Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Willimczik - Foto: privat
Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Willimczik vollendet 80. Lebensjahr
Renommierter Sportwissenschaftler und erfolgreicher Leistungssportler
Der renommierte Sportwissenschaftler und erfolgreiche Leistungssportler Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Willimczik vollendet am Donnerstag, 23. April, sein 80. Lebensjahr.
Klaus Willimczik wurde 1940 in Königsberg (Preußen) geboren und leitete von 1980 bis zu seiner Emeritierung 2005 den Arbeitsbereich „Sport und Bewegung“ an der Abteilung Sportwissenschaft der Universität Bielefeld.
Nach dem Studium der Fächer Philosophie, Geschichte, Geografie und Leibeserziehung in Mainz, Hamburg und Berlin mit Abschluss des ersten Staatsexamens und Promotion (in Mainz) sowie Habilitation mit der Venia Legendi für „Theorie der Leibeserziehung“ (in Frankfurt) trat er 1971 im Alter von 31 Jahren die (erste) ordentliche Professor für Sportwissenschaft an der TH Darmstadt an.
Zu den Arbeitsschwerpunkten von Klaus Willimczik gehören u. a. die Wissenschaftstheorie und Forschungsmethodik, die Biomechanik und Bewegungslehre sowie die Sportpsychologie und die Geschichte des Sports und der Sportwissenschaft. Er ist damit einer der wenigen interdisziplinär arbeitenden Sportwissenschaftler, dessen Veröffentlichungen in den unterschiedlichen sportwis-senschaftlichen Teildisziplinen anerkannt sind.
Mehrere seiner Publikationen zählen bis heute zu den Standardwerken. Von herausragender Bedeutung für das Selbstverständnis und die Anerkennung des Faches ist seine vierbändige Begründung der „Sportwissenschaft interdisziplinär“.
Klaus Willimczick hat sich auch aktuell mit zahlreichen Beiträgen (u.a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18. Juni 2019) in die Debatte um die Gefahren der Anerkennung von eSport als „ordentlicher“ Sport eingeschaltet. In der ehemaligen Zeitschrift „Sportwissenschaft“ (heute: „German Journal of Exercise an Sport Research“) liefert er eine ausführliche sprachphilosophische Analyse, wonach eSport kein Sport ist.
Sein viel beachteter Beitrag in Heft 1/2019 schließt mit einem sehr persönlichen Postskriptum (Nachsatz): „Dem Kritischen Rationalismus ist besonders von der Kritischen Theorie vorgeworfen worden, dass er sich in die Unverbindlichkeit zurückziehe, indem er Werturteile innerhalb der Wissenschaft ablehne. Ich hoffe, dass mir in meinem Beitrag dieser Rückzug in die Unverbindlichkeit gelungen ist, dass ich nicht (normativ) Partei ergriffen habe.
Aber als Mitglied dieser Gesellschaft bekenne ich, dass ich auf der Grundlage meiner Sozialisation und in meiner Verantwortung für einen Sportbegriff, für eine Sportpädagogik und für eine Sportpolitik stehe, nach der Sport erstens an motorische Aktivität und zweitens an körperliche Anstrengung mit dem Ziel gebunden ist, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern bzw. möglichst lange zu erhalten. Für mich ist Sport weiterhin drittens psychisch-sozial-ganzheitlich zu sehen und hat viertens die Einhaltung von Grundwerten wie Fairness und Unversehrtheit der Person sicherzustellen“.
