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02
04
2020

Dr. Dr. Lutz Aderhold - Foto: privat

Muskelverletzungen im Laufsport – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Muskelkater

Jeder Läufer kennt Muskelkater und glaubt zu wissen, dass er durch Milchsäure (Laktat) verursacht wird. Diese Vorstellung hat sich in der Sportmedizin lange gehalten, weil über die Entstehung (Pathophysiologie) von Muskelkater nur wenig bekannt war.

Im Gegensatz zu Ermüdungsschmerzen, die während des Sports auftreten, beginnt Muskelkater frühestens einige Stunden nach ungewohnten oder besonders intensiven Belastungen. Beim Bergablaufen wird die Muskulatur innerhalb der Anspannung bei der Landung gedehnt (exzentrische Kontraktion), was zu besonders intensiver Belastung in allen Strukturen führt (Clarkson 1997; Koller et al. 1998) und insbesondere die langsamen Typ-I-Fasern beeinträchtigt (Carmona et al. 2015). Der Schmerzgipfel wird meist nach 24–48 h erreicht. Die Muskeln schwellen, sind steif, hart, kraftlos und druckempfindlich. Die Beschwerden erreichen nach ein bis drei Tagen ihren Höhepunkt und sind spätestens nach einer Woche verschwunden.

Als Ursache des Muskelkaters gelten Schäden an Muskelzellen (Einrisse des Aktomyosin-Komplexes) und evtl. auch Bindegewebsstrukturen durch zu hohe mechanische (Verletzungshypothese) oder metabolische (Stoffwechselhypothese) Belastungen in Form von Energienot und Elektrolytmangel (Friden et al. 1983; Newham 1988; Friden u. Lieber 1992; Faulkner et al. 1993; Böning 2000). Es kommt zu intrazellulären Mikroverletzungen und Entzündungsreaktionen (aseptische Entzündungsreaktion). Gewebeflüssigkeit sammelt sich an. Diese Ödeme erzeugen Druck auf freie Nervenendigungen. Gewebeuntersuchungen zeigten, dass es zu keinen Dauerschäden kommt, nach sechs Tagen sind die Veränderungen weitgehend abgeheilt. Als Indikatoren für die Zellschädigung zeigen sich im Blut erhöhte Werte von Myoglobin, Kreatinkinase (CK) und Laktat-Dehydrogenase (Hoffmann et al. 2012; Jee et al. 2013; Bird et al. 2014; Khodaee et al. 2015; Jastrzebski et al. 2015 u. 2016; Knechtle u. Nikolaidis 2018). Außerdem sind bei Muskelkater Kortisol und Harnstoffwert erhöht. Sowohl die Zerfallsprodukte der Zellschädigung als auch der erhöhte Gewebedruck dürften schmerzauslösend sein.

Therapie

Gründliches Aufwärmen, Dehnen und Massagen werden vorbeugend eingesetzt, doch nur beim Aufwärmen gibt es Hinweise auf einen Effekt. Aber auch das Aufwärmen sollte differenziert eingesetzt werden. Unmittelbar nach dem Wettkampf oder der intensiven Trainingsbelastung kann durch das Auslaufen ein sich entwickelnder Muskelkater abgeschwächt werden. Zur Regeneration sind auch alternative Trainingsformen geeignet. Stretching sollte in der ersten Phase des Muskelkaters nicht angewendet werden. In der Literatur gibt es Hinweise, die eine Verschlimmerung von Muskelkater durch Dehnübungen belegen.

Nichtsteroidale Antiphlogistika (Diclofenac, Ibuprofen) sollten bei Muskelkater nicht eingenommen werden, da es Hinweise auf eine Hemmung der Muskelregeneration gibt. Schmerzen sind immer Ausdruck einer nicht intakten und nicht maximal belastbaren Muskelstruktur. Durch Schmerzmittel können die Beschwerden zwar gemindert werden, die Wiederherstellung der Muskulatur wird dadurch aber nicht beschleunigt (Tokmakidis et al. 2003; Da Silva et al. 2015).

Sinnvoll dagegen sind der rasche Flüssigkeitsausgleich sowie die frühzeitige Kohlenhydrat- und Proteinaufnahme (Luden et al. 2007; Matsumoto et al. 2009). In den ersten beiden Stunden nach der Belastung werden 1,2–1,5 g/kg Kohlenhydrate und 0,4–0,5 g/kg Proteine empfohlen. Schonung mit leichtem Training (Aqua-Jogging, Fahrradfahren) beschleunigt die Krafterholung beim Muskelkater. Zur muskulären Regeneration kann auch die elektrische Muskelstimulation (EMS) eingesetzt werden. Entmüdungsmassagen (Lymphdrainage) oder Sportmassagen sowie die Anwendung der Foam-Roller (Blackroll®) wirken muskelentspannend und regenerationsfördernd (Bartrow 2014; Schleip 2014; Junker u. Stöggl 2015; Pearcey et al. 2015). Die Behandlungen zielen auf die Reduzierung von Verdickungen, Verklebungen und Verspannungen der Muskulatur und der Faszien ab. Bisher liegen allerdings keine Evidenzen für die erfolgreiche Behandlung myofaszial bedingter Schmerzen, zum Aufwärmen, zur Dehnung und zur Leistungssteigerung vor (Freiwald et al. 2016; Dommerholt 2017; Engelhardt u. Mauch 2017). Bei der Anwendung der Foam-Roller müssen die Gegenanzeigen wie Blutgerinnungsstörungen, Krampfadern und Thrombosen beachtet werden.

