Hendrik Pfeiffer lief in Sevilla das beste Rennen seiner Karriere und unterbot die Olympia-Norm deutlich. - Foto: Run Czech
Hendrik Pfeiffer läuft 2:10:18 in Sevilla 2020, Olympia-Norm auch für Anja Scherl, Mekuant Ayenew siegt mit Jahresweltbestzeit
Hendrik Pfeiffer hat beim Sevilla-Marathon die internationale Olympia-Norm deutlich unterboten und sich mit 2:10:18 Stunden um fast drei Minuten verbessert.
Der 26-jährige Läufer des TV Wattenscheid belegte damit in einem Rennen, das im Zeitbereich von 2:10 Stunden eine außergewöhnliche Breite hatte, Rang 27 und wurde zum achtschnellsten deutschen Läufer aller Zeiten. Bei sehr guten Wetterbedingungen steigerte Hendrik Pfeiffer seine bisherige Bestzeit von 2:13:11 um fast drei Minuten und unterbot als zweiter deutscher Läufer nach Amanal Petros (TV Wattenscheid/2:10:29) die Olympia-Norm von 2:11:30 deutlich. Damit dürften beide für die Olympischen Spiele planen können.
Die Norm für die Spiele lief in Sevilla auch Anja Scherl (LG Telis Finanz Regensburg), die Platz acht erreichte. Die 33-Jährige blieb mit 2:28:25 Stunden ebenfalls deutlich unter der internationalen Olympia-Norm von 2:29:30 und stellte so wie auch Hendrik Pfeiffer eine deutsche Jahresbestzeit auf. Bei den Frauen gibt es allerdings deutlich mehr Konkurrenz um die drei Olympia-Startplätze.
Mit einer Jahresweltbestzeit und einem starken Streckenrekord von 2:04:46 Stunden gewann der Äthiopier Mekuant Ayenew das Rennen. Der 29-Jährige steigerte sich um 4:14 Minuten und blieb auch deutlich unter dem Kursrekord von 2:06:36, den sein Landsmann Ayana Tsedat vor einem Jahr aufgestellt hatte. Ayenew siegte klar vor dem Kenianer Barnabas Kiptum, der nach 2:05:05 mit einem persönlichen Rekord im Ziel war. Auf den nächsten beiden Rängen folgten die Äthiopier Regasa Bejiga mit 2:06:24 und Workneh Tiruneh in 2:06:27. Beide erzielten auf der sehr flachen Strecke ebenfalls persönliche Bestzeiten.
Eine Überraschung gab es im Rennen der Frauen: Hier setzte sich mit Juliet Chekwel eine Debütantin durch. Die 29-jährige Läuferin aus Uganda gewann in 2:23:13 und stellte damit ebenfalls einen Streckenrekord auf. Die bisherige Bestzeit in Sevilla war die Äthiopierin Guteni Shone vor einem Jahr mit 2:24:29 gelaufen. Chekwel gewann am Sonntag vor den Äthiopierinnen Gada Bontu (2:23:39) und Sifan Melaku (2:23:49). Josephine Chepkoech wurde in 2:24:14 Vierte und erzielte ebenso wie die Äthiopierinnen vor ihr eine persönliche Bestzeit.
Hendrik Pfeiffer hatte jahrelang mit schweren Verletzungen im Bereich der rechten Ferse zu kämpfen. Zweimal musste er sich operieren lassen und sowohl auf die Olympischen Spiele 2016 als auch auf die Europameisterschaften in Berlin 2018 verzichten. Jetzt ist er topfit und konnte zum ersten Mal seit langem sein Marathon-Potenzial im Wettkampf umsetzen. „So gut habe ich mich noch nie bei einem Marathon gefühlt“, sagte ein überglücklicher Hendrik Pfeiffer. „Das war heute mein Tag, ich bin froh, hier in Sevilla gestartet zu sein. Mein großes Karriere-Ziel war immer eine Zeit von 2:10 Stunden und ein Start bei den Olympischen Spielen.“
„Es war ein ideales Rennen für mich, viel besser als bei den Läufen zuvor. Ich lief in einer großen Gruppe, was sehr hilfreich war. Zwar habe ich dadurch meine ersten beiden Getränkeflaschen verpasst, aber andere haben mir etwas von ihren Getränken abgegeben. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, schließlich hatten alle das Ziel Olympia-Norm“, erzählte Hendrik Pfeiffer, der ein sehr gleichmäßiges Tempo lief, die Halbmarathonmarke nach 65:25 Minuten passierte und dann die zweite Hälfte sogar noch etwas schneller laufen konnte.
