Blog
07
04
2021

Die Waldkirche im Tegeler Forst zu Karfreitag - Foto: Dr. Erdmute Nieke

Ostern allein oder München ist auch in Berlin! Ein Rückblick auf Virtual Ostermarathon 2021 von Dr. Erdmute Nieke

By GRR 0

Die Zeiten sind speziell! Die Fakten sind: Die Infektionszahlen steigen und steigen vor Ostern 2021, neue Corona-Verordnungen folgen schnell und ändern sich fast täglich, so dass ich eigentlich keine Lust mehr habe zu ergründen, wann ich mit wie vielen Menschen draußen sein und laufen darf.

Mein Verstand sagt mir, besser ist allein oder vielleicht noch mit einer guten Lauffreundin zu laufen. In meine vorösterlichen Überlegungen flattert eine Mail aus München, ich habe doch meinen Marathonstartplatz von 2020 schon auf den 10. Oktober 2021 übertragen?! Doch es flattert eine gute Idee für Ostern ins Haus.

Vier Tage – von Karfreitag bis Ostermontag –  habe ich Zeit, um 42,195 Kilometer zu laufen. Ruck, zuck ist alles gebucht mit einer Spende für ein Laufprojekt für bayrische Kinder und Jugendliche, mit T-Shirt und mit Medaille. Die freien Tage können kommen.

Karfreitag, wir sitzen beim Frühstück, kommt wieder eine Mail aus München mit der Info, dass die Ersten schon laufen und insgesamt 1221 Teilnehmer:innen an den Start gehen. Also schnüre auch ich meine Laufschuhe direkt vor meiner Wohnungstür. Laufuhr gestartet und los geht es. Eine Runde von 15 Kilometern durch Heiligensee und den Tegeler Forst. Selbst die Waldkirche ist leer, das weiße Birkenkreuz leuchtet auf einer menschenleeren Wiese und passt irgendwie zum Karfreitag!

Ostersonntag laufe ich mit Dina im Grunewald! Wir laufen hinunter zur Havel bei frischen Temperaturen und herrlich blauen Himmel. Glockengeläut weht über das Wasser, das wir – über den Havelhöhenweg laufend – aus verschiedenen Blickwinkeln sehen! Ein anderes und stilles und doch auch ein schönes Ostern! Wir genießen den Wald und die Sonne beim Laufen.

Erstes zartes Grün, Buschwindröschen und immer wieder Bärlauch, der seinen würzigen Knoblauchduft verbreitet. Und wieder rechne ich 15 Kilometer ab und gebe meine Kilometer und Zeiten zusammen mit einem Screenshot meiner Laufapp am Computer ein.

Blick auf die Havel am Ostersonntag (r.) – Foto: Dr. Erdmute Nieke

Jeden Morgen kommt eine nette Motivationsmail vom Veranstalter. Am Ostermontag ist die auch richtig gut, denn es regnet und stürmt. Wetteraussichten: Bleibt so! Also raus in den Regen für die letzten 12 Kilometer, die laufen sich dann auch am schnellsten. Meine Strecke geht heute wieder durch den Tegeler Forst zum Tegeler See. Die ehemalige Borsig-Villa, die der Enkel des Gründers der Borsigwerke 1913 errichten ließ, und die heute Gästehaus des Auswärtigen Amtes ist, liegt still im Nebel auf ihrer Insel. Im Wald bin ich heute allein, keine Spaziergänger, keine Läufer:innen.

Die Borsig-Villa im Tegeler See im Nebel am Ostermontag – Foto: Dr. Erdmute Nieke

Bei den letzten Kilometern produziert mein Hirn Bilder von bereits gelaufenen echten Schluss-Marathon-Kilometern. Beim Berliner Marathon wäre ich jetzt an der Philharmonie, in Ravenna kam jetzt das Mausoleum des Theoderich, in Zürich die Oper, in Wien auch… Laufzeit für Erinnerungen, jetzt nur nicht wehmütig werden! Ob ich im Oktober in München laufen werde?

Da soll der Zieleinlauf im Olympiastadion sein! Wie viele Kilometer vor dem Ziel werde ich das Stadion sehen? In bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich das Piepen für Kilometer 12 auf meiner Uhr nicht höre und 715 Meter zu weit laufe.

Als ich die letzten Kilometer eingegeben habe und meine Urkunde ausdrucke, hat der Veranstalter sogar meine wirklich gelaufene Strecke angegeben und in die korrekte Marathonstreckenzeit umgerechnet. Das ist ja wirklich mit Liebe zum Detail organisiert!

Heute Mittag dann die nächste Überraschung, aus unserem Briefkasten schaut ein großer grüner Umschlag. Medaille und T-Shirt sind schon da! Können die Bayern zaubern? Wie haben sie das wohl so schnell hinbekommen, von München nach Berlin? Ich habe endlich wieder eine neue Medaille, diesmal in Eierform mit einem lachenden Hasengesicht!

Hase und Ei stehen für Neuanfang und neues Leben, die Christ:innen haben diese Symbole für die Auferstehung Jesu neu gedeutet. Ob wir heute Hase und Ei auch für Neuanfänge deuten können? Werden wir in richtige Wettkämpfe – wenn wir alle geimpft sein werden – wieder einsteigen können? Werden wir – statt Waldeinsamkeit und Stille – wieder mit vielen Läufer:innen gemeinsam unterwegs sein können?

Heute Abend noch eine Mail aus München: „Insgesamt sind 1.360 Läuferinnen und Läufer unterwegs gewesen und haben über 51.000 Kilometer in den letzten vier Tagen zurückgelegt. Zudem habt ihr 15.813 Euro für das Projekt „Lauf dich fit!“ gespendet.“ Das kann sich doch sehen lassen!

Ich sende einen herzlichen Dank aus Berlin nach München. 42 Kilometer – dieses stille Osterfest war überhaupt nicht langweilig!

Im Briefkasten am Tag nach dem Lauf – Foto: Dr. Erdmute Nieke

Es läuft! Laufen wir weiter – JEDER FÜR SICH – so das Motto des Virtual Ostermarathon 2021 – und hoffentlich bald auch wieder JEDE und JEDER und ALLE miteinander!

Bleibt gesund!

Dr. Erdmute Nieke

 

 

 

 

 

 

 

author: GRR