Bildunterschrift: Aus dem Familienalbum stammt das Foto von Dr. Joachim Meyer, hier 2016 beim Rennsteiglauf auf dem großen Beerberg. - Foto: privat
Mitinitiator des Triathlonvereins in Jena – In Memoriam – Dr. Joachim Meyer ein sehr erfolgreicher Ausdauersportler – Hans-Georg Kremer berichtet
Die Sportart Triathlon existiert im Jenaer Vereinssport seit 1990, als sich der Jenaer Triathlonverein gründete.
Viel früher wäre dies auch nicht möglich gewesen, da es die Bezeichnung für diese Kombinationssportart, bestehend aus Schwimmen, Radfahren und Laufen zu DDR-Zeiten offiziell nicht gab. Erste Vorläufer des Triathlons sind aus den 1920er Jahren überliefert.
Der große Boom setzte in den 1970er Jahren ein, als in den USA im Rahmen der „Fitnesswelle“ die ersten Wettkämpfe unter dieser Bezeichnung organisiert wurden.
In der DDR, wo schon die aus dem „Westen“ stammende Jogging-Bewegung nicht aufgehalten werden konnte, kam es auch zu ersten „Triathlon-Versuchen“, besonders um den Rennsteigläufer Dr. Wilfried Ehrler, der damals als Lehrkraft an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) Leipzig tätig war. Um „politische“ Diskussionen zu vermeiden, wurde die Bezeichnung Ausdauer-Dreikampf (A3K) kreiert.
Der Begriff konnte sich aber bei der Bezeichnung der Wettkämpfe nicht flächendeckend durchsetzen. Am 30. Juni 1984 startete der 1. Leipziger Ausdauerdreikampf, der in der Folge der bedeutendste Triathlon in der DDR werden sollte. Unter den 352 Teilnehmern war auch Dr. Joachim Meyer aus Neustadt/O., der auf Anhieb Platz fünf in der Gesamtwertung belegte.
Joachim Meyer, der im Juli seinen 70. Geburtstag hätte feiern können, war nach langer schwerer Krankheit Anfang 2019 verstorben. Er stammte aus dem Erzgebirge und kam nach dem Studium der Agrarwirtschaft und der Promotion zur „Schweinzucht- und –mastanlage“ Knau, wohnte aber in Neustadt. Schon als Schüler war er sportlich sehr aktiv und hielt als Schwimmer mehrere Kreisrekorde. Später war er viele Jahre auf den Siegerlisten beim „Blaue Band“ von Hohenwarte. Er versuchte sich im Fußball und Gerätturnen und gewann als Student mehrfach bei Ruderwettkämpfen.
In Neustadt verschrieb er sich der Laufbewegung und gehörte 1982 zu den Gründungsvätern der Laufgruppe „WSG Neustadt“. Die Laufgruppe, der anfangs fünf Frauen und acht Männer angehörten, beteiligte sich an vielen Bezirksranglistenläufen, wo Meyer 1982 Platz fünf in der Abschlusswertung erreichte.
Der Jenaer 6. Kernberglauf mit über 1000 Teilnehmern war sein erster großer Wettkampf. Insgesamt zehn Mal findet man ihn in den Ergebnislisten, letztmalig 2010. Fast zwangsläufig darf der GutsMuths-Rennsteiglauf in seinen Annalen nicht fehlen, galt dieser doch als das große Ziel fast aller Läufer der DDR. 1983, also kurz nach der Gründung der Laufgruppe, ging Meyer auf der 68 Kilometer „Langen Strecke“ an den Start und kam mit respektablen 7:11 Stunden ins Ziel. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, da er eigentlich die 45-Kilometer „Kurze Strecke“ laufen wollte aber beim DTSB-Kreisvorstand nur noch eine Meldekarte für die „Lange Strecke“ bekam, für die er dann lediglich drei Monate Vorbereitungszeit hatte.
Zehn Rennsteigläufe auf der langen Strecke und der 50 Kilometer lange Städtelauf von Jena nach Gera sind seine erfolgreichen Ultra-Läufe. Beim Rennsteiglauf war er insgesamt 32 Mal unterwegs. Sein Letzter war 2016, als er schon von der Krankheit beeinträchtigt, gemeinsam mit 44 anderen Traditionsläufern zu einem Gruppenlauf auf der Halbmarathonstrecke unterwegs war. Parallel zu seinem Engagement in der Laufbewegung, wo er sich auch als „Sportfunktionär“ und Organisator bei der WSG Neustadt engagierte, nutzte er viele Startmöglichkeiten bei den relativ wenigen Triathlons in der DDR.
Die ganze Familie, Ehefrau Petra, Sohn Alexander und Tochter Susann wurden vom Ausdauersportvirus infiziert und waren selber aktiv bei vielen Wettkämpfen dabei oder übernahmen organisatorische bzw. Betreuungsaufgaben. So gewann die sportliche Familie z. B. beim Geraer Silvesterlauf 1986 gleich drei Karpfen.
Nach der „Wende“ 1990 gehörte Dr. Joachim Meyer zu den Mitinitiatoren des Triathlonvereins in Jena und des Thüringer Triathlon Verbands, wo er einige Jahre als Vizepräsident die Entwicklung in Thüringen positiv beförderte.
Extremsportarten reizten ihn besonders, zu denen auch schon zu DDR-Zeiten lange Skiläufe gehörten, wie der Erzgebirgskammlauf oder der Rennsteig-Massenskilauf. Ein 444-Kilometer mehrtägiger Skilauf in Lappland war dabei sicher ein Höhepunkt. Zu seinen Spitzenplatzierungen gehört sicher der Weltmeistertitel 2007 im Quadrathlon, der aus 4,8km-Schwimmen, 100km-Radfahren, 20km-Paddeln und 18km-Laufen bestand. Seine dafür benötigte Gesamtzeit betrug 9:23:18. Zwei Mal organisierte er einen „Rennsteig-Triathlon“, im ersten Jahr als Einzelkämpfer und 2001 bei der zweiten Auflage mit 12 Ausdauerathleten.
Die Strecken gingen über drei Kilometer Schwimmen auf der Bleilochtalsperre, 155 Kilometer Radfahren mit dem Mountainbike und 34 Kilometer Laufen über den Rennsteig mit all seinen Höhenmetern. Ziel war in Hörschel am Ende des Rennsteigs. Das Erlebnis sollte im Vordergrund stehen aber einige Athleten hatten sich gezielt darauf vorbereitet und wollten schnelle Zeiten schaffen, wodurch sich das kleine Teilnehmerfeld weit auseinanderzog, was für die Organisation eine große Herausforderung war.
Es dominierten die Triathlonspezialisten, und insgesamt acht Starter waren schneller als Meyer bei seiner Premiere. Nach 15 Stunden traf der letzte der 11 Finisher in Hörschel ein. Der Streckenrekord des Rennsteigtriathlons steht bis heute bei 10:08:40 von Torsten Kunath, auch weil es auf Grund des hohen organisatorischen Aufwandes bis heute keine weitere Auflage mehr gab.
Die Sportbiografie von Dr. Joachim Meyer füllt insgesamt mehrere Aktenordner.
Dr. Hans-Georg Kremer in Thüringische Landeszeitung vom 21. August 2019 Nr. 650