Vizeweltmeisterin, Europarekordlerin, zweifache deutsche Rekordlerin, Bronzemedaillengewinnerin mit dem Team: Melat Yisak Kejeta (Laufteam Kassel) feierte bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft in Polen ein sensationelles DLV-Debüt. - Foto: Michael Bald
Melat Kejeta: Mit Rekordjagd zur Vizeweltmeisterin 2020 – EAM Kassel Marathon
Unfassbar, unglaublich, sensationell: Die Leichtathletik-Experten und die nationale und internationale Presse überschlagen sich geradezu in Lobeshymnen über Melat Yisak Kejeta.
Die 28-Jährige selbst bleibt auch nach dem größten Erfolg ihrer Karriere so, wie man sie kennt: bescheiden und demütig. „Ich freue mich sehr, sehr über meine Leistung und danke Gott“, sagt sie. Bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft in Gdynia (Polen) hatte die Athletin des Laufteam Kassel zuvor gleich für mehrere Paukenschläge gesorgt.
Sie wurde bei ihrem Debüt im Nationaltrikot Vize-Weltmeisterin, pulverisierte den Deutschen Rekord in 1:05:18 Std. um fast zweieinhalb Minuten, was gleichzeitig auch Europarekord für ein reines Frauenrennen bedeutet, sammelte unterwegs einen neuen Deutschen 10 km-Rekord (30:47) ein und holte gemeinsam mit dem deutschen Team noch die Bronzemedaille.
Dass ihr bei ihrem Sprung in die Weltelite nur winzige zwei Sekunden zu einem neuen Weltrekord für Frauenrennen fehlten, den sich Siegerin Peres Jepchirchir (Kenia, 1:05:16) holte, störte Melat Kejeta nicht weiter. Dass sie nach den intensiven Höhentrainingslagern in St. Moritz (Schweiz) schnell sein würde, hatte sie aber geahnt. „Ich wollte 1:06 oder 1:07 laufen und mein Bestes geben, dass es dann 1:05 wurde, hat mich aber doch überrascht“, erzählt sie nach dem Rennen.
Schon bei ihren letzten Auftritten hatte Melat Yisak Kejeta, die vor einem Jahr mit ihrer Leistung beim Berlin-Marathon als zweitbeste Deutsche aller Zeiten (2:23:57) in den internationalen Fokus lief, gezeigt, dass sie Rennen in der Spitzengruppe ganz fokussiert mitgehen kann. Diese Taktik wählte sie bei idealen Bedingungen an der Ostsee auch bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft.
Bei Kilometer 10 verbesserte sie den Deutschen Rekord von Irina Mikitenko aus dem Jahr 2008 um zehn Sekunden auf 30:47 Minuten. Schon da fieberten am youtube-Live-Kanal die Teamkolleginnen und -kollegen des Laufteam Kassel begeistert mit.
Die Baunatalerin ließ sich auch später von Stürzen im Feld, unter anderem von Weltrekordlerin Ababel Yeshaneh, nicht aus der Ruhe bringen. Zielgerichtet lief sie weiter und sicherte sich als Vize-Weltmeisterin in 1:05:18 den neuen Deutschen Rekord, den Lauf-Legende Uta Pippig zuvor 25 Jahre gehalten hatte (1:07:58). Die bisherige Rekordhalterin war eine der Ersten von vielen, die der Neuen gratulierte: „Herzlichen Glückwunsch und das hast Du super gemacht! Ein Mega-Lauf! Alles Gute für alle Deine kommenden Ziele, auch an Deinen Coach.“
Denn für Winfried Aufenanger, der in seiner Zeit als DLV-Bundestrainer mit Ralf Salzmann, Konrad Dobler und anderen bereits internationale Erfolge feiern konnte, war es der größte Erfolg als Heimtrainer und legte mit seiner Arbeit den Grundsein dazu. Er hatte seiner Athletin schon länger eine solche Leistung zugetraut und auch Deutsche Rekorde für möglich gehalten. Dass es jetzt gleich zwei auf einmal, ein Europarekord, und einen Vize-WM-Titel gab, findet aber auch der erfahrene Coach „unglaublich“.
Auch für die zweite Nordhessin im DLV-Team, Laura Hottenrott (TV Wattenscheid), war die Halbmarathon-WM ein Erfolg. In 1:10:49 durfte sie sich über ebenfalls über eine neue persönliche Bestzeit und gemeinsam mit Melat Yisak Kejeta und Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin/1:12:35) über eine völlig unerwartete Team-Bronzemedaille freuen.
Für Melat Yisak Kejata, 2016 bereits Deutsche Meisterin über 10 km, hat sich seit ihrer Einbürgerung im März letzten Jahres vieles getan. Schon vor ihrem jüngsten Triumph hatte sie in den letzten DLV-Jahresbestenlisten die langen Strecken dominiert. Leicht war der Weg bis jetzt trotzdem für sie nicht.
Jetzt ergeben sich neue Perspektiven, Anfragen von Sponsoren werden sicher kommen. Auch in der Kaderzugehörigkeit des Verbandes wird es bestimmt Veränderungen geben. Nach wie vor ist Olympia ihr großes Ziel, dafür wird sie auch weiterhin alles geben. Der Deutsche Rekord im Marathon ist zudem weiterhin im Visier.
Möglich gemacht hat den bisherigen Werdegang vor allem auch Sponsor IMMOVATION AG, der unter anderem die Höhentrainingslager in St. Moritz finanziert hat. Lars Bergmann, Vorstand der IMMOVATION AG, ist ob der Rekordflut von Melat Yisak Kejeta begeistert: „Vizeweltmeisterin, Bronze mit dem Team, zweimal Deutscher Rekord und ein Europa- Rekord. Unglaublich! Wir alle wissen ja, was in Melat steckt. Aber dass sie in diesem schwierigen Jahr so einen großartigen Erfolg feiern kann, freut mich besonders.“
Ohne diese Unterstützung, bestätigt auch Trainer Winfried Aufenanger, wäre ihre Entwicklung und die Leistung von Gdynia nicht möglich gewesen. „Das ist nicht selbstverständlich. Dafür ein ganz herzliches Dankeschön an Lars Bergmann und sein Team“, so Aufenanger.
Dem Laufteam Kassel, das in seinem erst knapp zweijährigen Bestehen bereits zu einem der erfolgreichsten Laufvereine in Deutschland wurde, dürfte der größte Erfolg in der jungen Vereinsgeschichte ebenfalls noch mehr Schwung geben.
Und während alle noch schwärmen und begeistert sind, sagt Melat Yisak Kejeta in ihrer für sie so typischen Art: „Der Lauf war ganz gut.“
Wenn das so ist, kann man bestimmt noch einiges von ihr erwarten.
Melats Lauf im Video
Hier könnt Ihr Euch den Super-WM-Lauf von Melat noch einmal ansehen.
Medienberichte
Das schreiben die Medien über die Sensation von Gdynia (Auswahl):
German Road Races
leichtathletik.de
Spiegel online
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Runners World
Süddeutsche Zeitung
HR1
HNA
Quelle: EAM Kassel Marathon