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20
05
2019

Alina Reh bei der EM Berlin 2018 - Foto: Horst Milde

Lange Laufnacht Karlsruhe: Alina Reh läuft solo zur 5000 m-WM-Norm – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Vier Meetingrekorde, ein Dutzend Normerfüllungen für den deutschen Laufnachwuchs für die Europameisterschaften in den schwedischen Austragungsorten Gävle (23) und Boras (U20) – und die WM-Norm von Alina Reh stehen als nüchterne Bilanz unter einer überaus gelungenen „Lange Laufnacht“ im Carl-Kaufmann-Stadion in Karlsruhe.

Die im Alleingang von der 21jährigen Langstrecklerin von der Schwäbischen Alb erzielten 15:12,96 Minuten über 5000 m sind natürlich der absolute Höhepunkt unter einer Veranstaltung, die das einstmals als Läufermekka gepriesene Mini-Internationale im Koblenzer Oberwerth inzwischen abgelöst hat und im vierten Jahr mit dieser außergewöhnlichen Konzeption mit über 700 Meldungen (!) eine tolle Resonanz erfahren konnte.

„Karlsruhe, ihr seid der Hammer“, fasste Alina überglücklich ihre Eindrücke nach den zwölfeinhalb Runden zusammen. Getragen von den bis auf Bahn drei stehenden Zuschauern stürmte Alina Reh in der stimmungsvoll beleuchteten Anlage um 22.00 Uhr Runde um Runde in Richtung WM-Norm von 15:22 Minuten.

Auch wenn die als Tempomacherin eingesetzte Jana Reinert (die allerdings zuvor schon die 1500 m gelaufen war) nur eineinhalb Runden lang das angeschlagene Tempo hoch halten konnte, die WM-Norm war in keinster Weise in Gefahr. Nach 3:01 folgten die weiteren Kilometer jeweils in 3:02 bis 3:03 – und das völlig im Alleingang und dem Handikap der Überrundungen in der Schlussphase. „Ich bin einmal ehrlich: Gerne wäre ich noch einen Tick schneller gelaufen, schon in Richtung 15 Minuten. Aber das war, trotz der tollen Unterstützung, heute noch nicht machbar!“

Sichtlich zufrieden natürlich Trainer Jürgen Kerl, der das große Lauftalent aus Laichingen seit drei Jahren mit viel Fingerspitzengefühl in die internationale Güteklasse geführt hat. „Jetzt können die 10.000 m kommen“, blickt Alina schon nach vorne, wenn sie am 8. Juni in Essen-Stoppelberg bei den deutschen 10.000 m-Meisterschaften nach dem nächsten Titel greift.

Dahinter verblassen natürlich die weiteren Leistungen, aber das durchweg fachkundige Publikum puschte auch das starke Verfolgerfeld zu Topleistungen. So die letztjährige 10.000 m-Meisterin Anna Gehring, die als Zweite auf 15:48,02 Minuten kam und damit einen neuen Hausrekord verbuchen konnte.

Lange lief die U20-Berglauf-Vizeweltmeisterin und Hindernis-Europameisterin mit der starken Holländerin Lisa Oed in einer weiteren Verfolgergruppe, doch dann machte sich die lädierte Muskulatur bemerkbar, die von einem Sturz am Hindernis vor zehn Tagen in Pfungstadt herrührte.

Das vorzeitige Aus ist natürlich für die 20jährige ein Dämpfer auf dem Weg zu einem internationalen Einsatz in der nächst höheren Altersklasse. Die noch der U18 angehörende Anneke Vortmeier schaffte mit 16:44,30 die U20-Norm für die Europameisterschaften in Boras (Schweden), die Linn Kleine (16:45,14) und Pauline Kayßer (16:48,09) knapp verpassten.

Ein weiterer Leckerbissen war zweifelos das reizvolle Duell der zu den besten europäischen Hindernisläuferinnen zählenden Anna Emilie Moller und Elena Burkhard über die 3000 m-Hindernis-Distanz. In der Schlussrunde konnte sich die Dänin leicht absetzten und kam in 9:47,92 zum Sieg vor der Nordschwarzwälderin (9:51,95).