Der Bewegungsschmerz kann in der Regenerationsphase durch leichtes (!) passives Dehnen abgeschwächt werden. Möglicherweise beruht dies wie auch die Wirkung der oft empfohlenen Wärmebehandlung auf Krampflockerung oder Ödemausschwemmung. Eindeutig wirksame Medikamente gegen Muskelkater wurden bisher nicht gefunden. Teilweise wird die Einnahme von Enzymen (Bromelain®, Wobenzym®, Traumanase®) und Homöopathika (Rhus toxicodendron, Traumeel®) empfohlen. Bei der schnellen spontanen Abheilung kann man sich normalerweise Behandlungsmaßnahmen, die über die Trainingsumstellung und Wärmeanwendungen in der akuten Phase (Entspannungsbäder, Sauna, Fangopackungen) hinausgehen, ersparen (Hassan 2011). Unmittelbar nach einer sehr intensiven Belastung haben sich auch Eismassagen und Kaltwasseranwendungen bewährt.

Vorbeugung

Durch Dehnen kann Muskelkater nicht verhindert werden (Wiemann u. Kamphöfner 1995; Freiwald 2009). Die Einnahme von Antioxidantien (Vitamin C und E) sowie Omega-3-Fettsäuren hat ebenfalls keine eindeutig vorbeugende Wirkung (Dawson et al. 2002; Gray et al. 2014; Mickleborough et al. 2015), umstritten ist auch die Gabe von L-Carnitin zur Prophylaxe.

Muskelkrämpfe und Muskelschwäche

Muskelkrämpfe treten insbesondere bei oder nach intensiven bzw. lang dauernden Belastungen auf (Schwellnus et al. 2008). Es handelt sich dabei um unwillkürliche und schmerzhafte Dauerkontraktionen eines Skelettmuskels.

Merksatz

Ein Muskelkrampf kündigt sich meist durch ziehende Schmerzen und Muskelzuckungen an. Es folgen heftige, krampfartige Schmerzen und ein starkes Spannungsgefühl in dem betreffenden Muskel.

Aufgrund der begleitenden Einschränkung der Beweglichkeit muss der Sportler das Training oder den Wettkampf unter- oder abbrechen. Prinzipiell kann jeder Muskel von Krämpfen befallen werden, am häufigsten sind jedoch Muskelgruppen der unteren Extremitäten und hier in besonderem Maße die Wadenmuskulatur betroffen.

Bei lang andauernder sportlicher Aktivität, insbesondere bei sehr heißem Wetter, kann es zu einem großen Flüssigkeitsverlust kommen.

Merksatz

Dehydrierung prädisponiert für Muskelkrämpfe.

Prädisponierend für Muskelkrämpfe sind chronische Erkrankungen, Medikamenteneinnahme (Statine) und frühere muskuläre Verletzungen (Schwellnus et al. 2017). Die genauen Zusammenhänge sind nicht bekannt, jedoch scheinen die muskuläre Ermüdung mit Glykogenverbrauch und Salzmangel dazu beizutragen. Allerdings konnte in Untersuchungen kein Einfluss der Flüssigkeitsbilanz und des Natriumspiegels auf die Krampfneigung festgestellt werden (Hoffman u. Stuempfle 2015; Hoffman et al. 2015). Durch die Störung des elektrochemischen Gleichgewichts soll eine nervale Übererregbarkeit mit erhöhter Krampfbereitschaft verursacht werden.

Nach neueren Erkenntnissen wird der Erregungsübertragung eine größere Bedeutung bei der Krampfentstehung zugesprochen (Vounatsos 2016). Das für die Kontraktion der Muskulatur zuständige Alpha-Motoneuron zeigt eine erhöhte Aktivität und der Gegenspieler, der durch Sehnenspindeln ausgelöste Golgi-Sehnen-Reflex, welcher eine kontraktionshemmende und dehnende Wirkung hat, zeigt eine deutlich niedrigere Aktivität. Es liegt ein neuronales Missverhältnis zwischen hemmenden und kontrahierenden Einflüssen aufgrund von Überlastung vor. Diese Theorie wird unterstützt durch die einzige erfolgreiche Sofort-Therapie: die Dehnung des krampfenden Muskels. Dadurch werden die Sehnenspindeln vermehrt aktiviert, was zur Entspannung führt. Vorbeugendes Dehnen vor der sportlichen Aktivität hat keinen Einfluss auf die Krampfneigung.

Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer – Lutz Aderhold – Mit Beiträgen von Stefan Weigelt – ELSEVIER Verlag

Auch die Blutzirkulation beeinträchtigende Faktoren müssen betrachtet werden. Dazu gehören

  • eng sitzende Socken und zu eng geschnürte Schuhe,
  • eine Anhäufung von Stoffwechselprodukten in den Muskeln,
  • Durchblutungsstörungen (arterielle Verschlusskrankheit, Krampfadern),
  • kaltes Wetter,
  • rheumatische Erkrankungen,
  • Stoffwechselkrankheiten (Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Nierenfunktionsstörung) und Infektionen

Krampffördernd oder Muskelschmerzen auslösend können auch Genussmittel (Alkohol, Nikotin) und Medikamente (Diuretika, Steroide, Kreatin, Bronchospasmolytika, Statine, Antihypertensiva, Kontrazeptiva u. a.) wirken. Biomechanische Faktoren wie Fehlstellungen, verkürzte Muskulatur und Dysbalancen scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen.

Therapie

TIPP

Wenn ein akuter Krampf auftritt (beim Läufer am häufigsten im Wadenbereich), sollten Sie die sportliche Aktivität abbrechen, den antagonistischen Muskel kontrahieren und den betroffenen Muskel dehnen und massieren. Bei der Wadenmuskulatur lehnen Sie sich gegen einen Baum oder eine Wand nach vorn, so dass die Wadenmuskulatur mit der Achillessehne gedehnt wird. Dabei erfolgt die Dehnung mit gestrecktem und gebeugtem Knie, um beide Anteile des Wadenmuskels (M. gastrocnemius und M. soleus) zu dehnen.

Einreibungen mit Eis bzw. kaltem Wasser mindern den akuten Krampf. Liegt der Verdacht auf eine zu geringe Flüssigkeits- und Kohlenhydratzufuhr nahe, gibt man kohlenhydrathaltige Mineralgetränke. Bei länger anhaltenden Spannungen hilft auch die Akupunktur.

Kommt es regelmäßig zur Krampfbildung, z. B. auch in Ruhe und im Schlaf, oder kommen gleichzeitig Allgemeinsymptome wie Übelkeit und Erbrechen, Magen-Darm-Beschwerden, Taubheitsgefühl, Schwellungen, Muskelschwäche u. a. hinzu, ist eine ärztliche Abklärung erforderlich. Gleiches gilt bei bekannten Grunderkrankungen oder familiärer Disposition.

Manchmal kommt es nachts spontan ohne nachweisbare Ursache zu Wadenkämpfen. Auf die Gabe von muskelentspannenden Medikamenten (Benzodiazepine u. a.) sollte verzichtet werden. In vielen Fällen reicht die erhöhte Zufuhr von Magnesium, das die Reizschwelle für Muskelkrämpfe erhöht. In hartnäckigen Fällen man es mit der Gabe von Chinin (Limptar®) versuchen. Ein chininhaltiges Getränk ist z.B. Bitter Lemon. Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass durch elektrische Muskelstimulation (EMS) die Krampfneigung gesenkt werden kann.

Bei einer Muskelschwäche/Muskelermüdung kann die erwartete Kraft nicht mehr aufgebracht oder gehalten werden. Hierbei kann eine Vielzahl von Ursachen vorliegen. Bei einer zentralen Ermüdung können psychische Reize und Schutzreflexe zur Muskelschwäche führen. Bei der peripheren Ermüdung kann die Transmitterfreisetzung an der motorischen Endplatte herabgesetzt oder die elektromechanische Kopplungsreaktion durch Membranpotenzialänderung verlangsamt sein. Weitere Ursachen sind Änderungen der Kalziumfreisetzung, Mangel an Kreatinphosphat, ATP, Glykogen oder ein Überschuss an Protonen, Phosphat sowie Laktat (Müller-Wohlfahrt et al. 2010). Niedrige Konzentrationen von Stoffwechselprodukten führen zu Müdigkeitsempfindungen, hohe Konzentrationen werden als Schmerzen wahrgenommen (Pollak et al. 2014).

Eine frühzeitige Muskelermüdung kann auch die Folge von unzureichendem Krafttraining, Eisenmangel, Übertraining und Medikamenteneinnahme sein.

Vorbeugung

Vorbeugend wirken ein gutes Basistraining und das Aufwärmen vor der sportlichen Aktivität, angemessene Ernährung sowie Flüssigkeitsaufnahme. Regelmäßige Koordinationsübungen, Dehnen nach dem Training und Ausschütteln der Muskulatur wirken ebenso präventiv. Auch ein Ausgleich von orthopädischen Fehlstellungen und muskulären Dysbalancen sind von Bedeutung. Regenerative Maßnahmen wie Bäder, Sauna und Massagen fördern den Abtransport von Stoffwechselprodukten und beugen der Krampfneigung vor. Verlorene Flüssigkeit und Elektrolyte, insbesondere Natrium, müssen vor allem bei heißem Wetter ersetzt werden.

