Prof. Edelfried Buggel (rechts) bei der Verleihung des Ehrenzeichens für Köperkultur und Sport. - Foto: privat
GutsMuths-Rennsteiglauf – Vor 30 Jahren erhielt der Rennsteiglauf den „UNESCO-Preis für Leibeserziehung und Breitensport“ – Dr. Hans Georg Kremer erinnert
Vor 30 Jahren Am 11. Oktober 1990, also vor 30 Jahren, erhielt der GutsMuths-Rennsteiglauf den „UNESCO-Preis für Leibeserziehung und Breitensport“ verliehen.
Ob und an wen dieser bedeutende internationale Preis in Deutschland überhaupt schon mal vergeben wurde, konnte bisher nicht ermittelt werden. Die Organisatoren des GutsMuths-Rennsteiglaufs bekamen ihn für ihre langjährige Tätigkeit bei der Organisation des Rennsteiglaufs zwischen 1973 und 1988 und dessen Auswirkungen auf die Laufbewegung und den Breitensport in der DDR.
1988 wurde der Antrag dafür vom Staatssekretariat für Körperkultur und Sport der DDR bei der Unesco eingereicht.
Ein Umdenken in der Sportführung der DDR bei der Bewertung des Rennsteiglaufes hatte spätestens 1988 mit dem Abtreten von Manfred Ewald eingesetzt. Der neue DTSB- Präsident Klaus Eichler war sogar 1989 am Start des Rennsteiglaufs in Neuhaus und lief selber ein Stück mit.
1988 gelang es Freunden des Rennsteiglaufs, beim Staatssekretariat für Körperkultur und Sport den Antrag für die Auszeichnung „einzufädeln“. Ob dabei ein längeres Gespräch des Autors mit dem stellvertretenden Staatssekretär Prof. Dr. Edelfried Buggel (1928 – 2000) am Rande einer Auszeichnungsveranstaltung Mitte der 1980er Jahre eine Rolle gespielt hat, kann nicht belegt werden.
Schon in den 1970 Jahren arbeitete der Autor als ehrenamtlicher „Sekretär“ für Buggel in der Ausbildungskommission der der Internationalen Orientierungslaufföderation, und Mitte der 1970er Jahre war sogar ein beruflicher Wechsel als persönlicher Referent von Jena nach Berlin geplant, was
aber an de ersagen Zuzugsgenehmigung nach Berlin scheiterte.
Briefwechsel zwischen Prof. Buggel und Hans-Georg Kremer. – Foto: Privat
Auf jeden Fall standen die Zeichen für den GutsMuths-Rennsteiglauf nach Ewalds Sturz günstig. Besondere Unterstützung beim DTSB Bundesvorstand kam von Dr. Klaus Hennig, Abteilungsleiter für Freizeit und Erholungssport, der schon früher eng mit den Organisatoren des Rennsteiglaufs in Kontakt stand. So gab er bei zentralen Publikationen zur Laufbewegung und zum Freizeit- und Erholungssport immer seinen „Segen“ zur Aufnahme des GutsMuths-Rennsteiglaufs.
Dr. Klaus Hennig (rechts) 1985 mit Volker Kittel bei der Frauensiegerehrung.- Foto: privat
Die Information, dass die Rennsteiglauforganisatoren den UNESCO-Preis bekommen würden, wurde im Frühjahr 1990 an das Organisationsbüro weitergeben. Eine Rückfrage nach dem „wann und wo“ wurde später mit dem Datum Oktober und dem Ort mit Kanada beantwortet. Rückfragen, ob wir da hinfahren können, wer dies bezahlt usw. wurden nicht beantwortet. Vermutlich hatte im Frühjahr 1990 in den Turbulenzen, die die politische Wende mit sich brachte, auch Niemand im Staatssekretariat mehr einen Nerv dafür, wie das abgewickelt werden sollte.
Auch die Organisatoren des Rennsteiglaufs hatten andere Probleme, sie mussten den Rennsteiglauf 1990 teilweise unter besonders komplizierten Bedingungen organisieren. So blieb die Information erst mal liegen. Wie in einem früheren Infobrief schon mal angedeutet, war durch Vermittlung des Leipziger Stadtrats für Jugend und Sport, Rolf Becker, die Werbeagentur „macona“ aus Frankfurt am Main im Frühjahr 1990 gewonnen worden, kurzfristig Sponsoren für den Rennsteiglauf zu gewinnen. Ihnen gelang es innerhalb weniger Wochen einige Sach- und Geldsponsoren noch für 1990 zu überreden. Überreden muss man hier betonen, da alle größeren Firmen, die im Sportmarketing aktiv waren, spätestens Ende des Jahres 1989 ihre Etats verabschiedet hatten. Mehrere Briefe des Werbechefs z. B. an Sportartikelhersteller belegen dies. Als Beispiel unten der Brief von Nike. Foto: privat
Die persönliche Anwesenheit vom macona-Agenturchef Edwin Heckelsberger und vor allem seiner Frau Irmgard beim 1. Gesamtdeutschen Rennsteiglauf und am nächsten Tag beim Rennsteiglauf begeisterten sie so, dass sie unmittelbar nach dem Lauf schon Pläne für 1991 machten.
