Messung der Frequenzwerte nach dem Lauf - Foto: Lothar Pöhlitz
Mit 4 Herzfrequenz-Trainingszonen das Sportherz und die Hubreserve (HMV) vergrößern – Von Lothar Pöhlitz*
Anpassungen im Herz-Kreislaufsystem erfordern in allen Altersbereichen von Mittel- und Langstreckenläufern die Nutzung der 4 Herzfrequenz bereiche, es ist nie zu spät.
Schon mit einfachen Pulsmessern kann man die individuelle Herzfrequenzstatistik aufbauen und im Training die Geschwindigkeiten nach der HF steuern. Dazu misst man zuerst die Ruheherzfrequenz am Morgen, am besten im Bett, ermittelt die Belastungsherzfrequenz nach grenzwertigen hohen Intensitätsprogrammen und die Erholungsherzfrequenz (HF nach 1´ / 2´ / 3´ / 5´ und 15´) als wichtigste Steuergrößen mit dem Ziel möglichst treffsicherer Vorgaben für die unterschiedlichsten Trainingseinheiten.
Beachten dabei muß man das sich mit steigender Leistungsfähigkeit oder auch nach Krankheiten die Herzfrequenzen in Ruhe oder nach Belastungen verändern.
In den Wochen/Monaten sinkende Herzfrequenzwerte widerspiegeln die steigende Leistungsfähigkeit im entsprechenden Trainingsbereich.
Natürlich ergänzen auch Laktatkontrollen im Training das Wissen um die Trainings-belastung und vertiefen die Kenntnisse über die Stoffwechselvorgänge, informieren über die Treffgenauigkeit der angestrebten Trainingsbelastung und geben Auskunft über Störungen im System.
Herzfrequenzen sind individuell und dürfen nicht mit denen anderer Sportler verglichen werden.
Kenne ich die Ruheherzfrequenz (für die Leistungsstärksten sind Werte unter 40 Schl./min. nicht ungewöhnlich) wird die individuell höchste Herzfrequenz ermittelt. Dies kann in einer Leistungsdiagnostik oder stellvertretend mit einem „kurzen harten“ Tempolauf-Programm (z.B. 3 x 400 m mit 90“ – 2´ Pausen grenzwertig) ermittelt werden.
Bei einem längerfristigen Belastungsaufbau im Nachwuchsleistungstraining, aber auch für Senioren, kann sich das Training an den 4 folgenden Herzfrequenz-Belastungsstufen orientieren:
1. Stufe
Herzfrequenz bis 130-150 Schl. / min. Aerobes Ausdauertraining (DL-1) – Aufbau der aeroben Basis, der Herzgröße und der Herzleistungsfähigkeit durch Training nach der Dauerleistungsmethode immer länger. Das Ziel besteht in der systematischen Verlängerung des Dauerlaufs in diesem Herzfrequenzbereich bis zum „Long run“ zum Aufbau des Fettstoffwechsels oder auch als kurzer Regenerations-DL (DL-R) um 30-45 Minuten Daue
2. Stufe
Herzfrequenz bis 155-160 Schl. / min. Aerobes Ausdauertraining als anspruchsvolles Dauerlauftraining (DL-2), z.B. auch 2 x 15 – 20 Minuten mit ~ 5 Minuten Laufpause hin und zurück, dabei darf die Rückstrecke bei steigender Leistungsfähigkeit auch etwas schneller sein.
Auch variables Dauerlauftraining im Gelände (auch profiliert) oder Fahrtspiele (mit langen Teilstrecken) und „mühelos -Intervalltraining“ (TL1) im aerob-anaeroben Übergangsbereich werden in diesem HF-Bereich absolviert.
Die Tempoläufe sollten oberhalb 2 Minuten beginnen und allmählich bis zu 7 Minuten an der oberen HF-Grenze (auch einmal bis 170 Schl. / min.) aufgebaut werden (z.B. auch 50 – 60´ FS mit 4-6 x 5 Minuten) Dabei sollen sich die langsamen Laufpausen (bis ~ 120 Puls absinken) in etwa an der Hälfte der Laufzeit bis zur Laufzeitdauer orientieren Die Länge der Pausen und ihre Geschwindigkeit werden in erster Linie vom Niveau der aeroben Basis (Stufe 1) bestimmt. Die Dauer der TE oder die Anzahl der möglichen Wiederholungen ist von der Einhaltung des HF-Bereiches stark abhängig.
