Mustapha El Quartassy (2.v.r.) - Kenenisa Bekele (ganz (lks.) - Foto: Horst Milde
Marathonläufer Mustapha El Ouartassy Opfer eines rassistisch motivierten tätlichen Angriffs in Berlin
Der gewaltsame Tod von George Floyd durch weiße Polizisten und der ständigen Rassismus in den USA regt die Welt, Deutschland und Berlin verständlicherweise auf.
Im Beitrag vom 4. Juni 2020 war auf dieser Seite ein Beitrag mit der Überschrift „Black Lives Matter“ in englisch und deutsch lesen, daß der britische Leichtathletik-Verband UKA mit seinen „Athleten, Trainern, Mitarbeitern, Volunteers, Funktionären und Fans gegen Rassismus“ steht …
Mit dem Finger auf den Rassismus in anderen Ländern hinzuweisen ist leicht, gerade in Deutschland und Berlin sollten wir aber an den ständigen eigenen Rassismus, der uns täglich in „Schritt und Tritt“ – auf den Straßen in Bus und Bahn begegnet, erinnern. Halle und Hanau sind nicht vergessen.
Hier ein Beispiel, was die „kleine Welt“ des Laufsports betrifft:
„Feiger Angriff auf Marathonläufer Mustapha El Ouartassy“ hieß die Überschrift einer Pressemeldung des 1. VfL Fortuna Marzahn, indem die 1. Vorsitzende Doris Nabrowsky schrieb:
Bereits am 16. April 2020 wurde Mustapha El Ouartassy Opfer eines rassistisch motivierten tätlichen Angriffs. Nach einem langen Arbeitstag für seinen Verein, wo er angestellt ist, ging er am Helene–Weigel Platz einkaufen und fuhr mit der Straßenbahn nach Hause. Er hörte mit seinem Kopfhörer Musik und bemerkte daher nicht, dass sich ein Mann von hinten näherte. Der hatte sich Mustapha El Ouartassy wohl schon in der Straßenbahn ausgeguckt.
Er versuchte, Mustapha El Ouartassy von hinten die Beine wegzuschlagen. Trotz Einkaufsbeutel gelang dem es, den Sturz abzufangen und sich umzudrehen. Was er sah, erschreckte ihn. Ein etwa 35 Jahre alter Mann, glatzköpfig und mit der Bierflasche in der Hand, stürzte mit wutverzerrtem Gesicht auf ihn zu und brüllte: „Hau ab Du Kanake, ich schwöre es Dir, ich bringe Dich um“. Dabei griff er Mustapha El Ouartassy erneut an, um ihn umzustoßen. Der versuchte ihn zu beruhigen, was er ihm denn getan hätte.
Mustapha El Ouartassy gehört zu den besten Marathonläufern in Deutschland. Er wurde zum Sportler des Jahres 2019 des Bezirkes Marzahn–Hellersdorf gewählt, im Dezember 2019 erhielt er den Manfred von Richthofen Solidaritätspreis im Rahmen der Berliner Sportlerwahl. 2019 qualifizierte er sich zum Übungsleiter und arbeitet hier vor allem für Kinder und Jugendliche in den Flüchtlingsheimen.
Obwohl er kaum eine Sprachschule besuchte, lernte er schnell die deutsche Sprache und absolvierte 2019 erfolgreich die Sprachprüfung B 1. Er ist für andere Sportler und für die Kinder- und Jugendlichen seines Vereins ein großes Vorbild, für die geflüchteten Menschen sowieso.“
Diese Meldung ging völlig unter, nur die „Berliner Zeitung“ berichtete darüber. Aber am 4.06.20 gab es einen Beitrag im rbb mit der Überschrift „Feiger Angriff auf Marathonläufer Mustapha El Ouartassy“ –Mustapha El Ouartassy Berlins schnellster Marathonläufer in Marzahn bedroht und rassistisch beleidigt (schreibt der RBB). „Sein Verein Fortuna Marzahn versucht, ihm die Angst vor Gewalt zu nehmen. Der derzeit schnellste Marathonläufer Berlins, Mustapha El Ouartassy, ist auf seinem Heimweg vom Training in Marzahn überfallen, bedroht und rassistisch beleidigt worden. Seit dem Vorfall im April ermittelt die Polizei, wie der Verein Fortuna Marzahn berichtet.“
Der Täter ist immer noch nicht ermittelt und El Ouartassy lebt in Sorge, einen weiteren Angriff erleben zu müssen
Einbürgerungsprozess zieht sich lange hin
Dabei möchte er sich eigentlich vollständig auf seinen Sport konzentrieren. Einst wurde er bei einem Volkslauf in Marokko entdeckt und intensivierte anschließend das Lauftraining. Mittlerweile ist es einer der größten Wünsche von Mustapha El Ouartassy, möglichst bald schon für sein neues Heimatland an den Start zu gehen. Er träumt von Rennen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im deutschen Trikot. „Es ist ein Traum von mir, für Deutschland zu starten und das Land bei Olympia, einer Weltmeisterschaft, oder wo auch immer zu vertreten“, sagt El Ouartassy.
Sein Trainer Hans-Jürgen Stephan glaubt, dass El Ouartassy seine ambitionierten Ziele und die Olympia-Norm von 2:11:30 Stunden durchaus erreichen kann. Er gehört zu den Top-Läufern in dem Team, die vom Manager Christoph Kopp betreut werden.
Mustapha El Ouartassy – Foto: Christoph Kopp
Unverständlich bleibt, daß sich für ihn keine öffentliche Unterstützung seitens der sportlichen Institutionen auf Landes- und Bundesebene findet. Seitens dieser Stellen muss deutlich gemacht werden, daß sie hinter den Athleten stehen und derartige Vorfälle nicht schweigend dulden. Sie müssen Position beziehen!
Beim 46. BMW BERLIN-MARATHON am 29. September 2019 stand Mustapha El Ouartassy am Start – nicht weit entfernt von Kenenisa Bekele – und wurde 26. in 2:14.02.
Horst Milde