Achtung

Die Zufuhr von Magnesium im Wettkampf, wie sie häufig praktiziert wird, verhindert keine Krämpfe und führt evtl. zu Magen- und Darmproblemen. Ein zu niedriger Magnesiumspiegel kann nur längerfristig ausgeglichen werden.

Auch eine gute Kaliumversorgung mit reichlich Obstkonsum (Äpfel, Bananen, Aprikosen oder Säfte) wirkt krampfprophylaktisch. Ein Effekt von L-Carnitin beim Gesunden ist nicht zu erwarten, obwohl immer wieder von beschleunigter Regeneration etc. berichtet wird. Eine längerfristige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren bzw. zwei Mahlzeiten mit Seefisch pro Woche verbessern die Fließeigenschaften des Blutes.

Muskelverletzungen

Häufigste Ursachen von Muskelverletzungen sind

  • statische Probleme,
  • alte Verletzungen,
  • unzureichendes Aufwärmen,
  • Ermüdung der Muskulatur,
  • Dysbalancen und
  • eine falsche Schuhwahl.

TIPP

Eine Muskelverletzung kann sich über eine Muskelverhärtung anbahnen und ist immer auf strukturelle Schäden der Muskelzellen zurückzuführen.

Eine Muskelverhärtung und eine Muskelzerrung sind nur mikroskopisch darstellbar (Mikroläsion). Muskelfaserrisse sind Verletzungen, die klinisch als strukturelle Läsion imponieren. Die Muskeln können durch direkte Traumatisierung und durch Überlastung geschädigt werden. Muskelschädigungen beginnen in den Muskelfasern im Bereich der Myofilamente auf Höhe der Sarkomere, wo es zu exzentrischen Belastungen durch äußere Zugkräfte oder durch die Muskelkontraktion selbst kommt (Engelhardt u. Mauch 2017). Aufgrund der Heterogenität der Muskelverletzungen ist eine eindeutige Differenzierung sehr viel schwieriger als z. B. bei Frakturen.

Müller-Wohlfahrt et al. (2001; 2010, 2013) haben eine neue Klassifikation der Muskelverletzungen, insbesondere in Bezug auf die therapeutischen Konsequenzen, vorgenommen. Bei den im Sport vorkommenden Muskelproblemen handelt es sich um schmerzhafte Muskelverhärtungen, -zerrungen, -faserrisse, -bündelrisse oder gar traumatische oder funktionelle Kompartmentsyndrome.

Kontusionsverletzungen entstehen durch eine direkte Krafteinwirkung. Muskelkontusionen treten häufig bei Kontaktsportarten auf. Üblicherweise reißen bei einer Kontusion keine Muskelfasern, sondern es kommt durch eine Muskelquetschung mit Gefäßläsion zu einer Einblutung, bei der Muskelstrukturen verdrängt werden. Es entsteht dann ein Hämatom, das im schlimmsten Fall auch zu einem Kompartmentsyndrom führen kann. Meist ist die ganze Region bei Druck schmerzhaft.

Bei der Muskelverhärtung ist die Muskelspannung des gesamten Muskelstrangs erhöht. Der Muskel wird als rigide, unelastisch und verkürzt empfunden. Es stellen sich

  • ein Ziehen,
  • zunehmendes Spannungsgefühl und
  • Schmerzen bei anhaltender Belastung

ein.

In Ruhe bestehen keine Schmerzen. Der Muskel ist bei Druck schmerzhaft und der Sportler zeigt bei Dehnung eine Abwehrreaktion. Man unterscheidet zwei Typen von schmerzhaften Muskelverhärtungen. Die ermüdungsbedingte Muskelverhärtung tritt durch Überlastung bzw. Ermüdung, z. B. nach hoher Trainingsintensität auf. Diese Form kann noch 24 h nach der Belastung auftreten und zeichnet sich durch einen „trockenen“ Palpationsbefund aus. Die neurogene Muskelverhärtung tritt infolge struktureller oder funktioneller Störungen im Bereich der Lendenwirbelsäule oder des Iliosakralgelenks auf. Sie setzt rasch während der Belastung ein. Es findet sich ein Ödem im Bereich des Muskels.

Die Muskelzerrung zeichnet sich durch eine Entgleisung der Muskelspannungsregelung aus. Es kommt relativ schnell zu einem Anstieg des Muskeltonus. Es treten

  • ein Ziehen,
  • zunehmendes Spannungsgefühl und
  • dann ein krampfartiger Schmerz

auf.

Muskelzerrungen treten meist im Bereich des Muskelbauchs (Wadenmuskulatur, ischiokrurale Muskulatur) auf. Es liegt eine Verdickung und ödematöse Verquellung vor, die Palpation ist schmerzhaft. Die passive Dehnung ist nicht schmerzhaft, lindert häufig sogar die Beschwerden. Strukturunterbrechungen und Hämatome sind nicht vorhanden. Je länger der Muskel belastet wird, desto ausgeprägter wird die Symptomatik.

Achtung

Bei Missachtung der Beschwerden kann es z. B. beim Sprintversuch zum Faserriss kommen.

