Prof. Dr. Detlef Kuhlmann - Foto: Horst Milde
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann begeht am 8. Oktober 2019 seinen 65. Geburtstag
Detlef Kuhlmann gehört im Lande zur ersten Riege der Sportpädagogen und ist fraglos einer ihrer fleißigsten. Wer allein über die Liste seiner Veröffentlichungen schaut, die vollständig noch gar nicht vorliegt, scrollt sich bereits die Finger wund.
Doch während wir so viel von ihm lesen können, erfahren wir über ihn oft nicht mehr als das, was kurze Randnotizen seiner Publikationen preisgeben. Dies ein weiteres Charakteristikum seiner Person, der es vorrangig um „die Sache“ geht und die so oft andere Menschen und deren Verdienste in den Blick rückt.
Umso erfreulicher ist es, wenn Kuhlmann einmal ausführlicher über sich selbst schreibt. Wie z. B. im Buch „Running forever“ (2017), für das er um einen Beitrag zu seinen persönlichen Erfahrungen als Läufer gebeten wurde.
Die jetzige Vollendung seines 65. Lebensjahres soll Anlass sein, sich eingehender mit ihm und seinem vielfältigen Wirken auseinanderzusetzen.
„Der gebürtige Ostwestfale mit preußischen Eigenschaften“
Geboren und aufgewachsen in Bielefeld studierte Detlef Kuhlmann am Orte Linguistik, Deutsch, Sport und Erziehungswissenschaft (1974 – 1979).
Beruflich richtungsweisend wurde seine Anstellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung Sportwissenschaft der Uni Bielefeld (1980 – 1988), wo er – als erster Doktorand des renommierten Sportpädagogen Prof. Dr. Dietrich Kurz – promovierte (1983).
Nach einer Zeit als Wissenschaftlicher Referent und stellvertretender Leiter der Willi-Weyer-Akademie, Führungs-Akademie Berlin des Deutschen Sportbundes (1988 – 1992) setzte er seine universitäre Laufbahn fort: zunächst als Akademischer Oberrat am Institut für Sportwissenschaft der Freien Universität Berlin (1992 – 2000), sodann mit Vertretungsprofessuren in Regensburg (2000 – 2004) und Hannover (2004 – 2006).
Bereits in 2001 hatte er an der Uni Münster seine Habilitationsschrift vorgelegt, mit der er sich um eine Hochschulprofessur bewarb. In 2006 wurde er zum ordentlichen Professor am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover berufen, wo er bis heute wirkt.
Innerhalb der Uni ging und geht es Kuhlmann darum, die Studienbedingungen der zukünftigen Sportlehrer zu verbessern und Sportpädagogik als Forschungsbereich noch mehr zu etablieren. „Ich bin dafür angetreten, dass wir die Nummer eins der Sportlehrerausbildung in Niedersachsen werden.“ Akzente hierfür setzte er nicht nur durch die Qualität seiner Lehre, sondern auch in seinen Funktionen als Leiter des Arbeitsbereichs Sport und Erziehung (Sportpädagogik) und als Geschäftsführender Direktor.
Sportpädagogischer Anspruch und unermüdlicher Einsatz
Menschen vielfältige Zugänge zu Bewegung und Sport, mithin zu einer erfüllenden, aktiven und gesunden Lebensgestaltung zu verschaffen, ja Sporttreiben gar als Lebenskunst erfahrbar werden zu lassen, beschreibt die Programmatik der Sportpädagogik.
Kuhlmann: „Für mich als Pädagogen ist wichtig, dass alle Menschen ihren individuellen Weg in den Sport finden können. Das heißt auch die Frage zu stellen, wie können sich Vereine für Personen öffnen, die dem Sport noch fernstehen? Dabei muss man die wichtigen Themen Integration und Inklusion gleich mitdenken.
Nicht bei jedem stehen der Leistungs- und Wettkampfgedanke, sondern eher Gesundheit und Gemeinschaft im Vordergrund.“ Dass es dafür „ein Bündnis aus Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit“ braucht, das die Bedingungen für Sport verbessert, liegt auf der Hand.
