IOC-Präsident Thomas Bach - Foto:: IOC/DOSB
IOC-Präsident Bach verspricht: Viele Millionen und bessere Doping-Tests – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Mehr von allem: Bei der Anti-Doping Konferenz in Polen stellt der designierte Präsident der Wada große finanzielle Forderungen für den Kampf gegen Doping. Und der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees sagt prompt zu.
Thomas Bach und Witold Banka haben neue Anstrengungen bei der Bekämpfung von Doping im Sport angekündigt. Banka, polnischer Sportminister und der kommende Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), forderte bei einer Anti-Doping-Konferenz am Dienstag in Kattowitz pauschal mehr finanzielle Unterstützung der Wada.
Jeder, der sich das Budget von weniger als 40 Millionen Dollar anschaue, sagte Banka, realisiere, dass dies in keinem Verhältnis zu den Erwartungen gegenüber der Organisation stehe; es sei lächerlich. „Jeder durchschnittliche Fußballverein hat ein höheres Budget“, sagte Banka. Dies sei nicht hinzunehmen. Gleichwohl versprach er, „die neue Zukunft der Doping-Bekämpfung“ habe begonnen.
Zuvor hatte Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), für die Olympischen Spielen von Tokio im kommenden Jahr mehr und neue Doping-Tests angekündigt. Darüber hinaus forderte er weltweit Anti-Doping-Gesetze, um über dopende Athleten hinaus deren Entourage, wie er sich ausdrückte, sanktionieren zu können. Er ermutige die Regierungen, sagte Bach vor rund 1500 Teilnehmern der fünften Anti-Doping-Konferenz, nach effektiven Wegen innerhalb ihrer jeweiligen nationalen Rechtssysteme zu suchen, um diejenigen hart bestrafen zu können, die Teil der Entourage sind.
Ziel sei, dass ein in Doping verwickelter Arzt nicht nur seine Akkreditierung für Sportveranstaltungen verliere, sondern mindestens auch seine Approbation. Um all diejenigen zu identifizieren, die in Doping-Fälle verwickelt sind, gelte es die Ermittlungs-Abteilung der Wada zu stärken; es sei eine Frage von Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit, nicht nur Athleten zu bestrafen und die anderen laufen zu lassen.
Bach schien sich in seiner Rede gegen die von Sport und Wada stets verfolgte Haltung zu wenden, dass vor allem und hauptsächlich Athleten in Doping-Fällen schuldig sind. „Der Athlet ist nicht der einzige Schuldige“, sagte Bach. „Hinter vielen Doping-Fällen sehen wir eine gemeinsames Muster. Der Athlet wird beim Doping von heimlichen Netzwerken, die Trainer, Agenten, Händler, Manager, Offizielle aus Regierungen oder Sportorganisationen, Ärzte, Physiotherapeuten und andere enthalten können, unterstützt und manchmal sogar hinein gezwungen.“
Sportorganisationen verfügten über die Mittel, gedopte Athleten zu identifizieren und zu sanktionieren. Ihnen fehlten aber die Mittel, die Hintermänner der Athleten zu identifizieren und abschreckend zu sanktionieren. An diesem Punkt brauche der Sport die volle Unterstützung der Regierungen. „Wir ermutigen die Regierungen, Gesetze zu erlassen, um Menschen aus dem Umfeld bestrafen zu können. Sie haben die notwendige Autorität und Mittel, um aktiv zu werden“, sagte Bach. „Wir brauchen null Toleranz für alle: Athleten und Entourage.“
Diese Erkenntnis, so Bach, entspringe – so unterschiedlich die Fälle seien – der systematischen Manipulation in Russland, den Ermittlungen zur Operation Aderlass und den jüngsten Beschuldigungen gegen einen Trainer – er nannte den gesperrten Alberto Salazar nicht beim Namen – des „Nike Oregon Project“; sie alle illustrierten die dringende Notwendigkeit, sich auf die Entourage der Athleten zu konzentrieren.
Als Beispiel nannte Bach den lebenslangen Ausschluss des russischen Sportministers Witali Mutko von Olympischen Spielen für seine Rolle bei der, wie er sich ausdrückte, „Manipulation des Anti-Doping-Systems während der Olympischen Winterspiele von Sotschi 2014“. Das IOC habe lernen müssen, dass dieses Regierungsmitglied nicht als der Jurisdiktion des IOC unterliegend betrachtet werden könne.
Bach kündigte an, dass im kommenden Jahr erstmals auch vor den Olympischen Spielen Proben genommen und für zehn Jahre gelagert werden sollen, um für mögliche neue Analysemethoden zur Verfügung zu stehen. Das IOC werde dafür fünf Millionen Dollar zur Verfügung stellen. Bach nannte das „Dried Blood Spot“-Verfahren sowie eine auf Gen-Analyse basierende Methode zum Nachweis von Blut-Doping als Ergebnisse eines Forschungsprogramms, welches das IOC mit zehn Millionen Dollar finanziert habe. Die Nationale Anti-Doping-Agentur in Bonn widersprach: Sie und das Kontrolllabor in Köln arbeiteten seit vier Jahren an dem bis heute nicht zugelassenen Verfahren mit getrocknetem Blut.
Bach versprach weitere fünf Millionen Dollar – für den Fall der Kooperation von Regierungen – für weitere Forschung sowie für die Stärkung der Ermittlungsabteilung der Wada. Bach griff zudem den amerikanischen Sport mit seinen professionellen Ligen an, in denen Doping-Kontrollen Gegenstand von Vertragsverhandlungen zwischen Athleten und Veranstalter sind.
Es müsse Teil des Compliance-Monitoring werden, ob in einem Land alle Top-Athleten, ob in Sportverbänden, an Colleges oder Profi-Ligen, denselben Anti-Doping-Regeln unterliegen, forderte er. In den Vereinigten Staaten befindet sich derzeit der sogenannte „Rodchenkov Act“ im Gesetzgebungsverfahren.
Das Gesetz soll Betrug in internationalen Sportwettbewerben kriminalisieren.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dienstag, dem 5. November 2019
Korrespondent für Sport in Berlin.