Ursächlich können unzureichendes Aufwärmen oder ein schneller Belastungswechsel (Sprint) mit Überdehnung einzelner Muskelfasern sein. Eine Muskelzerrung kann auch chronisch werden (Vounatsos 2012).

Differenzialdiagnostisch ist bei der Muskelzerrung das myofasziale Schmerzsyndrom abzugrenzen. Während es bei der Muskelzerrung zu einer ödematösen Verquellung und Verhärtung in einem größeren Areal des Muskelbauchs kommt, treten beim myofaszialen Schmerzsyndrom sogenannte Triggerpunkte (synonym wird der Begriff Myogelose verwendet) meist in Gruppen bzw. Ketten entlang des Muskelverlaufs auf. Bei Triggerpunkten handelt es sich um lokale schmerzhafte Druckpunkte, die ebenfalls ödematös verquollen (Viskositätserhöhung) und verhärtet sind (überkontrahierte Muskelfaserbündel). Die Palpation dieser Punkte löst einen lokalen und fortgeleiteten Schmerz aus. Die Bewegung ist eingeschränkt, es besteht ein Gefühl der Schwäche und Steifheit. Ursachen sind Schon- und Fehlhaltungen, einmalige oder wiederholte Überlastungen, Kälte, Verletzungen, Dysbalancen und psychische Belastungen (Laser 2007; Dejung 2009; Gautschi 2013).

Muskelfaserrisse sind Risse von Sekundärbündeln, auch als „Fleischfasern“ bezeichnet. Diese Verletzungen sind makroskopisch sichtbar. Die Abgrenzung eines Muskelfaserrisses von einem Muskelbündelriss liegt bei etwa 5 mm Querausdehnung (Müller-Wohlfahrt et al. 2010). Größere Verletzungen sind Muskelrisse und sehnige Muskelausrisse. Während Muskelfaserrisse zumeist vollkommen ausheilen, kann es bei Muskelbündelrissen zu einer Defektheilung mit Narbenbildung kommen. Muskelfaserrisse entstehen meist durch eine Längsdehnung bei bestehendem Hypertonus bzw. bei gleichzeitiger aktiver Kontraktion über die Elastizitätsgrenze hinaus. Muskelfaser- und -bündelrisse hingegen entstehen meist am Muskel-Sehnen-Übergang (ischiokrurale Muskulatur, Wadenmuskulatur, Adduktoren). Muskelfaserrisse treten meist plötzlich auf, wobei eine nicht ausgeheilte Muskelzerrung begünstigend wirkt. Die Lendenwirbelsäule kann in Form von funktionellen oder strukturellen Störungen ursächlich mitbeteiligt sein.

Merksatz

Der Sportler spürt einen spitzen, nadelstich- bis messerstichähnlichen Schmerz und nimmt sofort eine Schonhaltung ein, da eine weitere Bewegung die Beschwerden verschlimmert

Es existieren ein Zentrum mit Druckschmerz sowie Dehnungsschmerzen. Bei der Untersuchung durch Abtasten (Palpation) ist die Muskelstruktur unterbrochen. Laborchemische Parameter (Kreatinkinase, Myoglobin) sind für die Interpretation dieser Muskelverletzungen nicht aussagekräftig. Zur Diagnosesicherung können Sonografie (Ultraschall) und Magnetresonanztomografie (MRT) dienen. Durch die Zerreißung von Fasern kommt es zu einer Blutung, die meist nach 24 h als Hämatom erkennbar ist. Frühzeitig sollte bei Vorliegen eines intramuskulären Hämatoms die Indikation zur Punktion gestellt werden. Das Hämatom verhindert eine optimale Muskelregeneration. Es folgt eine Entzündungsreaktion, an die sich die Regeneration anschließt, während der neue Muskelfasern gebildet werden, die teilweise kürzer sind oder Narbengewebe enthalten. Das kann die Elastizität und Dehnbarkeit einschränken.

Therapie

Die Bildgebung mit Sonografie und Kernspintomografie gehört im sportlichen Alltag bei Sehnen- und Muskelverletzungen zur Standarddiagnostik. Zusammen mit der klinischen Untersuchung bietet die MRT-Diagnostik – besser als die Sonografie – eine schnelle Klassifikationsmöglichkeit und Vorhersage für Therapie- und Rehabilitationszeiten (Engelhardt u. Mauch 2017).

Bei richtiger Einschätzung und Therapie kann eine Muskelverhärtung in 1–3, eine Muskelzerrung in 3–5 und ein Muskelfaserriss in ca. 10–14 Tagen auskuriert werden. Der entscheidende Vorteil des Profis gegenüber dem Freizeitsportler liegt in der kontinuierlichen und täglichen Behandlung durch den Sportphysiotherapeuten, den Masseur oder den Rehabilitationstrainer. Dies ist der Grund, warum der „Normalsportler“ eine längere Heilungsphase benötigt.