Und: „Ohne Ehrenamtliche geht nichts. Es wird immer schwieriger, welche zu finden.“
In diesem Horizont bzw. in diesen Vernetzungen denkend, tut sich bei Detlef Kuhlmann ein breites Feld von Arbeitsschwerpunkten und Forschungsgebieten auf: pädagogische Fragen des Sports, insb. des Schulsports, des Sports in Vereinen und Verbänden, Sportentwicklung inkl. Sportwissenschaft und Sportgeschichte, Sportpolitik, Beziehung von Sport und Kultur wie auch von Sport und Kirche.
Konkret bildet sich dies – weit über die Hochschule hinaus – in seinem mannigfaltigen Engagement ab, ob auf lokaler, Landes- oder Bundesebene: als Vorsitzender von Fakultätentagen, Mitglied in Forschungsverbünden, Sprecher von Arbeitsgruppen, Mitglied von Vorbereitungsgremien, Leiter von Jahrestagungen und Kongressen, Vorstandsmitglied von Instituten und Fördervereinen, Gutachter und Jurymitglied. Jüngst wurde er Präsident des Bielefelder Stadtsportbundes, in dem er mehr als 200 heimische Vereine mit rund 87.000 Mitgliedern vertritt.
So verbindet er auf unterschiedlichste Art und Weise Theorie und Praxis und sorgt für vielfältige Transfers des Sports in die Gesellschaft. Nachzulesen in seinen Veröffentlichungen, Artikeln und Büchern, von denen hier nur „Sportpädagogik. Ein Lehrbuch in 14 Lektionen“ (zus. mit Eckart Balz, 2003; 2015) genannt werden soll, das zum Standardwerk avancierte.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann zusammen mit dem berühmten US-Coach und Autor Jeff Galloway und dessen Buch vor dem Berliner Mommsenstadion – Foto: Horst Milde
Daneben schreibt er freiberuflich für zahlreiche Organe und Medien, darunter für die wöchentlich erscheinende DOSB-PRESSE des Deutschen Olympischen Sportbundes. Nicht zu vergessen sein Wirken als Herausgeber der sportpädagogischen Zeitschrift „Sport & Spiel“ und der Lehrbuchreihe „Sportwissenschaft studieren“. Daneben ist er Mitglied in Redaktionskollegien und Wissenschaftlicher Berater von Zeitschriften.
Eigene Sportpraxis
Seinen Weg in den Sport bahnte sich Detlef Kuhlmann ohne große familiäre Sport-Sozialisation; die Impulse gingen weitgehend von ihm selbst aus. Auch wenn er später zusätzlich Sportarten wie Tennis, Skifahren alpin, Radtouristik und Golf ausübte und erfolgreich die Prüfungen zum Deutschen Sportabzeichen in Gold ablegte, gingen seine Hauptbestrebungen in Richtung Handball und Langstreckenlauf. Als Zuschauer, mit Dauerkarte ausgestattet, schlägt sein Herz für den Fußball-Zweitligisten Arminia Bielefeld.
Der Läufer Detlef Kuhlmann – Foto: Horst Milde
Seine Handballkarriere, die ihn u. a. in die Landesliga führte, begann Ende der 1960er Jahre beim CVJM Altstadt Bielefeld und währte fast 40 Jahre. 1973 wurde er als Jugendlicher Deutscher Meister im CVJM-Handball. Mit der Studentenauswahl der Uni Bielefeld nahm er mehrfach an nationalen Titelkämpfen teil. Diethard von Boenigk, ehemaliger Mitspieler und späterer Spielmacher des TBV Lemgo, bezeichnete den 1,87 m großen Kreisläufer bzw. Rechtsaußen im Rückblick einmal als „langhaarigen Bombenleger“, womit er auf die Zielgenauigkeit und Treffsicherheit des Linkshänders anspielte. Zuletzt lief Kuhlmann zeitweilig noch im Alt-Herren-Team des SCC Berlin auf. Daneben hatte er zeitweise auch die Leitung der Handballabteilung eines Vereins inne und übte Trainer- und Schiedsrichtertätigkeiten aus. Im Deutschen Handballbund bekleidete er verschiedene Funktionen und leitet seit 2012 die Projektgruppe „Handball an Hochschulen“.