Nach 25 Kilometern bekam er kurzzeitig Magenprobleme. „Da habe ich mir Sorgen gemacht, aber dann ging es wieder. Und an Aussteigen war nach 30 Kilometern natürlich nicht zu denken. Denn so eine Chance mit einer solchen Gruppe kommt vielleicht nie wieder“, sagte Hendrik Pfeiffer. Vor dem Rennen hatte er sich die Option des Ausstiegs bei 30 km offen gehalten, falls es nicht laufen würde. Im Hinterkopf war aber schon in den letzten Wochen, die gute Form zu nutzen, um in Sevilla die Norm zu rennen. Zeitweilig verlor Hendrik Pfeiffer zwar den Anschluss an die Gruppe, weil diese das Tempo erhöht hatte, „doch ich lief nie ganz alleine und kam dann zwischen Kilometer 37 und 38 wieder heran“.
Mit 2:10:18 Stunden hat Hendrik Pfeiffer sogar die Zeit seines Trainingspartner Amanal Petros (2:10:29) unterboten. „Ich bin froh, dass ich sogar noch etwas schneller war als er“, sagte Hendrik Pfeiffer mit Blick auf die Olympia-Nominierung. Der 26-Jährige erreichte in Sevilla die schnellste Zeit eines deutschen Läufers seit Arne Gabius 2017 in Frankfurt 2:09:59 gelaufen war. Seit der Jahrtausendwende war überhaupt nur der deutsche Rekordler Gabius (2:08:33) schneller.
Anja Scherl lief ein insgesamt gleichmäßiges Rennen. Nach einer 10-km-Zwischenzeit von 34:46 Minuten – ein Tempo, das auf 2:26:30 hinausgelaufen wäre -, wurde sie etwas langsamer, rannte aber lange Zeit konstant. Die Halbmarathonmarke passierte Anja Scherl nach 1:13:53. Hinter der 30-km-Marke verlor sie an Tempo, so dass sie eine Zeit unter 2:28 Stunden nicht mehr erreichen konnte. Mit 2:28:25 erzielte Anja Scherl aber trotzdem die zweitbeste Zeit ihrer Karriere. Ihren persönlichen Rekord war sie in Hamburg 2016 gelaufen, wo sie sich mit 2:27:50 für die Olympischen Spiele in Rio qualifizierte.
Ob ihr Sevilla-Ergebnis für einen zweiten Olympia-Start reichen wird, ist jedoch fraglich. Im Rennen um maximal drei Olympia-Tickets für deutsche Läuferinnen steht Anja Scherl jetzt auf Rang drei hinter Melat Kejeta (Laufteam Kassel/2:23:57) und Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt/2:27:26).
Eine Reihe von weiteren deutschen Topläuferinnen werden bei den April-Marathonrennen versuchen, zumindest die Zeit von Anja Scherl zu unterbieten. Es wird ein spannendes Rennen um die Olympia-Startplätze.
Die besten deutschen Männer aller Zeiten
2:08:33 Arne Gabius (Stuttgart) Frankfurt 25.10.2015
2:08:47 Jörg Peter (Dresden) Tokio 14.02.1988
2:09:03 Michael Heilmann (Berlin) Hiroshima 14.04.1985
2:09:23 Christoph Herle (Waldkraiburg) London 21.041985
2:09:45 Stephan Freigang (Cottbus) Berlin 30.09.1990
2:09:55 Waldemar Cierpinski (Halle) Montreal 31.07.1976
2:10:01 Ralf Salzmann (Kassel) Tokio 14.02.1988
2:10:18 Hendrik Pfeiffer (Wattenscheid) Sevilla 23.02.2020
2:10:22 Carsten Eich (Fürth) Hamburg 25.04.1999
2:10:29 Amanal Petros (Wattenscheid) Valencia 1.12.2019