sind seit langem ein gewohntes Bild.

Ernste Zweifel an dieser Theorie kamen auf, als die ersten Fälle von Hyponatriämie bei Läufern auftraten: Durch eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme wird die Blutkonsistenz verwässert und der Salzgehalt im Blut nimmt ab. Im Jahr 2002 starb eine junge Frau beim Boston-Marathon an Überhydrierung. Plötzlich wurde aus der Angst vieler Läufer, zu wenig zu trinken, die Angst, man könnte es damit übertreiben.

Wissenschaftler teilen diese Befürchtungen jedoch nicht. Vor drei Jahren verabschiedete die internationale Vereinigung der Marathon-Rennärzte (International Marathon Medical Directors Association, IMMDA) eine seit langem erwartete Empfehlung zum richtigen Trinken. Die schlichte Botschaft: Läufer sollen dann trinken, wenn sie Durst haben. „Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen schützt das eigene Durstgefühl den Sportler am besten davor, zu viel oder zu wenig zu trinken“, so die Erklärung der IMMDA.

Diese Empfehlung ist in ihrer Einfachheit verblüffend – zumal sie im Widerspruch zu jenen Empfehlungen steht, die etwa vom American College of Sports Medicine (ACSM), aber auch von der IMMDA selbst über viele Jahre ausgegeben wurden. Tatsächlich haben diese Institutionen eine bemerkenswerte Kehrtwendung vollzogen.

Und was soll man trinken?

Angesichts des breiten Angebots an modernen Durstlöschern mag einfaches Wasser geradezu antiquiert wirken. Wasser hat jedoch den Vorteil, dass es fast überall verfügbar ist – und preisgünstig dazu. Und all jenen, die auf ihr Gewicht achten, sei gesagt: Wasser hat keine Kalorien. Zwar mag einem Leitungswasser weniger rein vorkommen als Wasser aus der Flasche, doch es unterliegt meist strengeren Kontrollen und Richtwerten als Mineralwasser und enthält teils sogar mehr Mineralien.

Kurz: Bei Läufen unter 30 Minuten ist Wasser erste Wahl. „Wer sich zu einem Fünf-Kilometer-Lauf aufmacht, hat in der Regel genügend Energiereserven im Körper und kann daher ausschließlich auf Wasser vertrauen“, sagt auch Chris Carmichael, Ernährungsexperte („Food for Fitness: Eat Right to Train Right“) und Trainer von Lance Armstrong. Wasser ist übrigens auch ein perfektes Getränk gegen den Durst und für eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung während des ganzen Tages.

Dagegen sind für Läufe mit einer Länge von mehr als 30 Minuten klassische Sportgetränke, die idealerweise einen Anteil von sechs bis acht Prozent Kohlenhydrate enthalten (14 bis 20 Gramm pro Portion), oft besser geeignet. In dieser Konzentration werden sie vom Körper bis zu 30 Prozent schneller aufgenommen als reines Wasser. Dazu liefern sie dem Körper eine Kohlenhydrat-Reserve zur Auffüllung seiner Energievorräte.

Sportgetränke enthalten außerdem Elektrolyte und Mineralstoffe als Ersatz für das, was uns beim Schwitzen verloren geht. Trotzdem verzichten manche Läufer ganz bewusst auf Sportgetränke – wegen der Kalorien. Doch das ist falsch, wie die Ernährungsexpertin und Buchautorin Girard Eberle („Endurance Sports Nutrition“) betont. „Wenn Sie intensiv trainieren, sollten Sie nicht gleichzeitig die Kalorienzufuhr verringern.“ Zudem vermuten Experten, dass während des Laufens konsumierte Kohlenhydrate für einen geringeren Appetit nach dem Sport sorgen.

Noch recht neu auf dem Markt sind sogenannte Energiesportgetränke und spezielle Ausdauersportgetränke. Diese haben oft einen ähnlich hohen Kohlenhydratanteil wie konventionelle Sportgetränke. Der Unterschied besteht in einer etwa doppelt so starken Dosis Natrium und Kalium – das sind die Mineralien, von denen wir beim Schwitzen am meisten verlieren. „Getränke, die sowohl Kohlenhydrate als auch Elektrolyte enthalten, können die sportliche Leistungsfähigkeit bei langen Ausdauerbelastungen und in Wettkämpfen verbessern“, sagt Carmichael.

Zu empfehlen sind sie bei Läufen oder Wettkämpfen, die zwei, drei oder mehr Stunden dauern. Außerdem eignen sie sich für Läufer, die Probleme mit Krämpfen haben oder sehr stark schwitzen.
Egal für welches Getränk Sie sich entscheiden – eins sollten Sie auf jeden Fall beherzigen: Testen Sie es erst bei kurzen Läufen, dann bei längeren, und nutzen sie es erst dann im Wettkampf, wenn Sie damit immer gute Erfahrungen gemacht haben.

Vier brennende Fragen vor dem Hitzerennen


1 Akklimatisiert?
Haben Sie sich in den Wochen vor dem Start hinreichend an die höheren Temperaturen gewöhnt? Mindestens zehn Tage bis zwei Wochen sollte man bei hohen Temperaturen trainiert haben, bevor man an den Start eines Hitzerennens geht.

