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30
03
2020

Symbilbild - Foto: Horst Milde

Frankreichs Sportministerin plant eine Tour de France ohne Publikum – „Ein kleines Licht, das der Moral gut tut“ – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

BRÜSSEL/PARIS – Eigentlich sollte Roxana Maracineanu Frankreichs Kinder mit gezieltem Schwimmunterricht vor dem Ertrinken retten, jetzt will sie Frankreichs Aushängeschild Nummer eins, die Tour de France 2020, am Leben erhalten.

Als Rennen ohne Zuschauer am Straßenrand.

Dem französischen Radio-Sender France Bleu erklärte die französische Sportministerin Ministerin jetzt: „Das Wirtschaftsmodell der Tour de France basiert nicht auf dem Verkauf von Eintrittskarten, sondern auf TV-Rechten und Mediensendungen.

In dieser Zeit der Beschränkung ist sich jeder bewusst und verantwortlich. Jeder versteht die Vorteile, zu Hause zu bleiben und daher die Fernsehsendung einer Live-Show vorzuziehen. Schließlich wäre dies keine Bestrafung, weil wir ihm im Fernsehen alles verfolgen könnten.“

Für viele Menschen auf der Welt, ganz besonders in den USA und in Deutschland, gilt die Tour de France als das Synonym für Ausdauersport schlechthin. Nicht nur als Symbol des Radsports. Auch deshalb wurden in allen Jahren bis zu zwölf Millionen Menschen aus aller Welt an den Straßenrädern Frankreichs getroffen, wenn das Peloton der besten Rad-Profis der Welt durchs Land fuhr. Begeisterte aus Australien und Grönland, aus Chile und Kamerun. und, und, und. 

Und nun? Eine Frankreich-Rundfahrt ohne Publikum?

Stattfinden soll diese Tour vom 27. Juni bis zum 19. Juli 2020. Der Start soll in Nizza erfolgen, das Ziel befindet sich nach 21 Etappen über 3470 Kilometer auf den Champs Elysees in Paris. Veranstaltet wird auch diese Tour nicht vom französischen Staat, sondern von der weltumspannenden Amaury Sport Organization (ASO); dort will man sich bisher nicht zu den Plänen der Sportministerin äußern.

 Andererseits weiß Roxana Maracineanu freilich, dass die Tour von den Diensten des französischen Staates abhängig ist. Ohne dessen Hilfe kann sie überhaupt nicht stattfinden. Um das nur am Beispiel einer einzigen Zahl festzuhalten: Rund 29 000 Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute müssen während der dreiwöchigen Tour mobilisiert werden, um deren Sicherheit zu gewährleisten. Und, und, und . . .

Beide Parteien, der Staat und die ASO, müssten sich also einigen, sollte die Tour 2020 selbst in Zeiten der Corona-Pandemie stattfinden können. Der französische Teamchef Marc Madiot (Equipe FDJ), einer der wichtigsten Figuren im internationalen Radsport, sagt dazu: „Für die Ökonomie des Radsports und für das psychische Wohlbefinden der Franzosen wäre es gut, wenn das Land im Juli wieder zum normalen Leben zurückkehren könnte.“ 

Sicher, wobei aber die Pläne der Ministerin nicht überall gutgeheißen werden. „Was sie vorhat, ist unmöglich. Wie könnte man verhindern, dass sich Menschen auf den Straßen aufhalten? Wir können nicht alle fünf Meter einen Gendarm aufstellen, um diese Entscheidung durchzusetzen“, sagt Pascale Schwartz, die Bürgermeisterin von Saint-Martin-de-Re, dem Zielort der 10. Etappe, im belgischen Staatssender RTBF. Auch Eric Houlley, Bürgermeister von Lure, also dem Startort des Bergzeitfahrens hinauf zur Planche des Belles Filles, widerspricht: „Wir sind doch nicht dazu da, TV-Rechte zu retten. Ohne Zuschauer macht es keinen Sinn.“

Was also nun? „Eine Absage wäre eine totale Katastrophe“, sagt der Flame Patrick Lefevere, Chef des Teams Deceuninck-Quick Step, der erfolgreichsten Mannschaft in der Geschichte dieses Sports, und warnt in der angesehenen Brüsseler Zeitung „Het Nieuwsblad“: „Wenn es keine Tour de France gibt, kann das gesamte Radsport-Modell zusammenbrechen.“

Das wiederum will niemand. Nicht die frühere Schwimm-Weltmeisterin Roxana Maracineanu, noch Tour-Chef Christian Prudhomme. Und so wird es zwischen beiden eine Annäherung geben. Schließlich geht es darum, die Tour zu retten, vielleicht mit einer Verschiebung in den Herbst hinein. 

Bis zum 15. Mai will man der Öffentlichkeit mitteilen, was geschehen kann. Marc Madiot, der vom Prinzip Hoffnung spricht, kommentiert das alles so: „Es ist ein kleines Licht, das der Moral gut tut. Auch, wenn diese Hoffnung weit entfernt ist, so ist es genau das, was wir in diesem Moment brauchen.“

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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