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06
2021

Jakob Ingebrigtsen - 2018 U20 Championships Tempere, Finland July 10-15, 2018 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun Victah1111@aol.com #run.photo

JAKOB INGEBRIGTSEN: Warum er jetzt um einen olympischen Doppelstart in Tokio kämpft – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Es gibt wirklich nur wenig aufregendere Talente in der Weltleichtathletik, als den 20-jährigen Norweger Jakob Ingebrigtsen.

In Florenz lief er Donnerstagabend mit 12:48,45 Minuten nicht nur einen neuen Europarekord über 5000 Meter, er schlug dabei auch die afrikanische Elite, mithin auch Weltrekordler Joshua Cheptegei aus Uganda, der nur Sechster wurde.

So etwas wirft in der Lauf-Familie Ingebrigtsen aber auch im norwegischen Verband bisher ungeahnte Probleme auf. Denn der Zeitplan der Olympischen Spiele in Tokio (31. Juli bis 9. August) lässt bisher nur den Start über 1500 ODER 5000 Meter für Jakob Ingebrigtsen zu.

Denn die Vorläufe auf beiden Distanzen finden allesamt am 3. August statt. Das Finale über 5000 Meter läuft dann in der Nacht vor dem Endlauf über 1500 Meter. „Im Moment ein schlechter Zeitplan“, sagt Jakob, der auf beiden Strecken im Kampf gegen die Afrikaner die Goldmedaille gewinnen möchte.

Deshalb versucht der norwegische Verband nunmehr, im Verbund mit dem norwegischen Olympischen Komitee, den Zeitplan von Tokio im Eilverfahren zu ändern. Im staatlichen norwegischen Fernsehen NRK sagte Gjert Ingebrigtsen, Vater und Coach der laufenden drei Ingebrigtsen-Brüder: „Es ist wirklich ein echtes Dilemma. Daran besteht kein Zweifel. Denn ich habe nun einmal keinen Zweifel, dass Jakob der beste 1500-Meter-Läufer der Welt ist. Es gibt also jetzt ein Problem, das schnellstens gelöst werden muss.“

Denn nun ist er wohl auch noch der Welt bester 5000-Meter-Spezialist. Jakob dazu: „Es hätte zweifelsohne Spass gemacht. in Tokio gleich zweimal um Gold zu rennen, aber bisher  scheint für mich nur der Start über 1500 Meter möglich zu werden.“

Übrigens, nicht nur Gejrt Ingebrigtsen ist davon überzeugt, dass sein Sohn in Tokio selbst bei einem äußerst engen Zeitplan gleich zweimal Gold gewinnnen kann, auch Vebjorn Rodal, der bisher letzte norwegische Leichtathlet, der Olympiasieger wurde (1996 über 800 Meter), ist dieser Ansicht, und erklärt auch gleich, warum: „Auch seine Erholungsläufe absolviert Jakob stets mit hoher Geschwindigkeit und großer Intensität. Die meisten Läufer tun das nicht.“

Und damit sei er gegenüber den Afrikanern womöglich im Vorteil.

Rodal glaubt zudem, erkannt zu haben: „Jakobs Talent ist nicht etwa der biomechanische Teil davon. Er bewegt sich gar nicht besonders gut. Aber er ist durch das Training sehr gut vorbereitet. Das kann er besser als die anderen. Außerdem kommt hinzu: Die ganze Familie hat hohe Hämoglobinwerte, und das sind nun einmal ganz besondere Eigenschaften für den Langstreckenlauf.“

Das zeigt sich auch schon in Jakobs Leistungen als Nachwuchsläufer. 2016 wurde er Europameister im Crosslauf in der U20-Klasse. Im Jahr drauf gewann er die Junioren-Europameisterschaften über 5000 Meter und 3000 Meter Hindernis. Bei den Weltjugendspielen 2015 lief er einen Weltrekord über 1500 Meter für die 14-Jährigen (3:49,71). 2015 stellte er im Osloer Bislett-Stadion einen Weltrekord über 800 Meter für 14-Jährige auf (1:52,60). 2016 in Belgien einen Weltrekord über 1500 Meter für 15-Jährige  (3:45,50); eine Zeit, die er im selben Jahr bei den Bislett Games in Oslo so nebenbei auf 3,42,44 drückte.

Vater Gjert Ingebrigtsen hat vieles davon in seinem Buch „Wie man einen Weltmeister erzieht“ erzählt und vor allem auch erklärt. Aufgewachsen ist er übrigens als Sohn einer alleinerziehenden Mutter in einem kleinen Dorf am nördlichsten Zipfel Skandinaviens. „Normalerweise“, pflegt er dann zu erklären, „wären meine Söhne allesamt Skilangläufer geworden, wie das nun einmal in Norwegen üblich ist.“

Aber man habe sich fürs reine Laufen entschieden, weil es die schwierigere Disziplin sei. Sohn Filip, der bei den Olympischen Spielen 2012 in London Bronze über 1500 Meter gewann, korrigiert: „Wir waren sieben Geschwister und man braucht viel Ausrüstung, um im Wintersport gut zu sein. Laufen war also praktischer und nicht schwieriger.“ Und, auf einen längeren Zeitraum berechnet, wohl auch gewinnbringender. „Wir haben schließliich einen Plan“, sagt Gjert Ingebrigtsen, „wie wir LANGFRISTIG zu den Besten der Welt gehören könnten.“

Aber diesen Plan verrät er natürlich nicht.

Dass dazu auch die erfolgreiche Attacke auf den Europarekord über 5000 Meter in Florenz gehört habe, verneint Gjert Ingebrigtsen zwar nicht, kommentiert es aber auch nicht. Denn der Vorgänger seines rekordlaufenden Sohnes Jakob, der aus Marokko stammende Belgier Mohamed Mourhit, der am 25. August 2000 beim Brüsseler Ivo-van-Damme-Memorial damals unglaubliche 12:49,71 Minuten erzielt hatte, war in der damaligen Lauf-Szene ein umstrittener Mann.

2002 wurde er dann auch wegen EPO-Missbrauchs mit einer Sperre von drei Jahren belegt. Über den 5000-Meter-Europarekord lag also bis Donnerstagabend immer ein Schatten . . .

Klaus Blume
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