2 Ausgeruht? Haben Sie sich vor dem Rennen geschont? In Wettkämpfe bei hohen Temperaturen sollte man besonders ausgeruht -gehen. Achten Sie auf genügend Schlaf (mindestens sieben Stunden) und gezielte Regenerationsmaßnahmen vor dem Wettkampf. Verbringen Sie die letzten 24 Stunden vor einem Rennen über-wiegend in kühlen, klimati-sierten Räumen.

3 Getrunken? Haben Sie auch genug
getrunken? Das richtige Maß ist ganz einfach zu bestimmen: Trinken Sie immer dann, wenn Sie Durst haben. Ihr Durstgefühl bestimmt auch die Menge. Das gilt für die Zeit vor, aber auch während und nach dem Wettkampf. In der Regel sind dies an dem Tag vor einem Rennen 2 bis 2,5 Liter.

4 Gesund? Sind Sie kerngesund und nehmen keine Medikamente zu sich? Die körperliche Beanspruchung durch ein Hitzerennen ist meist sehr viel größer als bei einem Lauf unter Normalbedingungen. Nur wer sich am Tag X topfit fühlt, sollte wirklich an den Start gehen. Bei diesen Extrembedingungen ist das Risiko sehr groß, dass auch kleinste Unpässlichkeiten eine große Wirkung entwickeln. So stören manche Medikamente (etwa solche mit dem Asthma-Mittel Ephedrin) die Thermoregulation des Körpers ganz empfindlich.

Die Haut schützen

Nehmen Sie die Warnungen der Experten zum Thema Sonnenschutz ernst“, rät die Weltklasse-Marathonläuferin Deena Kastor, Gewinnerin der US-Ausscheidung für die Olympischen Spiele in Peking. Der Bronze-Medaillengewinnerin von 2004 wurde kurz vor dem Ausscheidungsrennen in Boston zum dritten Mal seit 2003 ein bösartiges Melanom entfernt. „Zu Beginn meiner Karriere habe ich beim Laufen nie auf einen ausreichenden Sonnenschutz geachtet. Jetzt zahle ich den Preis dafür“, sagt die 34-Jährige, die keinen Zweifel hat, dass ihre Hautprobleme direkt auf ihr hohes Laufpensum unter freiem Himmel zurückzuführen sind.

In der Tat sollten auch Freizeitsportler die Gefahr nicht unterschätzen: Rund acht Millionen Deutsche haben hellen Hautkrebs, jedes Jahr kommen 150 000 Neuerkrankungen dazu, darunter immer mehr Unter-35-Jährige. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken jährlich weltweit bereits über zwei Millionen Menschen an Hautkrebs. Experten schätzen, dass in Deutschland jeder Fünfte irgendwann in seinem Leben davon betroffen sein wird.

Die Gefahr geht dabei nicht von dem Sonnenlicht selbst aus, sondern von der unsichtbare ultravioletten Strahlung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich vor ihr zu schützen: richtig eincremen, Mittagsstunden zwischen 12 und 15 Uhr meiden, eine Kopfbedeckung tragen, möglichst im Schatten laufen (zum Beispiel im Wald). Wer auf Nummer sicher gehen will, fährt mehrgleisig.

Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor können für eine gewisse Zeit den Sonnenbrand verhindern, schützen aber prinzipiell nicht vor Hautschädigungen. Trotzdem sollten Sie, wenn Sie in der Sonne laufen, alle freien Körperteile mindestens mit Lichtschutzfaktor 15 (LSF 15) eincremen.

Nun haben manche Menschen eine empfindlichere Haut als andere. Um den für Sie passenden Lichtschutzfaktor zu finden, müssen Sie zuerst Ihren individuellen Hauttyp bestimmen. Dieser gibt Auskunft über die sogenannte Eigenschutzzeit, die besagt, wie lange Sie in der Sonne sein können, ohne Hautschäden zu riskieren.

Menschen mit blasser Haut, blauen Augen, roten oder blonden Haaren (entspricht Hauttyp 1) haben zum Beispiel eine Eigenschutzzeit von nur fünf bis zehn Minuten. Länger dürfen sie nicht ungeschützt in der Sonne bleiben. Mit LSF 20 (textil oder per Creme) verlängert sich diese Zeit maximal auf 1,5 bis 3 Stunden. Übrigens: Der Lichtschutzfaktor beziffert zwar weltweit den Schutz vor den gefährlichen UV-B-Strahlen, heißt aber nicht überall genauso. Oft steht auf der Packung SSF (Sonnenschutzfaktor) oder SPF (Sun Protection Factor).

LSF 4 absorbiert nur rund 75 Prozent der UV-B-Strahlung, LSF 10 um die 90 Prozent, LSF 20 etwa 95 und LSF 50 zirka 98. Wichtig ist allerdings, dass das Mittel nicht nur vor UV-B-, sondern auch vor UV-A-Strahlen ausreichend schützt. Diese Strahlenart dringt bis ins Unterhautfettgewebe ein, zerstört Kollagen, ist für die Hautalterung verantwortlich und an der Krebsentstehung beteiligt.

Selbst moderne Cremes können sie aber nur zu maximal 90 Prozent blockieren.

Martin Grüning in RUNNERS WORLD – Eine Wiederholung eines Beitrages auf GRR

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