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01
2020

Julien Wanders - Foto: Organisers- Jiro-Mochizuki

Schweizer Laufszene 2019 – Julien Wanders, der Schweizer Leuchtturm – Heinz Schild berichtet

By GRR 0

«Er muss im Kopf fitter werden», titelte der ‘Tages-Anzeiger’ Zürich. Eben hatte Julien Wanders beim grössten Strassenlauf der Schweiz, in Genf, Telahum Bekele geschlagen, den Weltjahresbesten auf der 5000-m-Distanz.

Sechs Wochen später, am 12. Januar 2020, verbesserte er in Valencia den von ihm gehaltenen 10-km-Europarekord um weitere 12 Sekunden auf 27:13. Sein Vorgänger heisst Mo Farah.

Doch ausgerechnet an der Weltmeisterschaft in Doha und bei Weltklasse Zürich ist Wanders völlig eingebrochen. Fast unerklärlich, beinahe unbegreiflich. Auf der Strasse Weltklasse (Halbmarathon-Europarekord (59:13), auf der Bahn an zu hohen Erwartungen zerbrochen. Diese mentalen Schwächen versucht Julien Wanders Trainer, Marco Jäger, auszumerzen.

Wanders müsse sein Wettkampf-Programm anders strukturieren, will heissen sich besser auf die Formhöhepunkte fokussieren. Die Olympia-Saison will Wanders aber nochmals en route starten. Nach Valencia folgt am 21. Februar der Halbmarathon von Ras-al-Khaimah, am 2. März die Halbmarathon WM in Gdynia Polen.

Im Schatten von Wanders tut sich einiges

Auf der Marathon-Distanz finden sich 2019 in der Schweiz immerhin sechs Läufer unter der 2:20-erGrenze, wobei einzig Tadesse Abraham mit 2:07:24 die Olympia-Limite von 2:11:30 bereits erfüllt hat.

Bei den Frauen peilen Martina Strähl (pB 2:28:07) und Maude Mathys (2:31:17) die Olympia-Qualifikation an. Quali-Chancen hat aber ebenfalls die EM-Zweite über 3000-m-Steeple, Fabienne Schlumpf. Eigentlich wollte sie 2019 ihr Marathon-Debut starten, musste aber wegen einer Stress-Fraktur im Fuss die Saison leider abbrechen. Einmal mehr hat schliesslich die 19-jährige Delia Sclabas ihr grosses Talent untermauert. An den U20-EM in Boras errang die Bernerin über 1500 m Gold, und lief an den Cross-Europameisterschaften in Lissabon, ebenfalls in der U20-Kategorie, auf Platz 4.

Erstmaliger Teilnehmer-Rückgang

Es war kühl, es war nass. So präsentierte sich der Frühling 2019. Das hat die Teilnehmerzahlen bei den Running-Events gedrückt. Und weil sich der Sommer zwar von der schönsten, aber auch heissesten Seite gezeigt hat, konnte der leichte Rückgang auch im nassen Herbst nicht mehr aufgeholt werden.

Die Spirale kann sich nicht ewig nach oben drehen. Erstmals sanken bei den Running-Events in der Schweiz die Teilnehmerzahlen. Nach dem seit vier Jahrzehnten (!) ungebrochen, steilen Anstieg, ist es 2019 zu einer Sättigung und in der Gesamtwertung zu einem leichten Abwärtstrend gekommen.

An den hundert grössten Events wurden gesamthaft 435’000 Finisher gezählt, knapp 6’000 weniger als 1998 oder minus 1,3 Prozent. Nach wie vor bewegen sich die Teilnehmerzahlen aber auf einem sehr hohen Niveau.

  1. Escalade Genf Hauptrennen, 7,2 km 40 584 →
  2. Grand-Prix von Bern, 16,1 km 28 820 ↗
  3. 20 km de Lausanne 24 160 ↗
  4. Zürcher Silvesterlauf, 8,5 km 18 829 ↘
  5. Genève Marathon, 42,2 km 15 447 ↗

Uneinheitliches Bild

Von den 12 grössten Lauf-Veranstaltungen der Schweiz haben der Grand-Prix von Bern, die 20 km de Lausanne, der Genève Marathon, die Zürcher Sola-Stafette und der Greifenseelauf gegenüber dem Vorjahr zwischen 0,8 und 3,2 Prozent zugelegt.

Umgekehrt mussten von den grossen Events besonders der Lausanne Marathon, die Stadtläufe in Luzern und Basel, sowie der Schweizer Frauenlauf und der Zürich Marathon Verluste zwischen 12 und 18 Prozent hinnehmen. Ein wichtiger Grund: Sowohl in Zürich (teilweise Schneefall), wie auch in Luzern (Starkregen), herrschten misslichste Bedingungen. Interessanterweise betraf das Manko beim Zürich Marathon nicht die 42-km-Strecke, sondern die kürzeren Zusatz-Events.

Beliebte Landschaftsläufe

Stark zugelegt haben die Landschaftsläufe: Engadiner Sommerlauf 29,3 Prozent, Matterhorn Ultraks 21,6 Prozent, Aletsch Halbmarathon 12,5 Prozent, Sierre-Zinal 10,7 Prozent. Umgekehrt musste der Jungfrau Marathon auf der 42-km-Strecke, mit 3715 Finishern ein Minus von 3,5 Prozent hinnehmen. Wind, Regen und Kälte (4° C. am Ziel) führten zu einem Rekord von über 300 Aussteigern.

Interessant ist die Entwicklung in der Trail-Running-Szene mit nunmehr bereits über 30 Ultra-Trail-Wettkämpfen in der Schweiz. Die Walliser Pioniere von Sierre-Zinal wurden mit dem Label «Golden Trail World Series» belohnt, einer 6-er-Serie mit enorm anspruchsvollen Wettkämpfen in sechs Ländern und drei Kontinenten.

Am Final beim Annapurna Marathon in Nepal und im Gesamtklassement (drei von sechs Events) triumphierte die Schweizerin Judith Wyder.

Den Medien hierzulande war das keine Zeile wert.

Heinz Schild

Heinz Schild berichtet seit Jahren auf GRR von der Schweizer Laufszene – Foto: privat

 

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author: GRR