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15
07
2021

Foto: Lothar Pöhlitz

Mittelfuß- und Ballenlauf – schneller vom Boden abdrücken – Von Lothar Pöhlitz*

By GRR 0

In der Zeit wo unsere Besten bei der U23-EM, der U20-EM und den Olympischen Spielen in Tokyo um Medaillen kämpfen, sollten wir schon einmal über die bevorstehenden Aufgaben für die Jüngsten in den Vereinen nachdenken.

Die auch in den Laufdisziplinen überall frei geblieben Startplätze müssen animieren in den BASICS-Klassen die Anstrengungen zu erhöhen. Je früher es nach den Corona-Ausfällen losgeht, um so besser können die Ergebnisse schon im neuen Jahr 2022 ausfallen.

Eine der wichtigsten Grundlagen ist die Vermittlung und Verbesserung der Lauftechnik auf den verschiedensten Strecken und der dafür notwendigen Voraussetzungen.

Unter Laufökonomie versteht man die Effektivität, mit der die vorhandene Energie in Laufgeschwindigkeit umgesetzt wird bzw. ein spezifisches Tempo länger aufrecht-erhalten werden kann. Die Laufökonomie sagt aus, wie viel kcal an Energie man pro Kilometer zur Fortbewegung pro Kilogramm Körpergewicht benötigt. Für das zukünftige schnellere laufen junger Talente bedeutet das, dass jede individuelle Körpermasse X so energieeffizient zu beschleunigen bzw. fortzubewegen ist, dass die angestrebte Zielgeschwindigkeit möglich wird und die beste Technik bis ins Ziel aufrechterhalten werden kann. Dafür wird geschwindigkeitsabhängig das Mittelfuß- bzw. Vorfußlaufen eingesetzt.

Ein immer besser entwickelter „Leichtlaufmotor“ hilft dabei die möglichst leichten Bewegungen in einem stabilen Chassis möglichst wirkungsverlustfrei auf die Bahn oder Straße zu übertragen. Man läuft nicht nur mit den Beinen. Die Arme und der Oberkörper bestimmen die Geschwindigkeit mit. Je schneller man die Arme bewegen kann desto schneller laufen auch die Beine. Der Lauf ist eine Ganzkörperbewegung und man kann nur so schnell, wie es das schwächste Glied der Muskelkette des Körpers zulässt.

Abb. Lauftechnik-Doppelschritt

Läufer mit einer guten Lauftechnik haben bei ansonsten ähnlichen Voraussetzungen Leistungsvorteile gegenüber der Konkurrenz. Eine optimale Lauftechnik und eine auf die Körperkonstitution (Größe, Gewicht, Beinlänge) bezogene „Leichtlauffähigkeit“, sind für den Grad der Laufökonomie wesentlich. 400 – 800 – 1500 m Läufer müssen auf dem Vorfuß können, Langstreckler auf dem Mittelfuß. Dabei sieht man immer öfter afrikanische Läufer, auch in Straßenlauf-Finals, auf dem Ballen „spurten“.

    Foto:  Valentin

                            

Die oft nicht einmal 1.60 m großen afrikanischen Läuferinnen demonstrieren in den Langstrecken, dass nicht die Körpergröße über Siege entscheidet. Ihre Geschmeidig-keit kann man durch Technikläufe, Kilometer, die Übungen des Lauf ABC, Sprünge, Bergan- und Bergabläufe, Krafttraining und Beweglichkeitstraining erarbeiten. Vor allem die Läufe mit einer möglichst sauberen Technik reduzieren die „Reibungsverluste“ bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und helfen die Rennen taktikabhängig mitzubestimmen.

Solche Trainingsformen tragen dazu bei, nicht nur die Koordination zu verbessern, sondern mit einem leichten „Rollschritt“ auch die Laufökonomie immer mehr zu optimieren. Dafür sollten Läufer und Läuferinnen im Training und in Wettkämpfen wahlweise die für die jeweilige Geschwindigkeit hilfreiche Vorfuß- oder Mittelfußlauftechnik erlernen. Vor allem Lauftalente sollte man schon früh vor einem Fußaufsatz und Abrollen über die Ferse bewahren.

