Man kann die ganze Welt laufend erleben. Eberhard Pfleiderer hat das jedenfalls vorgemacht. 100 Läufe in 60 Ländern unternahm er. Auf allen Erdteilen zwischen 1967 und 2020.

Ein Reisetagebuch der anderen Art.

Es geht immer, wie er betont, „zu einer kleinen individuellen Reise, egal, an welchem Ort Sie sich gerade befinden.“ Die erwachende Stadt mit offenen Augen erleben. „Jeder Ort ist anders“, schwärmt der heute 74jährige, „andere Orte mit anderem Wetter und unterschiedlichem Klima.“ Aber auch mit immer anderen Begebenheiten und Träumereien.

1967 war wohl sein erster Morgenlauf. Mehrfach musste er als Soldat hinaus nach Ellwangen, um für eine Goldmedaille seiner Kompanie zu trainieren. Quer durch Deutschland folgten seine Jogger-Runden – Berlin natürlich, Bremen, Dresden, Sanssouci, aber auch Putbus hoch oben in Mecklenburg und Ölberg ganz unten in Bayern.

Dann lief er in die weite, weite Welt. Die Orte sind nach Erdteilen aufgeführt. In Rom fühlte er sich wie ein Olympionike, als er auf den Spuren seines Vorbilds Bikila Abebe weilte. Mit Laufschuhen natürlich und nicht barfuß wie Bikila einst und früh morgens. In Athen spielte er noch einmal Olympia und schlüpfte unbemerkt in das bewachte antike Stadion von 1896. Das konnte ich ihm sofort nachfühlen, als ich bei meinem ersten Athen-Besuch nicht an den Wächtern vorbeikam und über den Zaun kletterte, um ein paar Runden zu drehen.

In Jerusalem umrundete er die Altstadt, in Angkor gelangte er ohne Eintrittskarte zu den spektakulären Tempeln, indem er den Polizisten erklärte, dass er für den Angkor-Halbmarathon trainieren muss.

                                                                                               Athen (r.) –  Illustration: Jens Schnepel

In Hanoi versteckte er sich morgens vor den Moped-Scharen erstmal hinter einem Baum. Im tibetischen Lhasa überlegte er lange, ob er es sich in 3 600 m Höhe zumuten kann, einen Run zu starten. Den australischen Uluru, auch als Ayer’s Rock bekannt, umlief er fast pünktlich zum Sonnenaufgang. In Buenos Aires hinderten ihn schließlich mächtige Kundgebungen, die ihn zwar auch mächtig interessierten, ihn aber zum Rücklauf ins Hotel bewegten.

Natürlich war Pfleiderer auch in Ushuaia, am Ende der südamerikanischen Welt, und im ägyptischen Luxor, wo die einst mächtige Hatschepsut regierte. Jene Pharaonin, die als erste Läuferin der Welt dort bildlich verewigt wurde.

Den Abschluss dieses interessanten Büchleins macht tatsächlich ein „Corona-Lauf“. Und der Autor lief am 1. April dieses Jahres in der Morgensonne los: „Ich fühle mich gut, schaffe es, den Corona-Grauschleier wegzuziehen, der bisher über meinen Tagen hing.“

  LUXOR (r.) –  Illustration: Jens Schnepel

Begleitet wurde Morgenläufer Eberhard Pfleiderer auf den 124 Seiten von Jens Schnepel mit vielen Zeichnungen.

Tatsächlich eine gute ergänzende Betrachtungsweise…

Klaus Weidt