Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) - 2019 World Outdoor Championships Doha, Qatar Sept27-Oct 06, 2019 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com
WM DOHA 2019: Interview der Woche Malaika Mihambo: „Der dritte Sprung war einfach unfassbar!“
Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) hat es im WM-Finale von Doha (Katar) am Sonntag spannend gemacht. Nach 6,52 Meter (weit vor dem Brett abgesprungen) und einem übertretenen, ungültigen Sprung musste die 25-Jährige abliefern, um weiter im Kampf um Gold zu bleiben.
Das gelang sensationell gut: Im dritten Versuch flog sie auf 7,30 Meter und verpasste den Meisterschaftsrekord nur im sechs Zentimeter. Wie die neue Weltmeisterin diesen Super-Satz erlebte, erzählte sie nach der Siegerehrung den Journalisten in der Mixed Zone und auf der Pressekonferenz
Malaika Mihambo, der Wettkampf war am Anfang nicht ganz einfach, dann war er doch schnell entschieden. Wie haben Sie das Finale erlebt?
Malaika Mihambo:
Ich muss sagen, beim ersten Versuch war ich anscheinend sehr nervös und habe die Schritte zu kurz gemacht, ohne genug Druck dahinter zu haben. Deshalb war ich beim Absprung sehr weit vom Brett weg. Beim zweiten Sprung bin ich dann wieder locker angelaufen, wie auch beim Warmmachen. Ich habe es aber zum Brett hin etwas treiben lassen, so dass dieser Sprung übertreten war. Das war wirklich hart, ich wusste, dass ich jetzt alles bringen muss – zumindest einen gültigen Versuch. Das war wie ein Mantra, das ich mir eingeredet habe, dass der nächste Sprung gültig sein muss. Aber dass der Sprung dann so gut war, war einfach unfassbar.
War das der beste Sprung Ihrer Karriere?
Malaika Mihambo:
Ja, das war der beste Sprung meiner Karriere. Der weiteste Sprung war es auf jeden Fall, ob es technisch der beste war, weiß ich nicht. Aber ich glaube bei 7,30 Metern hat man nicht viel falsch gemacht.
Können Sie die Szene mit dem Lippenstift erklären? Sie haben sich vor dem letzten Versuch nochmal den Lippenstift nachgezogen. Kommt das häufiger vor?
Malaika Mihambo:
Bei einer Frau kommt das schon mal häufiger vor, auch bei einer Weltmeisterschaft, warum nicht. Ich habe das einfach so gemacht und nicht gemerkt, dass ich dabei gefilmt wurde (lacht).
War Ihnen nach den 7,30 Metern klar, dass der Wettkampf gelaufen ist?
Malaika Mihambo:
Ja, schon. Die anderen Springerinnen sind auch gut gewesen, aber ein Niveau von 7,30 Metern war jetzt nicht zu erwarten. Von daher war schon klar, dass der Sprung reicht. Trotzdem wollte ich nochmal mein Bestes geben. Der Championship-Record liegt bei 7,36 Metern, das hätte man mit einem nochmal so guten Sprung schaffen können. Aber ich muss auch sagen, dass ich nach dem Sprung doch erstmal ein bisschen platt war. Jetzt habe ich immerhin in einem Wettkampf dreimal sieben Meter geschafft, das ist auch eine gute Leistung.
Was haben Sie in der Zeit nach dem dritten Sprung gedacht? Es war ja noch relativ lange bis zum Wettkampfende. Kann man sich da schon richtig freuen?
Malaika Mihambo:
Bei 7,30 Metern war mir schon klar, dass mir der erste Platz bleibt und da keine andere Athletin mehr ranspringt. Natürlich hatte ich noch den Championship-Record im Blick, der in greifbarer Nähe war. Deshalb habe ich auch versucht im Sprung fünf und sechs nochmal alles zu geben. Mein Trainer hat mir geraten, den vierten Versuch wegzulassen. Ich habe meinen Körper gar nicht mehr richtig gespürt, weil da so viel in mir vorging. Dann habe ich mir die Zeit genommen, um ein bisschen runterzukommen und wieder an den Start zu gehen. Das Ziel von meinem Trainer war es, nochmal sieben Meter zu springen, was ich auch gemacht habe. Im letzten Versuch ging es noch ein drittes Mal über sieben Meter, echt krass.
Sie sind Weltmeisterin. Ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen?
Malaika Mihambo:
Ja, doch, definitiv. Man trainiert das ganze Jahr von Saison zu Saison, man hofft immer, dass man beim wichtigsten Wettkampf des Jahres ganz oben auf dem Podest steht. Das habe ich geschafft, von daher bin ich sehr glücklich. Aber ich habe das noch nicht realisiert, weil es jetzt gleich drei Knaller waren. Dreimal über sieben Meter in einem Wettkampf, die 7,30 Meter und Weltmeisterin.
Wie geht es nach dem Erfolg weiter? Sie gehen direkt wieder auf Reisen, nach Thailand. Die Medaille nimmt Ihre Mutter mit nach Deutschland. Haben Sie den Reiserucksack schon dabei?
Malaika Mihambo:
Ja, die DLV-Tasche ist so groß, da hat mein Reiserucksack auch noch reingepasst. Von daher kann ich jetzt am Montag einfach die Tasche abgeben und den Rucksatz aufsetzen. Und dann geht’s los.
War das schon so geplant, um aus dem Trubel rauszukommen, wenn möglicherweise die Goldmedaille kommt?
Malaika Mihambo:
Ja, das war so geplant. Ich habe vier Wochen frei und die will ich voll auskosten. Da ist es egal, ob ich jetzt Weltmeisterin bin oder im Finale vorzeitig aus dem Wettbewerb fliege. Ich nehme mir da die Zeit, um zu reisen, das zu verarbeiten, die Saison Revue passieren zu lassen und aus dem Alltagstrott rauszukommen.
Mit 7,30 Meter sind Sie die zweitbeste deutsche Springerin in der Geschichte. Was bedeutet dies jetzt auf dem Weg nach Tokio?
Malaika Mihambo:
Man muss gesund bleiben. Wenn ich mich verletze, nützt mir das alles nichts. Wenn man davon ausgeht, dass alles weiter so gut läuft, ich gesund bleibe und noch ein bisschen an Kraft und Schnelligkeit zulegen kann, dann kann ich mich einfach nur freuen, nächstes Jahr in so einer Form nochmal beim größten Wettkampf dazustehen.
Wie wichtig ist der weiteste Sprung aus Deutschland von Heike Drechsler (7,48 m), der in den Rekordlisten steht. Dieser stammt aus einer anderen Zeit. Respektieren Sie diesen, so wie er da steht?
Malaika Mihambo:
Ja, der Rekord ist offiziell anerkannt. Von daher gibt es da nichts daran auszusetzen, nicht von meiner Seite auf jeden Fall. Klar ist das ein Ziel, was man im Kopf haben kann. Aber ich denke, 7,30 Meter wird man jetzt auch nicht jeden Tag springen. Von daher muss ich einfach schauen, ob ich da jemals drankomme und meine 7,30 Meter noch verbessern kann. Aber ich bin zuversichtlich, ich bin ja erst 25, und habe noch ein paar gute Jahre vor mir.
Quelle: Silke Bernhart / Pamela Lechner – Deutscher Leichtathletik-Verband – DLV