Seinen ersten Volkslauf bestritt Detlef Kuhlmann als B-Jugendlicher. Manfred Steffnys’ Büchlein „Lauf mit“ (1974) wurde ihm Ende der 1970er Jahre eine besondere Motivationshilfe: „Fortan wollte ich mitlaufen.“ Als Student legte er erstmals eine Distanz von über 30 km zurück, und zwar beim topografisch anspruchsvollen Hermannslauf von Detmold (Hermannsdenkmal) nach Bielefeld (Sparrenburg). 1987 folgte der erste Marathon, in Berlin. In der Folge nahm er an beiden Laufveranstaltungen regelmäßig teil, am Hermannslauf mittlerweile 36mal, am Berlin-Marathon 31mal, womit er längst Mitglied in dessen Jubilee-Club ist.
Übrigens: Seine Marathon-Bestzeit liegt bei 3:00:36 Std.!
Für Detlef Kuhlmann ist Laufen „Erlebnis und Ergebnis“. Er liebt es sowohl allein als auch mit anderen unterwegs zu sein. Die Sinne nach innen oder außen gerichtet. Im Wohlfühlmodus, meditativ oder als geschäftsmäßige „Running Meetings“. Während Kollegen sich mittags in Richtung Mensa bewegen, macht er nicht selten einen 30-Minuten-Lauf, wonach „ich meistens in völlig neuer Tagesform an den Arbeitsplatz zurückkehre und mich dann zuweilen selbst bespiegele, wie ‚völlig losgelöst’ ich in das nächste Seminar gehe, wie mich so schnell nichts aus der inneren Ruhe bringt und ich aufpassen muss, dass ich bei den Studierenden nicht den Eindruck erwecke, ich sei nur deswegen so euphorisch gut drauf, weil ich mich allein mit einem Läufchen auf die Lehrveranstaltung vorbereitet habe.“ All das und mehr lässt sich in seinem Beitrag „Laufen ist mir nicht lästig“ (Running forever, 2017, S. 13 – 20) nachlesen.
Über das eigene Laufen hinaus hat Kuhlmann in seiner Berliner Zeit auch als ehrenamtlicher Lauftrainer bei der Vorbereitung der Frauen und Mädchen für die Teilnahme am „AVON-Frauenlauf“ im Tiergarten mitgewirkt und wöchentlich Laufgruppen des SCC im Mommsenstadion trainiert.
Sprache – Journalismus – Laufliteratur
Bereits die Fächerwahl zu seinem Studium markierte mit Linguistik und Deutsch sein Interesse an Sprache. Thema der späteren Dissertation wurde das Sprechen im Sportunterricht.
Während seines Studiums hatte Kuhlmann bei verschiedenen Tageszeitungen hospitiert. Sein damaliges Kürzel „deka“ verwendet er punktuell noch heute. Oft dann, wenn er literarische Bücher zum Laufen vorstellt. Allein für die Zeitschrift „Laufzeit“ bzw. „Laufzeit & Condition“ hat er dies unter der Rubrik „LAUFliteraTOUR“ knapp zwei Jahrzehnte lang (1990 – 2018) getan. Daneben baute er u. a. für die Webseite des Berlin-Marathon eine „Laufbibliothek“ auf.
