Hajo Seppelt - Feinde des Sports - Foto: Econ Verlag
Mit Hajo Seppelt unterwegs in der Unterwelt des Spitzensports … „Feinde des Sports“
Den Namen Hajo Seppelt kennen alle, die sich im Sport auskennen. Die meisten schätzen seine journalistische Arbeit. Viele bewundern ihn sogar wegen seiner oft gefahrvollen Recherche.
Aber es gibt auch Leute, die ihn nicht abkönnen. Das sind seine Feinde. Um diese Feinde geht es in seinem neuen, dem ersten Buch des bekannten Berliner Journalisten: „Feinde des Sports“ lautet demzufolge klar und konkret der Titel des knapp 400 Seiten dicken Werkes.
Wer das Buch Kapitel für Kapitel zu lesen beginnt, merkt schnell, auf welchem undurchsichtigen Spielfeld der Autor unterwegs ist und sich wie kaum jemand anders auskennt: „Undercover in der Unterwelt des Spitzensports“ lautet dazu passend der Untertitel, der auf der Coverseite des Buches gleich mitgeliefert wird. Daneben postiert ist Hajo Seppelt (geb. 1964) mit dem WDR-Mikrophon in der Hand, aufgenommen in einem leeren Stadion (mit Laufbahn!).
Die Unterwelt des Spitzensports – allein diese Formulierung lässt Spannung und Dunkelheit, Verbrechen und Aufklärung etc. etc. vermuten.
Das Buch avanciert damit zu einer mulmigen Mischung aus Krimi und Thriller. Aber das Buch ist eigentlich „nur“ ein Dokument der Zeitge-schichte über ein Segment des Sports. Spannend zu lesen ist das Seite für Seite allemal … wenn doch nur nicht alles so schlimm und erschütternd wäre, was Hajo Seppelt in all den Jahren investigativ ermittelt und hier akribisch aufgeschrieben hat:
„Mit versteckter Kamera in Untergrundlaboren der Doper und in Hinterzimmern zwielichtiger Sportfunktionäre“ – das ist der erste Satz auf der linken Einbandseite. Hajo Seppelt mittendrin.
Um welche Enthüllungen geht es genau? Das Inhaltsverzeichnis vorn verrät die wesentlichen Schauplätze: Frankreich mit der Tour die France … Russland I bis III, Kenia, China, die DDR und Nordkorea.
Doch im Grunde beginnt Hajo Seppelts Reise in die „Unterwelt des Spitzensports“ in Berlin, seiner Heimatstadt. Hier startet seine bewegte Berufsbiografie, hier wächst er auf im Ortsteil Lankwitz im südlichen Westen der Stadt. Hier schließt er sich der katholischen Pfarrjugend an, wechselt zwischen 15 und 19 Jahren zum Schwimmen und erkennt nach dem Abitur beim Studium an der FU Berlin, dass Lehrerwerden doch nicht so sein Ding ist.
Ein Text im Umfang von zehn Zeilen zum Ausgang der Berliner Kanu-Meisterschaften, woran er angeblich drei Stunden gebastelt hatte, ebnet ihm den Weg als freier Mitarbeiter der dpa in Berlin: „Fortan durfte ich los, im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur auf die Plätze und in die Hallen. Von zu Hause aus telefonierte ich mit den Kontaktleuten die Ergebnisse lokaler Leichtathletik-Wettbewerbe herein. Daraus machte ich dann handschriftlich kleine Meldungen und gab sie durch ins dpa-Büro am Savigny-Platz“.
So sah das Tagesgeschäft eines freien Sportjournalisten in den 1980er Jahren aus. Hajo Seppelt reüssierte rasch als Profi: SFB (Sender Freies Berlin), RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) bzw. ARD und WDR lauten die nächsten Stationen auf dem Weg zum „weltweit bekanntesten Enthüller im Sport“.
Hajo Seppelt verbindet mit seinem gedruckten Werk eine Mission: das Treiben der Feinde des Sports aufzudecken. Das sind die, die sich am Sport bereichern, die Gesundheit der aktiven Sportlerinnen und Sportler dabei bewusst aufs Spiel und die Fair-Play-Idee des Sports völlig außer Kraft setzen – aber auch das geht Hajo Seppelt im Buch an: „Ich erzähle auch von den mutigen Menschen, die gegen kriminelle Machenschaften im Weltsport ankämpfen. Einige dieser Whistleblower waren Protagonisten unserer Filme. Andere trauten sich nur im Schutz der Anonymität, ihre Erlebnisse zu schildern. Und manche unserer Gesprächspartner mussten wir schützen und ihren Beitrag außen vor lassen. Eine Berichterstattung im Fernsehen hätte sie in Gefahr gebracht“.
Das Kapitel mit dem Schauplatz DDR unter der Überschrift „Im Auftrag des Staates“ beginnt übrigens in Bonn (BRD) und mit Olympiasieger Michael Groß als Protagonisten. Auf ihn ging damals anläßlich der Europameisterschaften im Sommer 1989 die Initiative zurück, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Erklärung gegen Doping unterzeichnen sollten.
Und dabei kommt dann Kristin Otto ins Spiel, sechsfache Olympiasiegerin 1988 in Seoul. Danach geht es u.a. um den Magdeburger Nachwuchsschwimmer, der plötzlich „Tot auf dem Beckenboden“ gefunden wird, sowie um „Männliche Sexualhormone für Mädchen“ und um „Dopingorganisation als Beruf“ mit Vizedirektor Manfred Höppner vom Sportmedizinischen Dienst der DDR in der Hauptrolle, der sich hüben wie drüben mit dem Kölner Dopinganalytiker Manfred Donike austauscht.
Ganz am Ende dieses Kapitels stellt Hajo Seppelt die Frage, „ob Sportler, die dopen, Betrüger sind – oder Betrogene. Oder beides“. Die Suche nach einer „sauberen“ Antwort wird uns alle weiter beschäftigen.
Hajo Seppelt mit Sicherheit auch.
Hajo Seppelt: Feinde des Sports. Undercover in der Unterwelt des Spitzensports. Berlin 2019: Econ. 384 S; 20,- Euro.
Prof. Detlef Kuhlmann