Primärprävention von Sportverletzungen: Die Buchvorstellung aus dem Vopelius Verlag – Romain Seil und Thomas Tischer

Das von Seil und Tischer herausgegebene Buch „Primärprävention von Sportverletzungen“ basiert auf den Ergebnissen des Expertenmeetings der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) in Luxemburg, 19.9.-22.9.2019.

30 Experten haben ihre Erkenntnisse und Erfahrungen eingebracht und den derzeitigen Wissensstand in kompakter Form dargestellt.

Das Expertenmeeting behandelte die Sportverletzungen und -schäden aller großen Gelenke des menschlichen Körpers, wobei sich der inhaltliche Bogen angefangen vom Entstehungsmechanismus  über die Prävention, Therapie, Rehabilitation bis hin zur Wiederaufnahme der sportlichen Aktivität und dem Ausmaß von Langzeitfolgen inklusive ökonomischer Konsequenzen und aktueller neuer technischer Entwicklungen (künstliche Intelligenz, Sensoren, Big Data etc) spannte.

Sport und körperliche Aktivitäten haben eine positive Wirkung auf die Gesundheit und die Prävention von bewegungsassoziierten Erkrankungen (z.B. Adipositas, Osteoporose, koronare Herzerkrankung, Stoffwechselerkrankungen). Insbesondere ist die Förderung von Bewegung im Kindesalter als Grundlage für lebenslange Gesundheitsprävention von herausragender Bedeutung. Trotz der gesundheitsfördernden Effekte von körperlicher Aktivität und dem unbestritten positiven Kosten-Nutzen-Faktor sind weltweit betrachtet circa 27,5% der Menschen körperlich inaktiv, wobei sich Frauen deutlich in der Überzahl (31,7%) befinden, gegenüber Männern (23,4%).

Allerdings birgt der Sport auch Gefahren für die Gesundheit, denn seit Jahren wird in allen Alters- und Leistungsklassen eine steigende  Anzahl von Sportverletzungen festgestellt, die lange Ausfallzeiten in Sport und Beruf verursachen und zu Rezidiven, Sekundärverletzungen, Karriereende, eingeschränkter Lebensqualität, frühzeitiger Arthrose, negativen Auswirkungen auf die Psyche und hohen Kosten führen können. Durch diese negativen Auswirkungen von Sportverletzungen gehen circa 40% des gesundheitlichen Nutzens des Sports wieder verloren. Dennoch werden Sportverletzungen in ihrer Gesamtheit noch kaum systematisch erfasst und zu wenig als Problem erkannt.

Nach aktuellen Untersuchungen könnte etwa die Hälfte aller Sportverletzungen durch präventive Maßnahmen und adäquates Training vermieden werden. Hier wären Aufwärmen, Muskelaufbautraining, sensomotorisches Training, stabilisierende Maßnahmen, Regenerationsmaßnahmen und Ruhephasen, Vorsorgeuntersuchungen sowie eine sportartspezifische Ernährung zu nennen. Zum Einsatz neuer Technologien in der Verletzungsprävention müssen dringend mehr Studien durchgeführt werden. Beim Einsatz dieser Technologien (Sensoren, Wearables, Smartphone, App, Social Media, Künstlicher Intelligenz) sind die Erarbeitung von sinnvollen Messparametern, Validierung und Interpretation, inklusive Qualitätssicherung und Beachtung ethischer Aspekte zu fordern. Gerade die Problematik des Datenschutzes stellt für die Forschung eine zunehmende Hemmschwelle dar, wie die Nutzung von Big Data im Gesundheitswesen zeigt.

Bei allem Leistungsdruck sollte die Gesundheit der Athleten im Sport immer an erster Stelle stehen. Präventionsprogramme helfen, die Sportler gesund zu halten und langfristig die Leistung zu steigern. In allen relevanten Berufsgruppen (Ärzte, Sportwissenschaftler, Trainer, Studenten, Physiotherapeuten etc.) und Institutionen (Schulen, Vereine, Nachwuchsakademien, Verbände, Universitäten) müssen Ausbildungsinhalte zur Trainingssteuerung und Prävention von Sportverletzungen und -schäden wirksamer eingebunden werden. Will man die Breite der Gesellschaft mit Präventionsinitiativen erreichen, ist eine Verhaltensänderung in der gesamten Gesellschaft anzustreben.

Das Buch bietet ausgezeichnete Übersichten erfahrener Wissenschaftler und Therapeuten und ist mit exzellentem Bildmaterial und anschaulichen Schemazeichnungen ausgestattet. Das Werk ist wertvolle Quelle und Leitfaden für konservativ und operativ tätige Orthopäden, Unfallchirurgen und Traumatologen, Sport- und Rehabilitationsmediziner, Trainer und Physiotherapeuten, die sich über den aktuellen Stand der Primärprävention von Sportverletzungen informieren wollen.

Über die Herausgeber:

Romain Seil, Prof. Dr. med., Service de Chirurgie Orthopedique, Centre Hospitalier Luxembourg und Luxembourg Institute of Research in Orthopedics, Sports Medicine and Science (LIROMS).

Thomas Tischer, Prof. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Universitätsmedizin Rostock.

Romain Seil, Thomas Tischer (Hrsg.): Primärprävention von Sportverletzungen

Vopelius Verlag, Jena 2020,
155 Seiten, kartoniert, 30,00 Euro
ISBN: 978-3-947303-22-9

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

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