Die Primärversorgung der Muskelverletzungen erfolgt nach dem Pech-Prinzip (Kap. 9.2 „Erstversorgung von Verletzungen“). Das verletzte Gebiet wird mit einem in Eiswasser (Hot-Ice) getränkten Schwamm großflächig ca. 20 min lang gekühlt. Bei Verdacht auf einen Muskelfaserriss oder eine größere strukturelle Verletzung wird die Hot-Ice-Bandage (Idealbinde mit Eiswasser getränkt) unter starkem Druck großflächig angewickelt. Dieser Druckverband kann von außen immer wieder mit Eiswasser getränkt werden. Die betroffene Körperstelle wird hochgelagert. Der Vorteil der Eiswasserbehandlung besteht darin, dass die Absenkung der Gewebetemperatur anhält. Eine reaktive Hyperämie, wie bei einer klassischen Eisbehandlung, tritt nicht ein (Müller-Wohlfahrt et al. 2010). Ziel der möglichst raschen Blutstillung mittels Druckverband und Hot-Ice ist es, die Einblutung so gering wie möglich zu halten, um die lokale Entzündungsreaktion auf das zur Heilung nötige Maß zu beschränken.

Durch gezielte Injektionen kann frühzeitig in die Tonusregulation und die metabolischen Vorgänge des Muskels eingegriffen werden. Hier werden Lokalanästhetika, Homöopathika (Traumeel®, Zeel®) oder Actovegin® (Hämoderivat aus Kälberblut mit physiologisch ausgewogener Mischung aus Aminosäuren; derzeit besitzt dieses Präparat in Deutschland keine Zulassung) eingesetzt (Gille et al. 2013). Auch die Anwendung von thrombozytenreichem Plasma (Platelet-rich Plasma – PRP) ist in klinischer Erprobung (Leitner et al. 2015; Lim et al. 2015). Mittels PRP-Injektion sollen die enthaltenen Stammzellen und autologen Wachstumsfaktoren genutzt sowie der Heilungsprozess gefördert und beschleunigt werden. Bisher konnte allerdings keine Überlegenheit dieser Maßnahme festgestellt werden (Hamid et al. 2014; Moraes et al. 2014; Andia u. Maffulli 2015; Guillodo et al. 2015; Hamilton et al. 2015; Pas et al. 2015; Gholami et al. 2016; Engelhardt u. Mauch 2017). Es liegen derzeit keine evidenzbasierten Studien vor, die positive therapeutische Effekte der intramuskulären Infiltrationstherapie hinreichend belegen.

Oral können Enzyme (Wobenzym®, Bromelain®), Elektrolyte und Spurenelemente (Magnesium, Zink), Antioxidantien (Vitamin A, C, E) sowie nichtsteroidale Antiphlogistika (Diclofenac, Ibuprofen) zur Unterstützung gegeben werden. Allerdings benötigt die Muskelheilung eine lokale Entzündungsreaktion, welche durch Antiphlogistika unterdrückt wird (Shen et al. 2005; Engelhardt u. Mauch 2017). Salbenumschläge mit arnikahaltigen Präparaten oder Heilerde (Enelbin®) fördern die Rückbildung von Entzündungen und Schwellungen.

Achtung

Steroide werden in der Therapie muskulärer Verletzungen weder lokal noch systemisch eingesetzt.

Die Supplementierung mit Eiweiß bzw. Aminosäuren soll die Regeneration der Muskulatur beschleunigen.

Postakut ist die Therapie der Muskelkontusion eine Domäne der Physiotherapie und physikalischen Medizin. Die Enzymeinnahme unterstützt den Abschwellungsprozess und die Rückbildung der posttraumatischen Entzündung. Bereits am Folgetag sind Radfahren und Aqua-Jogging möglich.

Muskelverhärtungen (Muskelhartspann) lassen sich durch warme Bäder, Stretching, Foam-Roller-Anwendung (Bartrow 2014) und Massagen behandeln. Bei Muskelverhärtungen hat sich auch das Kinesio-Taping bewährt (Reichardt u. Lutter 2010; Sielmann u. Christiansen 2010; Kumbrink 2009). Eindeutige wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit der beliebten bunten Kinesiotapes gibt es bisher nicht (Bassett et al. 2010; Williams et al. 2012; Kalron u. Bar-Sela 2013; Kamper u. Henschke 2013; Mostafavifar et al. 2013; Silva Parreira et al. 2014; Csapo u. Alegre 2015). Die Empfehlung von Arzt und Physiotherapeut scheint die in der Therapie subjektiv wahrgenommenen Effekte positiv zu beeinflussen (Krause et al. 2017).

TIPP

Ein lockeres Lauftraining ist bereits am zweiten Tag nach der Muskelverhärtung wieder möglich. Besser ist aber, Sie starten zunächst mit Radfahren oder Aqua-Fitness

Bei der neurogenen Muskelverhärtung haben sich Injektionsbehandlungen (lumbal) bewährt, Massagen sollten allerdings unterbleiben, um keine hartnäckigen Nervenreizungen zu provozieren. Bei Muskelverhärtungen werden die Elektrotherapie zur Herstellung des neuromuskulären Gleichgewichts und Ultraschall zur Mikromassage eingesetzt.