Das Thema UNESCO-Preis spielte dabei eine wichtige Rolle, da Heckelsbergers als Werbefachleute sofort erkannten, dass dieser Preis ein wichtiges Argument bei zukünftigen Verhandlungen mit Sponsoren spielen könnte. Gleichzeitung übernahm es der Werbeausschuss des Rennsteiglaufs mit „macona“ nach Finanzierungsquellen für eine Fahrt nach Kanada zu suchen. Anknüpfend an die Übernahme der Schirmherrschaft für den 1. Gesamtdeutschen-Rennsteiglauf durch den bayrischen Ministerpräsidenten wurde Mitte Juni Max Streibl mit der Bitte um finanzielle Unterstützung für die Entgegennahme des UNESCO-Preises angeschrieben, wozu es aber keine konkrete Antwort gab. Darauf wurden einschlägige Bundesbehörden, so Frau Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten u. a. um Hilfe gebeten. Auch dies war vergeblich, sicher auch deswegen, weil der Preis ja nicht von Instanzen der BRD eingereicht worden war, was wir als Organisatoren in der Wiedervereinigungseuphorie aber überhaupt nicht als ein Problem ansahen.
Heckelsbergers waren aber inzwischen fleißig tätig gewesen und hatten tatsächlich mehrere Unterstützer gefunden, so einen schwedischen Landkartenverlag, der für das Rennsteiggebiet eine Wanderkarte herausgeben wollte. In einer geheimen Abstimmung im Organisationsausschuss war beschlossen worden, dass von den etwa zehn wichtigsten Organisatoren zwei stellvertretend als Vertreter ausgewählt wurden: der Geschäftsführer Volker Kittel und der Präsident Dr. Hans-Georg Kremer.
Insgesamt standen über 5.000 DM für Flugtickets usw. zur Verfügung. Eine Hotelkette aus Frankfurt, die in Ottawa ein großes Hotel hatte, wollte die Übernachtung sichern. „Blauäugig“ oder besser unerfahren wie wir waren und mit spärlichen Englisch- und Französisch-Kenntnissen machten wir uns dann einige Tage vorher auf den Weg, um von Frankfurt/M. nach Ottawa zu fliegen.
Macona hatte uns mit 3.000 kanadischen Dollar in bar und der Adresse des Hotels versorgt. Im Hotel wusste allerdings Niemand Bescheid, und da wir auch über keine Kreditkarten verfügten, wollte man uns kein Zimmer geben. Am Ende reichten 1.000 Dollar Kaution, damit wir die knappe Woche, die wir bis zum Rückflug in Kanada bleiben wollten, um das Übernachtungsproblem zu klären.
Eine weitere Komplikation ergab sich dann bei der eigentlichen Auszeichnungsveranstaltung im Rahmen eines großen Festbanketts am Ende der UNESCO-Tagung. Wir saßen am Tisch der Deutschen Delegation, der von der Botschaft organisiert worden war. Ca. 30 Minuten vor der Überreichung, der Festakt hatte schon begonnen, wurden wir vom deutschen Botschafter informiert, dass wir den Preis nicht entgegen nehmen dürften, da auf der Urkunde als Herkunftsland „République Démocratique Allemande“ stehen wurde. Die DDR hätte ja am 3. Oktober aufgehört zu existieren, und wir wären jetzt Bürger der BRD. Selbstbewusst, wie so oft in der Geschichte des Rennsteiglaufs, standen wir beide nach Aufruf trotzdem sofort auf und gingen, allerdings ohne „offizielle“ Begleitung des Botschafters, nach vorn und nahmen den verdienten Preis entgegen.
Als Präsident des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins konnte ich es mir dann aber nicht verkneifen sofort ans Rednerpult zu gehen und eine kurze Dankesrede zu halten, in der ich auf die deutsche Wiedervereinigung hinwies und dass der Rennsteig ein Wanderweg sei, der die beiden Teile Deutschlands, die bis zum 3. Oktober existierten, miteinander verband.
Anschließend übergab ich dem kanadischen Sportminister, der die Auszeichnung vorgenommen hatte, das Souvenir des 1. Gesamtdeutschen Rennsteiglaufs, ein Stück Originalstacheldraht vom Grenzzaun am Rennsteig.
Beim anschließenden Pressefoto waren der Botschafter und alle übrigen anwesenden Botschaftsmitarbeiter dann wieder zur Stelle.
Bildmitte der Botschafter, links von ihm Volker Kittel, rechts Dr. Hans-Georg Kremer, die Übrigen sind weitere Botschaftsangehörige. – Foto: privat
Als Fußnote muss hier noch vermerkt werden, dass „macona“ noch Gelder für ein kleines Fernsehteam vom Studio Gera des Fernsehfunks akquirieren konnte, die den gesamten Auszeichnungsvorgang dokumentierten.
Wieder zu Hause, verfassten wir vom Vereinspräsidium einen Brief an alle mitorganisierenden Vereine, der es ihnen erlaubte, die Formulierung „Träger des UNESCO- Sportpreises 1990“ in ihren Vereinsdokumenten zu verwenden.
Dr. Hans-Georg Kremer
Ziegenhainer Str. 77
07749 Jena
Tel.: 03641-363094
WSV ProSeniores e.V.
Vorsitzender
Stiftungen Spitzberglauf/Rennsteiglauf
Bankverbindung Flessabank Jena DE90 7933 0111 0002 3303 65
und Seniorensport
Bankverbindung Flessabank Jena DE63 7933 0111 0002 3303 66
Treuhänderisch verwaltet durch die
Stiftung „Annedore – Lebenshilfe im Alter“ in Jena
RETTET UNSERE LÄUFE – SAVE THE EVENTS – Foto: Victah Sailer
„Rettet unsere Läufe“ – Wir brauchen jede Stimme, um den Laufsport zu retten. Helfen Sie bitte mit und beteiligen Sie sich an der Petition!
Hier geht es zur Petition:
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