Nicht zu vergessen die literarischen Bücher zum Laufen, die er selbst herausgibt. Zu nennen sind „Das LaufLESEbuch“ (1993), Bernd Hübners’ „Berlin-Marathon. Eine Liebeserklärung“ (2007) und „Lit. BERLIN-MARATHON. Texte von der Strecke“ (2013), mit denen er dem Laufen wie auch dem Hauptstadt-Marathon ein literarisches Denkmal setzt. Gelegentlich tut er dies auch für seine andere Lieblingssportart. So gab er 2017 das Buch „100 Jahre Handball. 50 handverlesene Texte zum Spiel“ heraus.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann bei der Vorstellung seines Buches „Querpässe“ mit Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper – Foto: Horst Milde
Als ehrenamtlicher Ressortleiter für Kultur beim Berlin-Marathon hob er 1990 den Berliner Literatur-Marathon aus der Taufe, mit dem er seitdem die Marathonwoche im September eröffnet und das Rahmenprogramm des Laufs kulturell anreichert. Eine Idee, die auf Ehren-Renndirektor Horst Milde und ihn zurückgeht, der sie weiterentwickelte und die Veranstaltung bis heute moderiert. Viele Prominente haben in der Kunstfabrik „Schlot“ von John Kunkeler (Berlin-Mitte), dem Veranstaltungsort, ihre laufliterarischen Werke vorgestellt, unter ihnen Volker Schlöndorff, Günter Herburger, Werner Sonntag, Manfred Steffny, Prof. Gerhard Uhlenbruck, Waldemar Cierpinski, Dieter Baumann.
Der Literatur-Marathon beim BERLIN-MARATHON mit Detlef Kuhlmann (ganz.lks.) und Günter Herburger (mitte mit Tasse) – Foto: Horst-Dieter Bellack
Zu guter Letzt
Detlef Kuhlmann – das zeigt sich sehr schnell – ist ein Macher auf allen Ebenen. Mit einem Pensum, für das er einmal als „positiv Verrückter“ bezeichnet wurde. Wem so viele Herzen in einer Brust schlagen, der geht keinen einfachen Weg. Bei all dem Vielen aber, das er tut, ist ihm Verzettelung fremd. Stets treibt er fokussiert und mit sicherem Gespür das jeweilige Anliegen voran. Die Erfolge seines Tuns geben ihm Recht. Auszeichnungen ließen nicht lange auf sich warten, ob Stipendium, Promotionspreis, Ehrennadel oder Sonder-Ehrungen. Zugleich stößt man bei Recherchen über ihn immer wieder auch auf das Attribut „allseitig beliebt“. Wenn bei aller Arbeitsdichte das Zwischenmenschliche stimmt, dann sagt das sehr viel über die Person aus.
Was verändert sich für Detlef Kuhlmann mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres? Erst einmal – und das ist die gute Nachricht – nichts. „Beruflich geht es vorerst weiter, weil in Niedersachsen ein Gesetz für Professoren gilt, wonach diese Berufsgruppe erst nach dem 68. Lebensjahr aus dem aktiven Dienst ausscheidet.“ Derweil freut er sich schon auf viele weitere Lehrveranstaltungen und darauf, weiterhin junge Menschen auf ihrem Weg in den Beruf als Sportlehrkraft begleiten zu können.
Und auch wenn er in ein paar Jahren die berufliche Altersgrenze erreicht haben wird, wird ihm gewiss nicht langweilig werden. Bei all seinen Interessen und Kompetenzen wird er nachgefragt und ausgelastet bleiben und mit seinem Engagement noch viel bewirken.
Lieber Detlef Kuhlmann, herzlichen Glückwunsch zum 65., ein großes Dankeschön für alles, weiterhin Gesundheit, Freude, Inspiration und Schaffenskraft – und nicht zuletzt: allzeit gut zu Fuß!
Wolfgang W. Schüler M.A.
(Verwendete Literatur beim Verfasser)
PS: German Road Races (GRR) e.V. schließt sich den GLÜCKWÜNSCHEN an, gehört doch Prof. Dr. Detlef Kuhlmann schon seit langer Zeit zu den Autoren, der mit am häufigsten auf der GRR website zu lesen ist.
Es gibt fast kein Thema zu dem er nicht Stellung bezieht, vom persönlichen Erleben als Sportler, hier natürlich als Läufer, als, wie erwähnt, als „positiv Verrückter“ oder als Berichtender zu allen Themen der Sportwissenschaft, Jubiläen oder seinem jahrelangem erfolgreichen Engagement beim Literatur-Marathon in Berlin.
Wir wünschen Dir weitere erfolgreiche Jahre mit all den Dingen, die Dir am Herzen liegen.
Horst Milde und der Vorstand von GRR
Der Läufer Prof. Dr. Detlef Kuhlmann auf der Bahn im Berliner Mommsenstadion: Foto Horst-Dieter Bellack