Muskelzerrungen werden mit lokalen Injektionen (Lokalanästhetika) behandelt. Auch das Anstechen der Triggerpunkte mit Akupunktur-Nadeln (Dry-Needle-Technik) zeigt gute Erfolge. Dehnübungen erfolgen im schmerzfreien Bereich. Die Elektrotherapie stellt das neuromuskuläre Gleichgewicht wieder her und Ultraschall wirkt wie eine Mikromassage. Die klassische Massage – unter Aussparung der eigentlichen Verletzungsstelle – lockert die Muskulatur.

Tipp

Ab dem zweiten Tag nach einer Muskelzerrung ist ein leichtes Lauftraining möglich, zunächst ist die Bewegung im Wasser in Form von Aqua-Jogging ratsam.

Die Thermotherapie unterstützt ab dem dritten Tag die Regeneration. Nach fünf Tagen ist meist die volle Trainierbarkeit wieder gegeben.

Achtung

Noch nicht ratsam sind schnelle und explosive Bewegungen.

Bei chronischen Muskelzerrungen und Triggerpunkten helfen die Querfriktion nach Cyriax  und die Triggerpunkt-Massage (schmerzhaft!). Auch die kurzfristige Gabe von muskelrelaxierenden Medikamenten kann in hartnäckigen Fällen versucht werden.

Querfriktion als Selbstmassagetechnik im Bereich des Oberschenkels

Bei Muskelfaserrissen erfolgt am Tag der Verletzung die Erstversorgung nach der Pech-Regel (s. o.). Zusätzlich können lokale Injektionen vorgenommen (Wiederholung am zweiten und vierten Tag) und Enzyme oral verabreicht werden. Es wird ein entlastender Salbenverband (Enelbin®, Kyttasalbe®, Reparilgel®) angelegt. Ab dem ersten Tag nach der Verletzung können die Elektrotherapie zur Tonusregulierung, manuelle Lymphdrainage und die klassische Massage (nicht im Verletzungsbereich) vorgenommen werden. Ab dem vierten Tag ist auch Ultraschall als Mikromassage möglich.

Tipp

Je nach dem Ausmaß der Verletzung kann ein leichtes Lauftraining (maximal 20 min) fünf Tage nach einem Muskelfaserriss möglich sein.

Auch können jetzt leichte Querfriktionen des Verletzungszentrums und aktives Stretching vorgenommen werden. Die Querfriktion nach Cyriax ist eine Spezialmassage an Muskeln, Sehnen und Sehnenknochenübergängen. Bei der Querfriktion erfolgt eine Friktion des betroffenen Bereichs quer zur Verlaufsrichtung der Fasern mit den Fingerkuppen. Die Querfriktion regt die Durchblutung an, senkt den Muskeltonus und löst Gewebsverklebungen. Über die Stimulation von Rezeptoren kommt es zur Schmerzreduktion. An zugänglichen Partien können Sie die Querfriktion auch als Selbstmassage durchführen. Die Trainingsintensität ist immer abhängig vom Heilungsverlauf des Faserrisses und vom Tonus im verletzten Muskelstrang.

Achtung

Krafttraining darf erst erfolgen, wenn die Verletzung vollkommen ausgeheilt ist.

Nach 14 Tagen ist meist das volle Training wieder möglich, allerdings sollten Sie sich mit schnellen und explosiven Bewegungen noch zurückhalten.

Ein Muskelbündelriss stellt eine deutlich schwerere Verletzung dar und benötigt meist sechs bis acht Wochen für die Ausheilung.

Merksatz

Jeder Muskelverletzung muss ausreichend Zeit zur Ausheilung gegeben werden. Eine Muskelverletzung gilt dann als abgeheilt, wenn keine Schmerzen mehr bei vollständiger Kontraktion des Muskels bestehen.

Dies kann Wochen, bei ausgedehnten Verletzungen auch Monate dauern. Nach Zerrungen kann das normale Training nach einigen Tagen normalerweise wieder aufgenommen werden, allerdings nur bei Schmerzfreiheit.

Physikalische Maßnahmen (Wärme) und Massagen können die Verklebungen lösen, die durch das Narbengewebe entstanden sind. Das stellt die normale Flexibilität wieder her. Ergänzend kann Flossing (Kompressionsbandagen mit elastischen Gummibändern) eingesetzt werden (Kreutzer et al. 2016). Alternativtraining wie Aqua-Jogging und Fahrradfahren können sinnvoll in den Heilungsprozess eingebunden werden. Dosierte Trainingsbelastungen sind besonders in der Phase der Regeneration, wenn die Muskelfasern die ursprüngliche Struktur erhalten, heilungsbeschleunigend. An Wettkämpfen sollte erst wieder teilgenommen werden, wenn während eines intensiven Trainings keine Schmerzen mehr aufgetreten sind.

Achtung

Durch einen zu frühen Wiederbeginn mit Training und Wettkampf verlängert sich die Erholungszeit schnell um mehrere Wochen.

