Symbolbild Speerwerfen - Foto: Horst Milde
Klaus Wolfermann wird am 31. März 75 Jahre alt – Goldmedaillengewinner im Speerwurf in München1972
Klaus Wolfermann, der Goldmedaillengewinner im Speerwurf bei den Olympischen Spielen von München 1972, wird am Mittwoch, dem 31. März, 75 Jahre alt.
Mit seiner persönlichen Bestleistung im Speerwurf von 94,08m erzielte er am 5. Mai 1973 in Leverkusen einen Weltrekord, der fast vier Jahre Bestand hatte. Zwischen 1968 und 1975 war er sechsmal hintereinander Deutscher Meister im Speerwurf, zweimal belegte er Platz zwei.
Wolfermann war auch Olympiateilnehmer 1968 in Mexico und bestritt 30 Länderkämpfe für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).
Klaus Wolfermann wurde in Altdorf im Kreis Nürnberger Land geboren. Sein Vater Abraham war Turner beim TV Altdorf, wo Klaus als Kind ebenfalls mit dem Turnen begann, dann aber zum Handball wechselte, wo er gleich mit seinem kräftigen und zielgenauen Wurf auffiel. In der Leichtathletik war er zunächst als Mehrkämpfer aktiv, bevor er sich nur noch dem Speerwurf widmete, und zwar beim Werksverein SV Siemens Nürnberg. Hier absolvierte er gleichzeitig eine Lehre als Werkzeugmacher.
Ab 1965 ließ sich Wolfermann an der Bayerischen Sportakademie in München-Grünwald zum Sportlehrer ausbilden. Zu dieser Zeit war der langjährige Heidelberger Sportwissenschaftler und Speerwerfer Prof. Dr. Hermann Rieder (1928-2009) sein Trainer. In den Jahren 1966 und 1976 startete Wolfermann für den TSV 1860 München, danach für den SV Gendorf im Landkreis Altötting, wo er gleich nach dem Studium eine Anstellung als Sportlehrer erhielt.
Gehen wir noch einmal kurz zurück in das Münchener Olympiastadion und richten den Blick auf den 3. September 1972, der als der „goldene Sonntag“ der bundesdeutschen Leichtathletik medaillenträchtige Sportgeschichte geschrieben hat: Erst holte Bernd Kannenberg (1942-2021) Gold im 50-km-Gehen, dann siegte Hildegard Falck (geb. 1949) über 800m in Weltrekordzeit, später kam noch die Silbermedaille von Heide Rosendahl (geb. 1947) im Fünfkampf hinzu … und dann war da noch das ewige Duell zwischen Janis Lusis (1939-2020) und Klaus Wolfermann im Finale beim Speerwurf zur Kaffeezeit ab 15.30 Uhr.
Wir befinden uns bereits im fünften Versuch: Es führt Lusis mit 89,54m. Klaus Wolfermann in seinem weißen Trikot mit dem roten Brustring und der mit je vier Sicherheitsnadeln vorn und am Rücken befestigten Startnummer 412 konzentriert sich auf den Anlauf, Sekunden später findet sein Speer eine ideale Fluglinie und sticht bei 90,48m auf dem Rasen ein: neuer olympischer Rekord! Aber reicht das für Gold? Janis Lusis, der Topfavorit, Olympiasieger von Mexico 1968 und Weltrekordler aus Lettland (damals für die Sowjetunion startend), reagiert im sechsten und letzten Durchgang … mit nur zwei Zentimeter weniger.
Ein wahrlich knapper Ausgang!
Am Ende herzliche Gratulation und freundschaftliche Umarmung der beiden Kontrahenten. Klaus Wolfermann ist der erste bundesdeutsche Olympiasieger im Speerwurf: „Seinen Wurf, mit dem er Janis Lusis besiegte, ist mir immer noch so vor Augen, als wäre dieses Ereignis gestern gewesen. Ein eher kleiner gedrungener Athlet mit einem langen und sehr schnellen Anlauf und mit einer ausgefeilten Wurftechnik erreichte einen ganz besonderen olympischen Sieg und eröffnete aus heutiger Sicht einen der wichtigen Anfänge einer noch immer anhaltenden olympischen Dominanz in einer der schönsten Leichtathletikdisziplinen,“ erinnert sich Helmut Digel, langjähriger Präsident und Ehrenpräsident des DLV ebenso wie an viele freundschaftliche Begegnungen mit Wolfermann und seiner Ehefrau Friederike im Rahmen von Deutschen Leichtathletik Meisterschaften und das von den beiden Wolfermanns bestens organisierte Tennisturnier für ehemalige Leichtathleten und Leichtathletinnen.
Nach dem Ende seiner Karriere in der Leichtathletik im Jahre 1978 ging es übrigens für Klaus Wolfermann mit Wintersport auf nationalem und internationalem Niveau weiter: Er war Bremser und Anschieber im Bob und wurde im Viererbob des Piloten Georg Heibl (Rosenheim) 1979 Deutscher Vizemeister und Vierter im Europacup. Heute engagiert er sich als Vorsitzender des FC Olympia, einer Vereinigung von deutschen Medaillengewinnern bei Olympischen Spielen, die für soziale Zwecke an Spielen und Turnieren im Fußball, Volleyball und Golf teilnehmen. Er ist ferner u.a. Sonderbotschafter für Special Olympics und in der Initiative der Aktion „Sportler für Organspende“.
Klaus Wolfermann hat für seine Erfolge und Verdienste im Sport zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter neben dem Silbernen Lorbeerblatt (1972) den Rudolf Harbig-Gedächtnispreis des DLV (1978). Er war Sportler des Jahres 1972 und 1973; das Kicker Sportmagazin verlieh ihm 1999 den Titel „Deutschlands Speerwerfer des Jahrhunderts“. Im Jahre 2011 wurde er zusammen mit der früheren Speerwurf-Weltrekordlerin Liesel Westermann-Krieg (geb. 1944) in den Hall of Fame des deutschen Sports bei der Stiftung Deutsche Sporthilfe aufgenommen.
Auch mit 75 Jahren ist Klaus Wolfermann dem (Golf-) Sport weiterhin aktiv verbunden. Und seine Einstellung zum Sport ist die gleiche wie damals, als alles anfing: „Das Prinzip des Fair Play, das Leistungsprinzip, die Freundschaft und Kameradschaft, die man im Sport erleben kann, gehören ohne Zweifel zu den wichtigsten gesellschaftlichen Werten, die für Zivilgesellschaften eine besondere Bedeutung haben. Wolfermann lebt sie uns Tag für Tag vor – allein das ist schon eine besondere Würdigung wert. Ich wünsche ihm alles Gute für das neue Lebensjahr“, gratuliert Helmut Digel aus dem Chiemgau quasi aus bayerischer Nachbarschaft nach Penzberg in den Landkreis Weilheim-Schongau, wo Familie Wolfermann heute lebt.
Am Ende noch einmal zurück zu dem Gold-Trikot: Von dem hat sich Klaus Wolfermann erst vor zwei Jahren getrennt. Es liegt jetzt sauber und glatt gefaltet im Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann