Liane Winter - Foto: privat
Liane Winter, deutsche Marathonlegende, verstarb im Alter von 78 Jahren.
Liane Winter (vormals Wolfsburg) ist eine Pionierin des Langstreckenlaufs in Deutschland. Am Montag (Patriots‘ Day), dem 21. April 1975 gewann sie in Weltrekordzeit (2:42;24) WBZ – als erste Deutsche, den legendären Boston Marathon.
Sie verstarb, nach Angaben ihrer Familie, im Alter von 78 Jahren in einem Pflegeheim in ihrer Heimat in Süddeutschland.
Liane Winter prägte in den 1970-Jahren den Marathonlauf in Deutschland. 1974 hatte sie in Wolfsburg und Waldniel deutsche Marathon-Rekorde aufgestellt, später wurde sie auf dieser Distanz 1979 Deutsche Meisterin. Ein weiterer deutscher Rekord gelang ihr mit 37:16 Minuten im 10-Kilometer-Straßenlauf am 31. Juli 1977 in Brügge. Sie wurde betreut, bzw. trainiert vom „Laufdoktor“ Ernst van Aaken (Waldniel). Sie war kaufmännische Angestellte bei der Volkswagen AG.
Insgesamt bestritt Liane Winter 50 Marathonläufe, den letzten im Alter von 50 Jahren im Jahr 1991. Beendet hat sie alle.
Sie erkrankte in den 1990-Jahren an Multipler Sklerose, was später das Laufen unmöglich machte und sie in den Rollstuhl zwang. Im Handbike war sie sportlich noch über viele Jahre hinweg aktiv, so startete sie auch mehrfach im Handbike beim BERLIN-MARATHON.
Tom Derderian schreibt in seinem Buch „Boston Marathon“, daß Liane Winter 1975 vom Start an die Führung in diesem Rennen nahm, vor der späteren Zweiten Katherine Switzer. Beide sahen sich in diesem Rennen nicht, jede lief ihr eigenes Rennen. Switzer wollte Boston endlich mal gewinnen, nachdem sie 1967 zum ersten Mal in Boston heimlich antrat (das Rennen war für Frauen nicht zugelassen!) und von Jock Semple, dem Race Director „enttarnt“ wurde. In den folgenden Jahren konnte sie sich dann immer offiziell immer auf den Podiumsplätzen platzieren, aber nie gewinnen.
Liane Winter war im Rennen mit 2:43:24 fast 10 Minuten vor ihr (2:51:37). Derderian schreibt in seinem Buch, daß Bill Rodgers, der Männer-Sieger des Rennens (2:09:55) zu ihr kam, ihr gratulierte und sagte „daß sie wohl sehr glücklich sein müsste mit ihrer Super-Zeit“.
„Thank you, I am. But could you get me a beer? I’d really like a beer.“
Liane Winter (rechts) wird 1975 traditionell von Polizisten zur Siegerinnenehrung begleitet – Foto von Jeff Johnson im Buch von Derderian
Sie sagte daraufhin: „Thank you, I am. But could you get me a beer? „I’d really like a beer.“ Die Frauen hatten es im stockkonservativen Boston schwer. Bei den Frauen verweigerten die Veranstalter die angemessene Ehrung wie bei den Männern. Selbst bei Charlotte Teske, die Boston 1982 gewann, hatten sich die Verhältnisse für die Frauen noch immer nicht verändert: Charlotte Teske bekam als Siegerin nur eine Standuhr als Ehrenpreis (jetzt im Sportmuseum in Berlin), Flug, Hotel und Verpflegung musste man selbst bezahlen. Erst 1983 änderten sich dann die Usancen auch für die Frauen in Boston
Liane Winter erhielt erst zwei Jahrzehnte später, 1996 beim 100-jährigen Jubiläum des Boston-Marathons, als Ehrengast die Goldmedaille für diesen historischen Sieg von 1975.
Am 29. September 2007 nahm sie im Handbike am BERLIN-MARATHON teil.
Friedhard Teuffel schrieb über sie im “ Tagesspiegel“, unter der Überschrift: „Die Arme laufen weiter“: Liane Winter war die schnellste Läuferin der Welt – jetzt fährt sie mit Multipler Sklerose im Handbike“.
Liane Winter im Handbike bei einem Treffen mit Wilfried Raatz – Foto: Horst Milde
Und Friedhard Teuffel weiter: „Sie war einmal die schnellste Marathonläuferin der Welt, aber heute fallen zuerst ihre Arme auf. Es sind besonders durchtrainierte Arme mit glatter, gebräunter Haut, und an ihnen sieht man Liane Winter am wenigsten ihre 65 Jahre an. Sie schieben einen Gehwagen durch ihre Zwei-Zimmer-Wohnung in Wolfsburg, die Beine schleifen hinterher. Wegen ihrer Arme wird am Sonntag alles fast noch einmal sein wie früher. Liane Winter wird in Berlin 42,195 Kilometer zurücklegen, wie sie es schon oft getan hat. „Ich freue mich so darauf, das können Sie sich gar nicht vorstellen“, sagt sie. Aber weil die Multiple Sklerose ihre Beine fast bewegungsunfähig gemacht hat, bringen sie nun ihre Arme im Handbike durch Berlin, einem Rollstuhl mit drittem Rad und Handpedal.
„Ich habe Muckis wie eine Preisboxerin“, sagt sie und zupft die Ärmel ihres schwarzen Sporttrikots nach oben. In ihrem Lachen steckt ein bisschen Selbstironie, aber auch jede Menge Stolz.
Im vergangenen Jahr war sie zum ersten Mal in Berlin beim Marathon mit dem Handbike unterwegs, nach 2:38:50 Stunden erreichte sie das Ziel. „Es war eine wunderbare Fahrt.“
Liane Winter (r.) – im Hintergrund Irena Mikitenke – Foto: Horst Milde
Aber ihr ist dabei noch etwas aufgefallen: Wie schnell sie früher gelaufen ist – nur dreieinhalb Minuten langsamer war sie als auf Rädern.“
Liane Winter lebte damals in Waldsolms in Hessen.
Horst Milde