Vorbeugung

Präventiv wirken dieselben wie unter „Muskelkrämpfe und Muskelschwäche“ beschriebenen Maßnahmen.

Kompartmentsyndrom

Damit sich Muskeln gegenüber dem umgebenden Gewebe bewegen können, sind sie in einer Hülle aus Bindegewebe (Faszie) eingefasst. Dieses Gewebe ist sehr fest und in der Dehnbarkeit begrenzt. Wenn sich durch das Training der Muskel stark vergrößert oder es unter Belastung zu einer Schwellung des Muskels kommt, kann die Durchblutung eingeschränkt werden. Die Minderversorgung mit Sauerstoff (Hypoxie) führt zu Schmerzen und evtl. zu einer weiteren Anschwellung des Muskels. Ursachen sind Einblutungen durch äußere Gewalteinwirkung (traumatisches Kompartmentsyndrom) oder ein Muskelfaserriss sowie ständiges Laufen auf hartem Untergrund bzw. sehr lange Laufstrecken (funktionelles Kompartmentsyndrom). Auch starke Erhöhungen des Laufumfangs, Schuhwechsel und eine Änderung des Laufstils kommen als Auslöser in Betracht.

Merksatz

Typisch für das Kompartmentsyndrom ist, dass nach einigen Laufkilometern Schmerzen auftreten, die zum Abbruch des Trainings führen (Jerosch 2001; George u. Hutchinson 2012). Nach einer Ruhephase verschwinden die Schmerzen wieder.

Es können alle vier Logen (Kompartmente) des Unterschenkels betroffen sein. Beim Läufer tritt das vordere Kompartmentsyndrom am häufigsten auf. Durch Druck auf benachbarte Nerven kommt es zu einem Taubheitsgefühl bis in den Fuß. Beim Anheben des Fußes (Dorsalflexion) kann eine Schwäche auftreten. Über dem M. tibialis anterior kann eine Schwellung und Druckempfindlichkeit bestehen. Auch das Senken des Fußes (Plantarflexion) kann Schmerzen auslösen.

Der Druck im Muskelkompartiment kann in Ruhe und während muskulärer Arbeit gemessen werden und damit die Diagnose sichern. Bei den Beschwerden muss insbesondere eine Stressfraktur ausgeschlossen werden. Auch an ein Schienbeinkanten-Syndrom (Shin splints), an Muskelverletzungen, venöse Insuffizienzen und Nervenläsionen muss gedacht werden.

Therapie

Bei der akuten Form ist eine sofortige Laufpause erforderlich. Die konservative Behandlung mit abschwellenden Medikamenten (Antiphlogistika), Entwässerung (Diuretika), Hochlagerung, Kältetherapie, Bandagen und physiotherapeutischen Maßnahmen kann versucht werden. Der Untergrund, auf dem gelaufen wird, die Lauftechnik, das Training und die Art der Schuhe (Einlagen) müssen analysiert werden. Die Fußheber sollten durch Übungen sowie langsames Bergaufgehen gekräftigt werden (Vounatsos 2012). Bei anhaltenden Beschwerden ist meist die Operation mit Spaltung der Faszie (Fasziotomie) unumgänglich. Durch die Druckerhöhung in der Loge kann es zum Abbau von Muskelgewebe kommen. Auch zur Vorbeugung eines möglichen Nierenversagens ist die operative Entlastung angezeigt.

Muskelfaserzerfall (Rhabdomyolyse)

Zu einem Muskelfaserzerfall (Rhabdomyolyse) kann es nach intensiver sportlicher Betätigung kommen (Chlibkova et al. 2015; Khodaee 2017). Trainierte Sportler sind weniger betroffen als Untrainierte. Hitze, Dehydrierung und eine Hyponatriämie können einen Muskelfaserzerfall begünstigen. Es gibt einige nichttraumatische Ursachen, wie z. B. Autoimmunerkrankungen, Toxine, Stoffwechselstörungen, Alkoholexzesse und Medikamente.

Von einem relevanten Muskelfaserzerfall muss dann ausgegangen werden, wenn

  • Muskelschmerzen,
  • Schwächegefühl und
  • eine Schwellung

der betroffenen Muskelgruppe auftreten.

Ein deutlicher Hinweis ist die rotbraune Verfärbung des Urins durch Myoglobin (Myoglobinurie). Das Muskelenzym Kreatinkinase (CK) ist stark erhöht (Magrini et al. 2017), ebenso die Laktatdehydrogenase (LDH).

Therapie

Achtung

Schnelle ärztliche Hilfe ist unbedingt erforderlich, denn bei einem Muskelfaserzerfall kann es zum Nierenversagen kommen!

Das freigewordene Myoglobin kann die Niere schädigen, indem die Nierentubuli durch Pigmentzylinder verstopft werden. Außerdem kann sich eine Gerinnungsstörung (Verbrauchskoagulopathie) entwickeln. Um das Nierenversagen zu verhindern, werden Infusionen und Diuretika eingesetzt, welche die Ausscheidung des Myoglobins beschleunigen.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

Die Literaturhinweise finden Sie in:

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

author: GRR