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16
10
2018

Lothar Pöhlitz - Foto. privat

Hochleistungstrainingszentren könnten unsere Lösung sein – Von Lothar Pöhlitz*

By GRR 0

Die Meldung das Innenminister Seehofer die Unterstützung des Leistungssports für 2019 von 30 auf „57 Millionen mehr“ erhöht und eine Ziel-Aufgabe „mehr Medaillen für Olympia 2028“ in den Raum gestellt hat, machen Hoffnung und „Mehrarbeit“ zugleich für die Mittel- und Langstreckendisziplinen, auch für das notwendige mehr Geld demnächst.

Ohne weitere solche Hilfen wird es nichts mit mehr Olympia-Medaillen, das haben die letzten Jahre gezeigt. In der Hochzeit deutscher Olympiamedaillen wurde in West und Ost bekanntlich ein Vielfaches für Spitzen- und Nachwuchsleistungssport ausgegeben. Die aktuelle Situation erfordert deshalb nicht länger nur Konzepte zu diskutieren und zu warten bis ausreichend Geld fließt, sondern „aufzuholen gegenüber dem Weltniveau“, d.h. erst einmal „innerhalb einer Konzentration der Kräfte“ schnell zu handeln.

Gerade wurde gemeldet das fast gleichzeitig der 22jährige Schweizer Julien Wanders in Durban (RSA) mit 27:32 Minuten Europarekord über 10 km (vorher Nick Rose 27:34) lief und fast gleichzeitig unser bester Langstreckler Richard Ringer in Berlin als Siebter 29:22 Minuten für die 10 km brauchte.

Sicher wissen nicht alle das Wanders Wahlheimat seit längerem Kenia ist.

Geheimnisse und Wunder sollten nicht länger als Ausreden gelten

Viele deutsche Sportfans – allein die EM in Berlin 2018 und der 45. Berlin-Marathon 2018 haben es sehr deutlich gemacht – wollen Hochleistungssport und internationale Konkurrenzfähigkeit, auch in der Leichtathletik. Natürlich ist dafür der Glauben an eine wieder bessere Zukunft Voraussetzung für alle Beteiligten, im umfassenden Sinne. Und es muß zuerst die Frage beantwortet werden ob alle das alles auch wollen.

Für neue Möglichkeiten zur schnelleren Verkürzung der Rückstände in Spitze und Nachwuchs gäbe es Vorbilder. Weil keine neuen Spitzenathleten und keine Spitzen-Trainer aus dem Hut gezaubert werden können, wären Hochleistungstrainingszentren nach dem Vorbild des Oregon-Projekts in den USA oder der Trainingszentren in den Höhen von Kenia und Äthiopien, für uns natürlich „UM-frei“, auszuwählen und entsprechend einzurichten.

Ein Weg für besseres, härteres Training nach Vorbildern im Ausland. Vielleicht lassen sich – wie früher nicht unüblich – dafür wieder ein paar große Firmen für gesponserte Arbeitsplätze gewinnen, weil Lauf-Profis ja nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können. Natürlich braucht man dafür erst einmal von den Bundestrainern ausgewählten hochbegabten Läufer und Läuferinnen die das auch wollen.

Gemeinsame Wochen unter professionellen Bedingungen

Neben mehr Wochen „außerhalb“ im Höhentraining könnten sich die für die Olympischen Spiele 2020 in Frage kommenden, in den Ferien auch mit hochbegabten Nachwuchs gemeinsam, dort in 3:1 – 2:1 oder 1:1 Wochen zum gemeinsamen Partner-Training unter Leitung kleiner Trainer-Teams – in Abstimmung mit den Heimtrainern –  und optimaler sportmedizinisch-physiotherapeutischer Begleitung, qualitativ besser trainieren als bisher. Sogenannte Athletenhäuser gibt es ja schon da und dort.

Unsere Läufer berichten nach Kenia-Trainingslagern seit Jahren das sie den Kenianern im Training nicht folgen können. Das erfordert endlich zu handeln um aufzuholen. Natürlich müßte der DLV dafür die am besten geeigneten Standorte auswählen und vielleicht mit dem DOSB und den Olympiastützpunkten gemeinsam die Ausstattung und das Personal optimieren und sichern das die Vereinszugehörigkeit der Athleten nicht tangiert wird.

Wir haben alles was man dazu braucht.

Die Bedingungen der Sportschule Kienbaum könnten in „Kleinformat“ die schnell zu lösenden Aufgaben vorgeben. Für die Mittelstreckler beispielsweise mit Hallen-Trainingsbedingungen im Winter und für den Marathon mit gefahrfreien Straßenbedingungen und mobilen Begleitmöglichkeiten für die Trainer. Und für alle eine optimale sportmedizinisch-physiotherapeutische Begleitung, bei Verletzungen auch mal täglich.

Es sind nicht die Gene allein die für Spitzenleistungen entscheidend sind.

Nur wenn man Begabten die notwendigen professionellen Bedingungen zur Verfügung stellt und sie mit ihren Trainern gemeinsam in die Spitze wollen, zu harter Arbeit bereit sind, können wir verkürzen. Es gibt keine trainingsmethodischen Geheimnisse in der gegenwärtigen Überlegenheit afrikanischer Läufer die unter primitivsten Bedingungen – von unseren eigenen Läufern immer wieder bestätigt – viel härter in 2400 m Höhe trainieren, als wir.

Lothar Pöhlitz

————————————————————————————————————————-*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / DLV-Bundestrainer 1980 – 1998 i. R. / Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährig Dozent an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule                                

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