Nicht das Alter der jungen Langstreckler bestimmt die Anzahl der Wiederholungen, sondern das individuelle Leistungsniveau.
3. Stufe
Herzfrequenz >160-180 Schl. / min.: Aerob-anaerobes Tempo-Dauerlauftraining (DL-3 / TDL), Intervalltraining und lange Tempoläufe zwischen 1000 – 3000 m. Dieser HF-Bereich wird mit kurzen (200-300 m) oder / und mittleren (400-600 m) Intervallen als auch mit langen Strecken jenseits der 1000 m als aerob-anaerobes Qualitätstraining eingesetzt.
Der nächste Lauf wird gestartet, wenn die Herzfrequenz auf den Bereich um 120-130 Schl. / min abgesunken ist. Die Pausen können als Trabpausen oder als kombinierte Geh-/Trabpausen (z. B. 100/200 m Gehen + 100/200 m Traben) gestaltet werd
Mit zunehmendem Leistungsfortschritt sollen die Pausen verkürzt werden. In diesen Belastungsbereich sind auch Berganläufe, Fahrtspiele mit kurzen, schnelleren Läufen, Tempodauerläufe oder z.B. ein ansteigender DL auf der Bahn einzuordnen.
4. Stufe
Herzfrequenz >185-210 Schl. / min.: Schnelligkeits-, Beschleunigungs- Tempolauf- und Tempowechseltraining (TL-2/3). Eine Orientierung auf ein komplexes Qualitätstraining beginnt bereits für junge Talente.
Für sie werden zunächst Geschwindigkeiten oberhalb der bis zur Stufe 3 absolvierten Geschwindigkeiten auf kurzen Strecken (100 m – Technikläufe als SA-Training) mit Gehpausen angestrebt, die zunehmend verkürzt und schneller werden sollen.
So kann z.B. ein Programm von 4–10 x 50-60 m a. d. HST (als Beschleunigungstraining) das Endziel sein. Sprintprogramme (6-10 x 20-40 m submaximal mit ausreichenden Gehpausen) vor solchen oder anderen Tempolaufprogrammen ergänzen die Vorbereitung auch junger Langstreckler auf die Aufgaben von Morgen.
Tempowechselläufe im Streckenbereich zwischen 150 m – 250 m (z.B. 180 m: 30-30- 40-40- 40 m) und Tempoprogramme (TL-2 / TL-3) zur Entwicklung der speziellen Ausdauer (für 5000 m / 3000 m Hi / 10000m) werden in den individuellen Wettkampfherzfrequenzen angestrebt.
Trainingsbelastungen in der Stufe 4 dienen auch der erforderlichen Weiterentwicklung der Willensqualitäten, dem Aufbau der mentalen Stärke in Wettkämpfen und zur Sicherung der Transformation von Trainings- in Wettkampfleistungen. Für die Überwindung subjektiv erfühlter Ermüdungserscheinungen sind wettkampfnahe Trainingsumfänge aufzubauen, d.h. positive Erfolgserlebnisse mit psychischen Grenzbelastungen im Training oder auch durch Trainingswettkämpfen bei 90-95 % vom Zieltempo.
Mehr Wissen ums Sportherz nach Dr. Kurt A. Moosburger (www.dr-moosburger.at (SPORTMAGAZIN Okt. 1994))
„Das Sportherz ist ein gesundes, vergrößertes Herz als Ergebnis einer sinnvollen Anpassung an eine vermehrte Dauerbelastung bei regelmäßigem Ausdauertraining.
Hochleistungs-Ausdauersportler haben oft das doppelte Herzvolumen als das von Normalpersonen.
Die Ruhe-Herzfrequenz kann bei Spitzen-Ausdauerathleten bis unter 30 Schläge pro Minute sinken. Das Sportherz hat aufgrund seines vergrößerten Herzvolumens eine größere Schlagvolumen-Reserve (“Hubreserve“), wodurch es ein größeres Herz-minutenvolumen erreichen kann (HMV = SV x HF)
Je größer das HMV, desto mehr Blut und damit auch mehr Sauerstoff gelangt zur Arbeitsmuskulatur (VO2).
Ein Sportherz bildet sich nach Beenden des regelmäßigen Ausdauertrainings wieder zurück“
*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / DLV-Bundestrainer 1980 – 1998 i. R. / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule
Siehe auch: Leichtathletik Coaching- Academy: https://www.la-coaching-academy.de/index.php