Ein stärkerer Vortrieb durch mehr Kraft, ein geringerer Energie- und Sauerstoff-verbrauch, niedrigere Herzfrequenzen bei definierten Belastungen, der Wegfall unnötiger, überflüssig-wilder oder „falscher“ Querarmbewegungen während des Laufens, auch eine verbesserte Muskelkoordination durch das zentrale Nervensystems, machen schneller

Für leistungsorientierte Läufer erfolgt eine Lauftechnikbeurteilung bei mindestens mittlerer Geschwindigkeit, im Wettkampf und beim Unterdis-tanztraining bzw. Unterdistanzwettkämpfen. Dazu sollte für alle Bahn-wettbewerbe der Vorfuß-/Ballenlauf, für die Langzeitausdauerdisziplinen und das aerobe Qualitätstraining das Mittelfußlaufen technisch beherrscht und eingesetzt werden.

4 Phasen des Laufschrittes

  • Hintere Stütz- und Abdruckphase  (entscheidend für den Vortrieb)
  • Hintere Schwung- und Entspannungsphase / Anfersen (entscheidend für die Entspannung / Erholung der Muskulatur und Vorbereitung des Kniehub
  • Vordere Schwungphase / Kniehub (Sicherung der Schrittlänge; Vorbereitung des aktiven Fußaufsatzes vorn)
  • Vordere Stützphase (Amortisation des Landedruckes; Aufbau von Vorspannung,  aktive Arbeit nach hinten)

Die Voraussetzungen bestimmen die Lauftechnik

Je früher die Grundlagen für eine möglichst gute Lauftechnik und die dafür notwendigen Voraussetzungen den jungen Läufern vermittelt werden, umso ökonomischer können das Training und die Wettkämpfe schon im Jugendalter gestaltet werden.

Die ersten wichtigen Aufgaben bestehen in der Vorstellung des Lauftechnik-Bildes und der Schaffung der muskulären Voraussetzungen, damit die gewünschte Technik vom jungen Läufer auch ausgeführt werden kann. Vor allem mit zunächst geringen Zusatzlasten im laufspezifischen Ausdauertraining wird die in Wettkämpfen hohe Schrittgeschwindigkeit ermöglicht. Barfußlaufen auf weichen Untergründen oder Rasendiagonalen in Spikes unterstützen die zu erarbeitenden Gefühle für die angestrebte Leichtlauftechnik

Den individuellen Laufstil nach dem Technikleitbild optimieren – eine leicht anzusehende Lauftechnik – von der Konstitution abhängig – muß das Ziel sein.

Junge Sportler bringen einen natürlichen Laufstil mit. Er ist abhängig von ihrer in der Kindheit realisierten Bewegungsvielfalt, ihrer Beweglichkeit und Flexibilität, der Körperkonstitution, der Beinlänge und der Gesamtstatik. Dieser persönliche Laufstil muß in der Regel dem in der Trainingslehre bekannte Technikleitbild angenähert werden.

Ziel ist nicht nur mit weniger Kraftaufwand schneller und länger zu laufen, sondern auch unnötige, die Vorwärtsbewegung behindernde Bewegungen zu eliminieren, die Vorfuß- und Mittelfußtechnik zu erlernen, die Körperposition über den Beinen zu optimieren, eine optimale, variable Schrittlänge zu erarbeiten und dadurch auch Überlastungen oder Verletzungen zu vermeiden.

Auch eine geschwindigkeitsabhängige Armarbeit ist zu erlernen. Bei ruhigen Schritten werden die Arme leicht nach innen Richtung Körpermitte geneigt und im Ellbogengelenk weiter geöffnet, bewegt. Mit zunehmender Schrittfrequenz muß die Armarbeit aktiv im Ellbogengelenk stärker bewegt, dem Tempo der Beine möglichst ein klein wenig voraus schneller erfolgen.