Klaus Willimczik hatte auch bedeutende ehrenamtliche Funktionen in Wissenschaftsorganisationen und im organisierten Sport auf Bundesebene inne: Er war u. a. von 1979 bis 1985 Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), der Personenvereinigung der Sportwissenschaft in Deutschland mit heute mehr als 1.000 Mitgliedern: „Klaus Willimczik hat als dvs-Präsident die Ausdifferenzierung der Vereinigung mit ihren Sektionen und Kommissionen im Sinne einer interdisziplinären Sportwissenschaft entscheidend vorangetrieben“, würdigt Prof. Dr. Dietrich Kurz als sein Nachfolger im Amt des dvs-Präsidenten von 1985 bis 1989 vor allem die wissenschaftspolitischen Verdienste von Willimczik und gratuliert gleichzeitig als ehemaliger Kollege an der Universität Bielefeld, wo beide in dieser Zeit die 1980 gegründete Abteilung für Sportwissenschaft in Bielefeld zu einem der angesehensten Standorte in der Bundesrepublik aufbauten.
Die dvs hat Klaus Willimczik bei der Hauptversammlung 2013 in Konstanz zum Ehrenmitglied ernannt. Willimczik war von 1982 bis 1984 Präsident des (inzwischen aufgelösten) Ausschusses Deutscher Leibeserzieher (ADL); er gehörte 20 Jahre dem Herausgeber-Kollegium der Zeitschrift „Sportwissenschaft“ an und war von 1986 bis 1988 in seiner Funktion als Vorsitzender des Bundesausschusses für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit des Deutschen Sportbundes (DSB) auch Mitglied im Präsidium des DSB. In seine Amtszeit beim DSB fiel u. a. die Erarbeitung und Verabschiedung der Grundsatzerklärung „Kinder im Leistungssport“ (1983), an der Willimczik federführend beteiligt war.
In den Jahren 2003 bis 2006 war Klaus Willimczik, der 1999 von der Fakultät für Sport und Sportwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zum Dr. honoris causa (h.c.) promoviert wurde, einer von zwei Vorsitzenden des Kuratoriums „Olympische Akademie und Olympische Erziehung“ des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) für Deutschland und als NOK-Vertreter auch Mitglied der Präsidialkommission Schulsport im DSB.
Willimczik verfügt zudem über eine beachtliche internationale Karriere im Leistungssport als vielseitiger Leichtathlet: Er war im Trikot des TSV Rendsburg erfolgreich als Zehnkämpfer (u.a. 1959 Deutscher Junioren-Vizemeister hinter Willi Holdorf) und im Stabhochsprung sowie u.a. zweimal Deutscher Meister über 110 Meter Hürden (1961 für Bayer Leverkusen und 1963 für den USC Mainz), nahm an zwölf Länderkämpfen für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) teil und war von 1965 bis 1968 DLV-Bundestrainer in dieser Disziplin – ganz abgesehen davon, dass diese sportart- bzw. disziplinspezifischen Aktivitäten von einem konkreten Theorie-Praxis-Bezug wissenschaftlich begleitet waren – erinnert sei an die im Jahre 1972 erschienene (und an sich nahe liegende) Habilitationsschrift mit dem Titel „Leistungsbestimmende Bewegungsmerkmale der 110-m-Hürdentechnik“.
Der heute immer noch u.a. regelmäßig im Rudern und im Segeln aktive Willimczik hat sich nicht zuletzt auch ehrenamtlich im Sportvereinswesen langjährig verdient gemacht: Er leitete u.a. von 1990 bis 1995 als Präsident die Geschicke des Traditionsvereins Bielefelder Turngemeinde von 1848, die ihn später zum Ehrenvorsitzenden ernannte und wo er im letzten Jahr zum ersten Mal überhaupt das Deutsche Sportabzeichen (natürlich in Gold) abgelegt hat. Bis 2015 war der mittlerweile in Traisa bei Darmstadt lebende Willimczik als Lehrbeauftragter an der TU Darmstadt tätig.
Auch im neuen Lebensjahrzehnt gibt es für Klaus Willimczik keinen Grund, seine wissenschaftliche Tätigkeit oder seine sportlichen Aktivitäten einzuschränken – mehr noch: Sein soziales Engagement zusammen mit seiner Frau gilt derzeit schwerpunktmäßig einem Projekt für Waisenkinder in Ghana.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in der DOSB-Presse