Silvesterlauf Wasungen - Foto: Veranstalter
Sao Paulo stand Pate – Wasungen vor 65 Jahren, und Gummersbach zog nach … Klaus Weidt berichtet
Wie in Deutschland die Silvester- und Neujahrsläufe erfunden wurden
Der Silvesterlauf von Sao Paulo ist schon lange eine Legende. Seit 1925 wird hier alljährlich am 31. Dezember jener Lauf ausgetragen, der sich offiziell „Corrida International de Sao Silvestre“ nennt.
War er anfangs nur für die Brasilianer gedacht, öffnete man das Start-Tor nach 1945 auch für die Läufer aus aller Welt. Und somit kam der frischgebackene Olympiasieger Emil Zatopek 1953 nach Sao Paulo und gewann natürlich.
Das imponierte dem 16-jährigen Rüdiger Grunow im Thüringischen Wasungen, der gerade in die Leitung der neu gegründeten Leichtathletik-Sektion gewählt wurde. Gern hätte er Zatopek nachgeeifert und wäre nach Brasilien geflogen. Doch da das in der DDR im Bereich der Utopie lag, kam er mit den Wasungern in ihrer Karnevalshochburg auf die Idee, selbst einen Silvesterlauf zu organisieren.
Silvesterlauf in Wasungen – Foto: Veranstalter
Viele hielten die Ankündigung zum 31. Dezember 1955 für einen Silvesterscherz. 23 meldeten sich, doch 11 starteten nur. Da es ein Jugendrennen als Auftakt gab, den Grunow gewann, kann sich der heutige Rentner als ersten deutschen Silvesterlauf-Sieger bezeichnen.
Die Nachricht, dass im ostdeutschen Wasungen ein Jahresendrennen stattgefunden hatte, drang nicht bis ins westdeutsche Gummersbach. Als man dort zwei Jahre später zum „Silvester-Crosslauf“ rüstete, glaubte man, die Ersten zu sein. Und so wurde dieser als der „älteste und härteste Silvesterlauf Deutschlands“ beworben. 1956 probten die Gummersbacher, indem sie drei „Füchse“ mit Papierschnitzeln auf die Strecke schickte, danach ging eine Schar auf die Fährte.
Viele verliefen sich. Ein Jahr später begann dann das offizielle Zählen der Silvesterläufe. Rolf Fiedler gewann den von 1957 und auch ein Jahr später und hatte dann als Organisator großen Anteil daran, dass in jedem Jahr mit einer Silvesterrakete gestartet wurde.
Start beim Silvesterlauf in Trier – Foto: Veranstalter
Wenn auch nicht so traditionsbehaftet wie Wasungen und Gummersbach wirbt Trier mit seinem Slogan „Wir sind das deutsche Sao Paulo“. Fest steht: Die älteste deutsche Stadt brennt an jedem Jahresende ein Silvesterlauf-Feuerwerk ab: Walking, Bambinilauf, Mädchenlauf, Volkslauf, Eliterennen. Sao Paulo nahm sich sogar an Trier ein späteres Vorbild: Samba-Trommler, Trillerpfeifen und Konfetti. Selbst Haile Gebrselassie war begeistert!
Mehr als 100 Silvesterläufe könnte es inzwischen in Deutschland geben. Weitaus mehr als Neujahrsläufe. Die Idee hierzu entstand erst 17 Jahre nach der Silvesterlauf-Geburt.
Doch das ist wieder ein anderes Thema. Zum diesem demnächst auch an dieser Stelle…
Klaus Weidt