„Um die 30 Knochen und Gelenke und viele große und kleine Muskeln und Sehnen sorgen für den Vortrieb, das Gleichgewicht und die Beweglichkeit.

Und die Fußreflexzonen mit ihren vielen Sensoren geben dem Körper „vielfältige Befehle“ und sichern nicht nur den aufrechten Gang. Nicht trainierte Fußgewölbe deformieren und führen zu Senk-, Spreiz- oder Plattfüßen. Gesunde, leistungsfähige Füße liegen nicht mit der Fußfläche auf. Längs- und Quergewölbe werden durch Muskeln verspannt und durch Sehnen und Bänder stabilisiert“ (Pöhlitz LCA 2009)

Beispiel für Technik- Ausprägungsformen im Sprint –  (Foto: Neuthe)

Leicht- Lauftechnik und Laufökonomie früh ausprägen

Eine gut ausgebildete Muskulatur im „Zentrum“ (Becken-, Hüft- und Rumpfmuskulatur) und der Füße (Vorfuß, Fußgewölbe, Fußgelenke) sind wichtige Voraussetzungen für einen optimalen Doppelschritt, weil die Beine und Arme am „Zentrum“ hängen und ihre mögliche Bewegungsgeschwindigkeit von dessen Kraft und Funktionsfähigkeit wesentlich abhängen.

Ganzkörperkraft beugt zugleich Haltungsschäden vor, erleichtert die Umsetzung der Technikanweisungen durch den Trainer und wirkt sich positiv auf die Laufhaltung und den Laufstil aus. Wer nicht in der Lage ist im Gehen seine Oberschenkel bis über die Waagerechte zu heben und dort zu halten, wird im Lauf große Schwierigkeiten bekommen, den Unterschenkelvorschwung mit aktivem Fußaufsatz automatisiert-leicht zu praktizieren.

Lauftechnikerlernung und paralleler Voraussetzungsaufbau sind wichtige Basis-Aufgaben im Training von jungen Läufern und Läuferinnen. Durch ein Ganzkörper-Athletiktraining, Dehn- und Beweglichkeitsübungen, Gleichgewichtsübungen, ausgewählte Übungen des Lauf-ABC, vertikale und horizontale Sprünge, Steigerungs- und Tempowechselläufe werden möglichst früh die Voraussetzungen aufgebaut, damit die jungen Läufer/-innen die gegebenen Aufgaben auch gut umsetzen können.

Schließlich muß dem Gehirn erst einmal alles zum Speichern angeboten werden, bevor es durch Befehle zurückgegeben werden.

Lothar Pöhlitz

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*Lothar Pöhlitz – seit 1957 Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 1959-1971 Trainer und Cheftrainer beim SC Chemie Halle / 1971-1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums Lauf/Gehen im DVfL / 1979-1985 Sprinttrainer beim TSV Bayer 04 / 1980 – 1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke, Langstrecke, Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjähriger Dozent an der Trainerakademie Köln und DLV-Trainerschule

2006-2020 Leichtathletik Coaching-Academy

 

 

In „Technikläufen“ (die vom Trainer auch bewusst so genannt werden sollten) über kurze Strecken (100 à 150 à 200 m) mit Gehpausen werden die gestellten Aufgaben immer wieder geübt, korrigiert und systematisch möglichst als „Leichtlauftechnik“ zur Perfektion geführt.

In schnellen kurzen Läufen sollen mit jungen Läufern/-innen auch immer wieder ein betonter, aktiver Fußballenaufsatz vorn bei gleichzeitigem Versuch immer kürzerer Bodenkontaktzeiten geübt werden. Dies ist für die Ausprägung hoher Unterdistanzgeschwindigkeiten nicht nur von zukünftigen 800 m Läufern wichtig.

Das alles sind wesentliche Voraussetzungen zur schon frühen Verbesserung der Laufökonomie.

         

 

 

author: GRR