Hinweisschild für den Dallgower Heidelauf - Foto: Dr. Erdmute Nieke
(K)ein Ersatz für den S25 in der Döberitzer Heide! Von Dr. Erdmute Nieke
Die Entdeckung einer Laufstrecke vor den Toren Berlins
Es ist Woche sieben des Corona-Lockdowns, die Absagen der Wettkämpfe habe ich aufgehört zu zählen. Seit sieben Wochen lebe ich im Homeoffice und kann das erhöhte Ausschlagen auf der Waage gerade immer noch verhindern.
Wie? Ich laufe!
Am Anfang stoisch allein, von meiner Haustür bis in den Wald sind es drei Kilometer oder zwei, je nachdem, welchen Weg ich wähle. Im Wald beginne ich meinen Lieblingsbäumen Namen zu geben und beobachte, wie sie von Woche zu Woche grüner zu werden. Allmählich mache ich mir Sorgen, ob ich jetzt verrückt werde?
Rettung kommt – vom Lauftreff Bernd Hübner. Wozu laufe ich seit sechs Jahren mit anderen Laufbegeisterten? Zu zweit Laufen – die neue Form des Wettkampfes! Oft laufe ich nun mit Beate oder mit Dina. Den letzten Winter haben wir mittwochs auf der Blauen Bahn im Berliner Olympiapark beim Intervalltraining verbracht.
Jetzt wechseln wir die Laufstrecken. Hier im Wald und da am Kanal oder in dieses oder jenes Dorf in der Umgebung von Berlin.
Morgen wollten wir beim S25 starten und wie alle Jahre in das Berliner Olympiastadion einlaufen. Nach der Absage hatte Dina die Idee: „Wir laufen die Strecke von Sielmanns Heidelauf durch die Döberitzer Heide, es sind zwar nur 21 Kilometer, aber Du wirst sehen, die fehlenden vier Kilometer werden von der Qualität der Strecke ersetzt.“
Sandwege und Heide – Foto: Dr. Erdmute Nieke
Heute morgen verlasse ich Berlin mit dem Auto in Richtung Westen und fahre in den Osten, wie alte West-Berliner*innen manchmal zu sagen pflegen. Um 9 Uhr war es so weit! Starttreffpunkt mit Dina ist der Aldi von Dallgow.
Ein kleines Hinweisschild an einem Zaun schlägt drei Laufrouten vor. Klar, wir nehmen die längste und es offenbart sich uns eine wunderbare Natur- und Heidelandschaft, direkt vor der Stadt. Der Ginster blüht im goldenen Gelb. Der Sandweg ist anspruchsvoll, für Berliner Verhältnisse geht es gut runter und rauf (meine neuartige LaufApp sagt hinterher 137,7 Höhenmeter). Wir passieren den Wolfsberg, die Hitzberge, den Finkenberg und den Plettenberg. Die Landschaft erinnert mich an eine Radtour durch Schottland, spätestens als wir eine riesige Schaf- und Ziegenherde entdecken. Menschen sind so gut wie keine unterwegs. Denn die Läden haben wieder geöffnet.
Ziegen und Schafe – Foto: Dr. Erdmute Nieke
Verlaufen können wir uns nicht, zum einen hat der SV Dallgow 47 sorgsame rote Pfeile an die Bäume und Zäune gezeichnet und zum anderen laufen wir um die Wildniskernzone des Naturschutzgebietes. Diese darf nicht betreten werden. Über 300 Jahre lang wurde hier Krieg geübt – bis 1992. Der Truppenübungsplatz wurde schon von den Preußen angelegt, die Sowjetarme verließ ihn nach der Wiedervereinigung.
Und nun wächst hier die Natur, dank der Heinz-Sielmann-Stiftung, die das Gelände übernommen hat. https://www.sielmann-stiftung.de/doeberitzer-heide/ In der Kernzone leben Wisente und Wildpferde. Die Wildpferde bekommen wir kurz zu sehen, zwischendurch erinnern verwitterte Betonreste von ehemaligen Bunkeranlagen an die andere Nutzung des Areals.
Die Picknickplätze, die wir unterwegs passieren, sind heute alle ungenutzt. Am Ende treffen wir immerhin noch einige wenige Spaziergänger*innen, Rad fahrende Familien, die sich über die Sandwege ziemlich abmühen müssen und zwei Reiterinnen. Die Reiterinnen machen uns Platz und fragen, ob wir wirklich die gesamte Stecke laufen.
Da springen unsere Laufgespräche zu unserem Lauf, den wir hier gerade ersetzen. Wir überlegen, dass wir jetzt – o.k. genau genommen erst morgen – kurz vor dem Ernst-Reuter-Platz und dann auf dem Olympischen wären. Nun durch die Katakomben des Olympiastadions auf die Blaue Bahn des Stadions laufen würden und Zieleinlauf auf der Großbildleinwand…!
Statt dessen – Ginster und Ginster und Heide und Sonne und Wolken und zwischendurch ein paar Regentropfen und Sandwege statt Asphalt. Geschafft: 21,76 Kilometer!
Was bleibt: Die absolute Empfehlung für eine wunderbare Landschaftslaufstrecke, gerade wenn der Ginster so goldgelb blüht!
Der SV Dallgow 47 wird am 19. Juni 2021 den nächsten und 12. Heidelauf anbieten. https://www.sportverein-dallgow.de/index.php/heidelauf
Das wird hoffentlich ein neuer Wettkampf in meinem Wettkampfkalender!
DANKE, Dina, für Deine wunderbare Idee, den S25 durch die Döberitzer Heide zu zweit laufen. Ich werde morgen das Glas auf Dich erheben – Du weißt schon! –
Und: Wir laufen weiter!
Dr. Erdmute Nieke
Foto 1: Hinweisschild
Foto 2: Sandwege und Heide
Foto 3: Schafe und Ziegen