Die Jagd auf die U23-EM-Norm von 10:10 Minuten konnten Agnes Thurid Gers (10:05,80), und Lea Meyer (10:08,34) auf den Plätzen vier und sechs erfolgreich abschließen, dazwischen platzierte sich mit Jana Sussmann (10:07,91) eine etablierte Läuferin, die nach Verletzungsproblemen der Form noch hinterher läuft. Als Achte und Neunte konnten Josina Papenfuß (10:21,05) und Paula Schneiders (10:21,91) eine starke Visitenkarte für die U20-EM abgeben, denn beide blieben unter den geforderten 10:30 Minuten.

Viel Beifall gab es für den Auftritt des Saudi-Läufers Tariq Ahmed el Amri, der im Alleingang im 5000 m-Rennen auf 13:40,80 kam. Dahinter jubelten der Düsseldorfer Maximilian Thorwirth und der aus Somalia stammende Ilyas Osman im Trikot des TV Waldstraße nach 13:46,75 bzw. 13:46,99 Minuten auf neue Rekordzeiten. Für Jens Mergenthaler, der aktuell im Deutschen Nachwuchs-Laufcup den U23-Wettbewerb anführt, könnten die 13:56,37 Minuten als Vierter schon das Ticket für die U23-EM in Gävle (Schweden) bedeuten.

Auch GRR-Nachwuchs-Preisträger Elias Schreml schaffte als 18. Des ersten 5000 m-Laufes mit 14:26,04 Minuten die U20-EM-Norm (14:27).

Das 3000 m-Hindernisrennen der Männer brachte ebenfalls einen Fingerzeig, dass es in Deutschland eine stattliche Anzahl von jungen Talenten gibt, die Spaß an dieser doch herausfordernden Distanz haben. Auch wenn zuletzt der Däne Jakob Dybal Abrahamsen über seinen Sieg in 8:41,48 Minuten vor dem dichtauf folgenden Saudi Ali Ahmed Alamri (8:41,69) jubeln konnte, der Beifall galt den drei jungen Deutschen mit den Jahrgängen 1997 und 1998, die mit Zeiten zwischen 8:43,06 bis 8:44,60 die U23-EM-Norm von 8:48 unterbieten konnten: Frederik Ruppert, Robert Baumann und Lennart Mesecke. Dagegen fiel in der Endphase, als vor allem der Sohn des 5000 m-Olympiasiegers Dieter Baumann das Tempo machte, der DM-Dritte Konstantin Wedel zurück und wurde nur Achter.

Die starke Crew der LG Telis Finanz Regensburg testete derweil zumeist auf ungewohnten Unterdistanzen. So überraschte die Halbmarathonmeisterin Miriam Dattke als 1500 m-Zweite hinter Katharina Trost (4:13,67) in 4:16,59 und einen Rang vor Jana Reinert (4:18,04). Halbmarathonmeister Moritz Beinlich (3:52,62) und 10.000 m-Meister Simon Boch (3:50,94) hatten natürlich in den gut sortierten Startfeldern keine Chance auf einen Spitzenplatz.

Der Cross-Vize-Europameister Isaak Kimeli gewann in 3:38,46 vor Andres Almgren (3:40,18) und dem Erfurter Sebastian Keiner (3:41,44), dahinter auch der 800 m-Hallen-WM-Starter Christoph Kessler mit starken 3:41,91. Gut auch die Bruder Lukas (3:44,20) und sein noch der U20 angehörende Bruder Marius Abele (3:50,63). Im B-Lauf tummelten sich übrigens mit Amanal Petros (3:45,73) und Philipp Reinhardt (3:46,88) zwei 10.000 m-Spezialisten mit guten Leistungen. Den C-Lauf gewann übrigens mit Markus Görger (3:46,89) der zweimalige GRR-Nachwuchs-Preisträger.

Bleibt noch ein Blick auf die weiblichen Lauftalente auf den kürzeren Distanzen: Die U18-EM-Fünfte Sophia Volkmer begann die Saison 2019 mit starken 2:04,33 Minuten, die sogar für zwei Stunden Meetingrekord bedeuteten, ehe die deutsche Meisterin Christina Hering 2:03,51 nachlegte.

Über 1500 m gefielen zudem die 18jährige Lea Kruse mit 4:25,92 wie auch Antje Pfüller (4:26,60) und Lisa Hausdorf (4:26,84), die beide sogar dem Jahrgang 2002 angehören.

Wilfried Raatz

author: GRR