Seelische Gesundheit im Leistungssport Grundlagen und Praxis der Sportpsychiatrie - Foto: Schattauer / Klett-Cotta Verlag
Seelische Gesundheit im Leistungssport – Grundlagen und Praxis der Sportpsychiatrie – Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag – Valentin Z. Markser und Karl-Jürgen Bär
Das Buch stellt das erste deutschsprachige Werk zu dem neuen Wissenschaftszweig der Sportpsychiatrie dar. Seelische Belastungen sind, genau wie die körperlichen Beanspruchungen, ein fester Bestandteil des Leistungsports.
Die Sportpsychologie nutzt wissenschaftlich fundierte Methoden, um die psychischen Leistungsvoraussetzungen von Athleten und Trainern nachhaltig zu optimieren. Das junge Gebiet der Sportpsychiatrie beschäftigt sich mit der Erhaltung der seelischen Gesundheit bei Sportlern und Trainern, trägt damit langfristig zur Leistungsoptimierung bei und unterstützt dadurch die Arbeit der Sportpsychologen und Mentaltrainer.
Die protektive Wirkung von körperlicher Aktivität und Sport auf die seelische Gesundheit ist wissenschaftlich gut untersucht und belegt. Dies kann aber nicht einfach auf den Leistungssport übertragen werden, wo nicht die Gesundheit, sondern das Erreichen bestimmter sportlicher Leistungen das Ziel darstellt.
Mehr Sport bedeutet nicht zwangsläufig einen Zugewinn an körperlicher und auch seelischer Gesundheit. Viele Sportler können auch mit Unterstützung der Sportpsychologie im Wettkampf extreme mentale Stärke zeigen, unbemerkt aber gleichzeitig an seelischen Störungen leiden. Bis heute wird im Leistungssport vonseiten der Medien, der Trainer und vor allem der Sportler mentale Stärke mit seelischer Gesundheit gleichgesetzt.
Oft werden nicht nur Schmerzen, sondern auch die eigenen Grenzen und seelischen Belastungen verleugnet.
Durch die mit Stress-Resistenz-Training antrainierte Widerstandsunempfindlichkeit gegenüber dem Stress wird zwar die Leistungsfähigkeit optimiert, gleichzeitig wächst aber auch die Gefahr für die seelische Gesundheit des Sportlers, weil sie ihre Belastungsgrenzen missachten. Denn eine andauernd erhöhte Konzentration von Stresshormonen kann zu körperlichen und psychischen Erkrankungen führen. Der Zusammenhang zwischen chronischem Stress und dem Auftreten verschiedener psychischer Störungen, insbesondere zwischen Stress und Depressionen, ist wissenschaftlich anerkannt. Allerdings wurden erst in den letzten Jahren vermehrt wissenschaftliche Studien zur seelischen Gesundheit im Leistungssport veröffentlicht.
Das Buch gibt einen ersten umfassenden Überblick über den derzeitigen Wissensstand in der Sportpsychiatrie.
Nach einleitenden Abschnitten: „Seelische Gesundheit und mentale Stäke im Leistungssport“, „Neurobiologische und neuroanatomische Grundlagen“ sowie „Studien über seelische Störungen im Leistungsport“ werden einzelne Krankheitsbilder abgehandelt: „Affektive Störungen und Übertrainingssyndrom“, „Essstörungen“, „Abhängigkeitserkrankungen und Sportsucht“, „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)“, „Gehirnerschütterungen und ihre Folgen“ und „Sexueller Missbrauch und sexualisierte Gewalt im Leistungssport“.
Es schließen sich Beiträge zu „Psychodynamik und Persönlichkeit im Leistungssport“, „Sporteltern und sportpsychiatrische Beratung“, „Sportpsychiatrie als medizinische Disziplin für seelische Gesundheit im Leistungsport“ und „Besonderheiten von Diagnostik, Behandlung und Prävention der seelischen Gesundheit im Leistungssport“ an.
Da der Leistungssport Teil unseres gesellschaftlichen Lebens darstellt, wird es Zeit, dass entsprechende Versorgungstrukturen geschaffen werden, damit Sportler bei Angst- und Erschöpfungszuständen wie auch Depressionen ebenso kompetent behandelt werden wie bei Knochenbrüchen und Muskelverletzungen.
Die funktionellen Zusammenhänge zwischen Darm, Gehirn, Immunsystem und Hormonsystem sind komplex und in den letzten Jahren hat die Wissenschaft viele neue Erkenntnisse hierzu gewonnen. Sie alle werden vom Mikrobiom (Darmflora) beeinflusst, das selbst wiederum von der Ernährung und der Lebensweise mitbedingt wird. Die Darmbakterien produzieren mehr chemische Mediatoren wie Serotonin und Dopamin als die Gehirnzellen selbst. Deshalb werden Probiotika und Präbitoika auch zur Behandlung von Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Problemen eingesetzt. Leider findet man zu diesem relativ neuen und spannenden Forschungsbereich keine Hinweise in dem Buch.
Ein sehr empfehlenswertes Praxisbuch für Psychiater, Psychotherapeuten, Allgemeinmediziner, Sportmediziner, Sporttherapeuten, Trainer sowie interessierte Patienten, Angehörige und Berater.
Über die Autoren:
Valentin Z. Markser, Dr. med., M.A.phil., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, seit 1988 in eigener Praxis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Psychoanalyse in Köln.
Karl-Jürgen Bär, Prof. Dr. med., Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Direktor der Kliniken für Gerontopsychiatrie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Jena.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Markser, Valentin Z / Bär, Karl-Jürgen
Seelische Gesundheit im Leistungssport
Grundlagen und Praxis der Sportpsychiatrie
2019, 191 Seiten, geb.
€ (D) 39,99 / € (A) 41,10
ISBN: 978-3-608-43206-0
Schattauer / Klett-Cotta Verlag
Rotebühlstr. 77, 70178 Stuttgart